Schüler haben es heutzutage wahrlich nicht leicht und G8 ist nur eines von vielen Problemen: zumindest im fiktiven Schiller-Gymnasium auf der Schwäbischen Alb kämpfen die Lütten mit sadistischen Mathelehrern, todlangweiligem Frontalunterricht und Terminstress.
Fatalerweise gehts bei der Lehrerfortbildung nicht viel besser zu: hier hocken frustrierte Bürokraten die gelernt haben, Dienst nach Vorschrift abzuspulen, die Verantwortung anderen zuzuschieben und lieber auf anachronistischen Pfaden wandeln statt sich wie Kollegin Christine mal trauen, verkrustete Strukturen aufzubrechen. Exkursionen oder Gruppenarbeit wären beispielsweise gute Anfänge.
Deutschlehrer und selbst ernannter Hölderlinexperte Dieter Beckstein vertreibt sich die Zeit seiner “Fortbildung” denn auch lieber mit Flirten und wärmt ganz nebenbei eine alte Affäre auf. So steigt der Leser in die “Hälfte des Lebens” ein.
Nach Büchern für die ganz Kleinen, Geschichtsbüchern und zahlreichen Romanen legt Autor Manfred Mai jetzt seinen ersten Krimi vor.
Die handliche Story zeichnet vor allem ein erschütterndes Sittengemälde: sinnloser Gymnasialbetrieb geht Hand in Hand mit der zerrütteten Ehe des Protagonisten und auch die Dame des Hauses halt die Fassade eigentlich nur der beiden Kinder wegen aufrecht. “Als sie im Schrank eines Patienten eine Schusswaffe findet, fasst sie einen fatalen Entschluss…” verspricht der Klappentext und tatsächlich verstärkt Manfred Mai etwa ab der Hälfte des Plots Hinweise auf mögliche Tatmotive, welche bis dahin eher unauffällig unter gesellschaftlichen Konventionen schlummerten.
Mehr als überraschende 140 Seiten braucht Manfred Mai nicht, um eine dichte, dramaturgisch ausbalancierte Kriminalgeschichte unterzubringen.
Bereits der Titel ist nichts für Feiglinge und auch nachdem der Fall gelöst ist, bleibt eine beklemmende Frage offen: wie gestaltet man das restliche Leben abwechslungsreich, begeisternd und erfüllend und wird dadurch die Gesellschaft ein kleines bisschen besser?!
Manfred Mai “Hälfte des Lebens”, 144 Seiten, kartoniert, 9 Euro 90, Silberburg-Verlag