Heirat auf ukrainisch

Heimgekommen am 29. April, überraschte mich meine Frau abends mit der Bemerkung: „Wir gehen morgen zur Hochzeit!“ Ich überschlug die Liste möglicher Kandidaten, kam aber zu keinem Ergebnis. Der Grund war einfach: die zusammen in ihrem Häuschen im Nachbardorf lebenden Valentina und Vitalij wollten sich wieder offiziell „zusammenschreiben“ lassen. 

Heirat auf ukrainisch

Es gibt viel Schönes zu entdecken in der Ukraine ...


Die beiden hatten sich vor langer Zeit scheiden lassen - aus einem übrigens sehr weltlichen Grund: Um beim geplanten Abriss eines Häuserviertels in einem anderen Dorf zwei Wohnungen zu bekommen.
Da Mutter zielbewusst den Sohn zu sich nahm und Vater die Tochter, standen laut Gesetz jedem eine Zweizimmerwohnung zu – wegen der andersgeschlechtlichen Kinder bei ihnen. 
Das war unter den hiesigen Wohnungsproblemen die gesuchte Ausnahme. Sie bekamen das Angestrebte, hatten später für die erwachsenen Kinder mit deren Familien sofort Wohnraum und zogen in das geerbte Haus im Dorf. 
Sie waren damals nicht die einzigen, welche mit diesem Trick ihre Wohnraumsituation drastisch verbesserten. Wir wissen allerdings von anderen „Tricksern“ auch, dass sich deren Wege anschließend wirklich trennten. 

Nun reiften bei unseren Beiden Entscheidungen zu möglichen Erbfolgen heran – als offiziell verheiratetes Paar erledigt man die finanziell günstiger. Also der unerwartete Entschluss. Meine Natascha hatte von dem Wind bekommen. So waren wir die Überraschungszeugen und Gäste der „Jungvermählten“.
Nachdem eine Schreibkraft die Ausweise mit den erforderlichen Vermerken und Stempeln versehen hatte, wurde in einem kleinen, recht geschmackvoll dekorierten Raum durch eine Standesbeamtin das juristische Zeremoniell vollzogen. Die offizielle Registrierung der Ehe, der gemeinsame – nie geänderte Familienname – und einige nette, passende Worte für den gemeinsamen Lebensweg.
Die Überraschung beim bescheidenen, für die unerwarteten Gäste improvisierten Festmahl war mein Ruf nach dem ersten auf die Eheleute ausgetrunkenen Wodka „Der ist aber bitter!“. Mit diesen Worten werden bei den lärmenden Hochzeiten junger Leute jene aufgefordert, einander zu küssen.
Meine diesmal verdutzte Frau begriff rascher als das Paar und sagte mit angewidertem Gesicht – obwohl sie als Chauffeur nur Saft trank: „Der ist ja auch bitter!“ Die beiden lachten und küssten einander. Und wenn sie nicht wieder neue Wohnungen brauchen, bleiben die zwei auch noch lange glücklich verheiratet...
Siegfried Newiger ist seiner grossen Liebe wegen von Berlin in die Ukraine gezogen. Wie anders dort das Leben oft ist, das erzählt uns Siegfried in seiner wöchentlichen "Geschichte aus der Ukraine". 

Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger

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