Hartz IV, und dann …

422004_web_R_B_by_Dr. Klaus-Uwe Gerhardt_pixelio.deSelten war eine Spezies so interessant wie die des Hartz-IV-Empfängers. Selten kann man über eines so viel sprechen aus so vielen Perspektiven. Aktuell sehr präsent die Meinung des DGBs in seiner Studie. Hier kommen die Hartz-IV-Empfänger gut weg. Man könnte fast meinen oder jedenfalls meinte ich das, dass ja wie so oft die anderen Schuld sind. Nicht ganz so überraschend, weil Studien wie diese ja dazu dienen sollen, Potenziale aufzudecken und Verbesserungen aufzuzeigen. Ein anderes Bild des Hartz-IVers bietet sich im Format des Hartz-IV-Fernsehens. Man weiß schon Bescheid, dass von, mit, für Hartz-IV-Empfänger. Obwohl ich mich persönlich gerne frage, wie viel so ein Sender einem zahlen muss, damit man nicht nur sein Gesicht, seine Privatsphäre, sondern auch seine Würde verkauft. Und muss das nicht überhaupt unter Einkünfte bei der ARGE angegeben werden?

Im Grunde kann ich als Hartz-IV-Empfänger zufrieden sein mit der wohlwollenden Einschätzung des DGBs. Aber muss man manchmal nicht mit Lücken im System leben? Ich finde das ist jetzt eine sehr gefährliche Formulierung von mir, denn da schwingt immer ein bisschen „egal“ und „daran kann man sowieso nichts mehr ändern“ mit. Was ich damit sagen will ist, manchmal können Hilfestellungen auch erschöpft werden. An jedem Anfang einer Problemlösung steht die Erkennung des Problems. Und da ist leider Vater Staat nur sekundär beteiligt. Der Löwenanteil muss hier von den Betroffenen selbst geleistet werden. Man kann ihn hierbei unterstützen und die Unterstützung steht schon zur Verfügung. Aber zwingen, egal nach wie vielen Studien, wird man ihn nicht können. Auf der anderen Seite wüsste ich spontan nicht bei welchem Problem wo hin zu gehen. Vielleicht wüsste ich das grob schon, natürlich wüsste ich es, auch andere wüssten es. Aber welche Hilfestellungen in welcher Form von der ARGE bereit gestellt werden, wüsste ich gar nicht. Da fehlt es mir, und bestimmt nicht nur mir, an einem Ansprechpartner, einen allein mit Namen, Gesicht, Telefonnummer und so. Nach all den Jahren entzieht es sich meinem Verständnis immer noch, warum der persönliche Sachbearbeiter einem anonymen Team weichen musste.

Was haben alle nur gegen den 1-Euro-Job? Meiner Rechnung nach ist ein 1-Euro-Job immer noch besser als gar kein Job. Und jetzt wo mein Arbeitsvertrag sich dem Ende zuneigt, fürchte ich am meisten, das pappsüße nichts zu tun haben. Ich kann das so wenig ausstehen, dass ich gar nicht mehr weiß, wie ich früher einmal es aushalten konnte. Was ich noch weiß, ist, dass ich mich beim Arbeitsamt nach so einer Maßnahme für mich erkundigt habe. In erster Linie soll es darum gehen, einen Langzeitarbeitslosen wieder einen geregelten Tagesablauf zu ermöglichen mit einer Aufgabe, denn das alleine stärkt das Selbstwertgefühl. Erst dann kommt die Perspektive. Ich weiß um die Kritik hierbei. Langzeitarbeitslose sollen keine minder bezahlten Stellen erlangen oder schlimmer noch mit ihrer 1-Euro-Tätigkeit sozialversicherungspflichtige Stellen gefährden. Natürlich, hier müssen Regelungen gesetzt werden, die einen Missbrauch verhindern. Und wenn man ehrlich ist, so günstig ist auch der ehemals 400€-Job für die Vollzeitstellen nicht.

Für mich persönlich überwiegt das Argument des Selbstwertgefühls und natürlich auch Achtung und Verachtung innerhalb unserer Gesellschaft. Es ist ein Teufelskreis, die Katze beißt sich in den Schwanz. Umso länger man arbeitslos ist, desto schwieriger fällt einem der Weg zurück und desto weniger überzeugend ist man für den potenziellen Arbeitsplatz, desto perspektivloser wird man, desto größer ist die Isolation, desto größer die Problemanfälligkeit und die Depressivität. Und am Ende lässt der Hartz-IV-Empfänger keinen Nutzen für die Gesellschaft erkennen, wird nur zur Belastung, die man in irgendeiner Form entmündigt verwalten muss. So dreht sich die Spirale weiter, aus der es immer schwerer für den Einzelnen wird, ihr zu entrinnen. Hier empfiehlt sich, wie so oft, Kommunikation und Dialog. Aber ob ein Hartz-IV-Empfänger nur als Opfer unserer Gesellschaft gesehen werden kann, halte ich für naiv. Denn die Idee mit den Sanktionen rührt ja daher, dass einige in diesem System systematisch auf die Suche nach ihren Vorzügen gegangen sind. Ein Artist erringt den größten Beifall, wenn er gar nicht mit dem Netz in Berührung kommt, es dient nur den Ausnahmen Und umso weniger ein Netz strapaziert wird, desto länger wird es halten. Man sollte sich auf dieses Netz verlassen können, aber nicht fallen lassen. Ein soziales Netz sollte einen halten, nicht festhalten.

(Foto: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt  / pixelio.de)


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