Paula Modersohn-Becker im Bucerius Kunst Forum Hamburg - nur noch bis 1. Mai 2017

Paula Modersohn-Becker im Bucerius Kunst Forum Hamburg - nur noch bis 1. Mai 2017

Immer wieder einmal werde ich gefragt, "ob sich denn diese (oder jene) Ausstellung lohnt", ob sie so sehenswert ist, dass sie schnell noch besucht werden sollte. Ich kann nur sagen, diese lohnt sich! Selber habe ich schon einige Ausstellungen mit ihren Bildern gesehen - das Hannoversche Landesmuseum hat auch ein paar -, doch gelingt es dem Bucerius Kunst Forum (das bekanntlich keine eigene Sammlung hat) immer noch, überraschende neue Einblicke zu schaffen. Es wird damit einmal mehr seinem eigenen Anspruch gerecht, wie ihn der Vorstandsvorsitzende der ZEIT-Stiftung Michael Göring einleitend im Katalog formuliert: "Mit der Ausstellung Paula Modersohn-Becker. Der Weg in die Moderne erweitert das Bucerius Kunst Forum seine Reihe bedeutender Ausstellungen, die den Versuch unternehmen, gerade die vermeintlich bekannten Künstlerinnen und Künstler der Klassischen Moderne neu zu entdecken und aus einer unbekannten Perspektive zu betrachten." Und noch ein Zitat, von Uwe M. Schneede, dem früheren Direktor der Hamburger Kunsthalle: "Paula Modersohn-Becker ist als eine singuläre Erscheinung anzusehen: Wegbereiterin der Moderne in Deutschland unmittelbar vor dem Auftritt der Avantgarden. Niemand verfügte zu dieser Zeit hierorts über eine ähnliche, auf experimentellem Weg entwickelte, eigensinnige Bildsprache zur Erfindung magisch wirkender Bilder."

Zwei Selbstbildnisse aus der Ausstellung können ohne viele Worte ihren Weg in die Moderne veranschaulichen (wie überhaupt die Selbstbildnisse bei ihr eine große Bedeutung haben):

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Das eine stammt von 1897, das zweite von 1906 - welch weiter Weg dazwischen! Beide wirken maskenhaft, das zweite so extrem, dass es schon an eine Totenmaske erinnert. Bekanntlich hat Paula Modersohn-Becker ihren frühen Tod vorausgeahnt, so wird es jedenfalls gedeutet; schon 1900 notiert sie: "Ich weiß, ich werde nicht sehr lange leben. Aber ist das denn traurig? Ist ein Fest schöner, weil es länger ist? Und mein Leben ist ein Fest, ein kurzes, intensives Fest ..."
Das frühe Bild ist noch sehr individuell, das zweite stark überpersönlich. Der Prozess der Ent-Individualisierung lässt sich auch an vielen anderen Bildern beobachten, in der Ausstellung wird es hervorgehoben. Aber was tritt an die Stelle des individuellen Ausdrucks? Meine Antwort: Je überpersönlicher die Bilder sind, umso mehr leuchtet eine tiefergehende Geistigkeit durch. Das zeigt sich im Blick der beiden hier hervorgehobenen Beispiele.
Beide Bilder sind auch Beispiele dafür, wie lohnenswert es sein kann, in einer Ausstellung wie dieser die Originale zu betrachten: Die Art des Farbauftrags hat sich in dem späten Bild verändert.

Die Ausstellung ist, wie gewohnt im Bucerius Kunst Forum, trotz des räumlichen Grundproblems, gut gegliedert. Einige Grundgedanken aus den Wandtexten will ich hier noch abschließend wiedergeben (keine vollständige Aufzählung der Abteilungen): Landschaften: Ihre Birkenbilder sind radikal im Gegensatz zu der gefühlsbetonten Landschaftsmalerei ausgeführt (Nahsicht, Hochformat u.a.).
Worpswede: "Das Individuelle ist aus den Figuren verschwunden ... Die Künstlerin erkundete das Vertraute als etwas Fremdes, um zum Wesentlichen vorzudringen".
Kinder: Das Seelenleben, das Individuelle interessiert die Malerin nicht. "Die Figuren sind auf das Wesentliche reduziert, nah herangerückt".
Bildnisse: Es sind vereinfachte, abstrahierte Darstellungen. "Der Blick entzieht sich dem Betrachter meistens, die Porträtierten sind ganz bei sich".
Selbstbildnisse: "Allen Selbstbildnissen gemein ist die auffallend ruhige, selbstvergewissernde Darstellungsweise." Das Autobiografische lässt sie immer mehr zurücktreten zu Gunsten einer Darstellung des Überindividuellen.

Ich empfehle, die Ausstellung rasch noch zu besuchen!

Text: Dr. Helge Mücke, Hannover; die Bilder von oben nach unten: Paula Modersohn-Becker (1876-1907): Selbstbildnis, frontal, 1897, Paula-Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen; Paula Modersohn-Becker (1876-1907): Selbstbildnis nach halbrechts, die Hand am Kinn, 1906, Privatbesitz.

Und noch ein Literaturhinweis: Aus Anlass des 100. Todestages hatte es in Bremen und Hannover mehrere Ausstellungen gegeben und außerdem eine Reihe von Buchveröffentlichungen - Besprechungen dazu (von mir verfasst) lassen sich in der Zeitschrift "Die Drei" 12/2007 nachlesen.  S. http://diedrei.org/hefte-anzeigen/inhalt/heft-12-2007.html

Paula Modersohn-Becker Bucerius Kunst Forum Hamburg noch 2017

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