Hans op de Beeck: Out of the Ordinary, Kunstmuseum Wolfsburg, noch bis 4. Sept. 2017
Out of the Ordinary - jenseits des Gewöhnlichen, des Normalen, des Ordentlichen vielleicht auch. Der Titel ist treffend - nichts ist normal in dieser ersten umfassenden Retrospektive des belgischen Aktions- und Installationskünstlers (geb. 1969). Manchmal sind es nur kleine Veränderungen, fehlende Farben z.B. - aber sie machen uns aufmerksam auf das Gewöhnliche, sie schärfen unsere Wahrnehmung. Wo der Raum und alle Figuren grau in grau sind, ergänzen wir in unserem Inneren die Farben und können in eine farbenfreudige Stimmung kommen. Das Auge hat viel zu tun in den von ihm geschaffenen Räumen; was es nicht sieht, darf es frei ergänzen. Hans op de Beeck ist ein meisterhafter Geschichtenerzähler. Aber er erzählt mit uns zusammen, wir dürfen ergänzen und nehmen so nachträglich am künstlerischen Prozess teil.
Oft geht es um Perspektivwechsel - am deutlichsten bei "Table (1)" von 2006. Der Tisch nach einem Festmahl mit den abgegessenen Tellern wird aus der Perspektive eines Kindes gezeigt - die Teile, die das Kind von unten sieht, werden vergrößert dargestellt. Ganz anders ist die Perspektive in "The Collector's House", Das Haus des Sammlers, von 2016: ein großes Haus mit Blick in die Landschaft. "Die denkwürdige Kreuzung aus Pompeji und neureicher Oligarchen-Schatzkammer vereint Kunst und Leben gleichermaßen: Hier werden Gemälde und Bücher ebenso wie Menschen und Pfaue gesammelt."
Ich zeige hier pars pro toto zwei gegensätzliche Bilder - zwei Räume der (scheinbaren) Idylle (eine Dachkammer und eine Siedlung auf einer Insel):
Hans Op de Beeck
The Settlement (Die Siedlung)
2013
Rauminstallation (Holz und unterschiedliche Materialien)
13 x 10 x 4 m
© Hans Op de Beeck
Hans Op de Beeck
The Garret (Die Dachkammer)
2013
Rauminstallation (Holz, Glas, Farbe, Gips, Pigment, Epoxidharz, Stahl)
3,04 x 2,66 x 2,51 m
© Hans Op de Beeck
Zitate aus den Pressetexten: "Stets geht es um das Wechselspiel von assoziationsreicher Abstraktion und realistischer Detailfülle".
"Hans op de Beeck ist ein Erzähler von Geschichten zwischen den Zeilen, ohne Anfang und Ende, of verblüffend, meist melancholisch, immer eindringlich. Zugleich fragt er danach, was Räume in uns auslösen und führt uns in der atmosphärischen Verdichtung seiner Werke zu ebenso genauer wie intensiver Wahrnehmung. Er entrückt uns unserem Alltag und lässt uns verreisen in seine sehr eigene, hoch auratische Welt, deren Zeitlosigkeit uns - paradox genug - uns selbst und unsere eigenen Lebensumstände umso bewusster werden lässt."
(Ergänzungen nach Erscheinen des Katalogs vorgesehen)
Text, bis auf die Zitate: Dr. Helge Mücke, Hannover; Bildquellen wie unter den Bildern angegeben.