Erst sah alles so aus, als handele es sich um den einen oder anderen Fauxpas. Aber das war es nicht. Manchmal dauert es lange, eine Agenda hinter einzelnen Maßnahmen zu erkennen. Und manchmal ist es sogar so, dass eine rekonstruierte Agenda vielleicht von denen, die sie verfolgen, von Anfang an gar nicht zu Ende gedacht war. Sie machten den ersten Schritt und schienen aus ihrer Sicht damit Erfolg zu haben. Zm Teil, weil sie das erreichten, was sie wollten. Zum Teil, weil sich nirgendwo eine Stimme erhob, die so mächtig gewesen wäre, dass sie sich besonnen hätten. Eine solche Situation setzt sich fort. Es folgt der zweite und der dritte Schritt und irgendwann gibt es kein Zurück mehr. Dann ist es zu spät für die, die glaubten, auf dem richtigen Weg zu sein.
Europa – nicht nur der Euro im Zangengriff – Foto: © I-vista / pixelio.de
So traurig es ist, die gegenwärtige Lage um Europa deutet darauf hin, dass alles so einen Anfang nahm.
Und nun, nachdem es keine Rückkehr mehr gibt, steht das viel zitierte europäische Haus vor einer großen Krise, die auf keinen Fall mehr mit den jetzigen Protagonisten gelöst werden kann. Sie, die irreversible Schritte gemacht haben und sich immer als die guten Europäer glaubten, sie sind nun die Gefahr, die Europa zu zersprengen droht.
Angefangen hatte es mit dem Glauben, Staaten könnten sich finanziell in eine lukrative Lage bringen, wenn sie sich am spekulativen Geschäft beteiligten. Über Banken, die im Besitz der öffentlichen Hand befanden, wurde gezockt, was das Zeug hielt. Als sie Blasen produzierten, die platzten, wurden sie von den vermeintlich guten Europäern als systemrelevant erklärt und mit Steuermitteln gerettet. Die Zeche bezahlten die Länder, in denen die Blasen produziert wurden und von den Völkern, deren Steuern den Abenteurern zurück in die Taschen flossen.
Dann nutzen sie instabile politische Verhältnisse, um Länder auf ihre Seite zu ziehen. Sie lockten wiederum mit Geld, um dann militärpolitische Verpflichtungen zu erhalten, die mit dem Gedanken Europas nicht vereinbar waren. Sie halfen dabei, die Länder zu zerreissen, bevor sie sich gefunden hatten. Nun stehen die guten Europäer vor heißen militärischen Konflikten und beschimpfen alle, die davor warnen, als schlechte Europäer. Länder, die sich vermittels freier Wahlen aus dem Zangengriff der Schuldeneintreiber zugunsten der Spekulation entreißen wollen, werden nun von den guten Europäern bedroht. Nicht nur, dass sie den desaströsen Kuren von IMF und EU folgen sollen, sondern auch, dass sie die Ausweitung eines militärischen Bündnisses wie der NATO das Wort reden sollen. Das ist nicht frei, das ist nicht demokratisch, das ist nicht Europa.
Die vermeintlich guten Europäer sitzen in Brüssel und Berlin. Ein Notenbankchef, der dem früheren griechischen Premier, einem alten Schulfreund aus Tagen der London School of Economics, Tipps gab, wie er an frisches Geld kam, bläst jetzt eine ganze Billion in die Sphäre, um welche Märkte zu retten? Ein Parlamentspräsident, der keinen Bock hat, sich mit einer demokratisch gewählten Regierung auseinanderzusetzen. Ein Finanzminister, der nach eigenen Aussagen auf Sicht fährt, eine Kanzlerin mit der Sparbüchse, die keine Alternativen wahrhaben will, ein Präsident, der vor eigenen Soldaten auf fremdem Territorium Nachbarn bedroht, ein EU-Kommissar, der in seiner eigenen Heimat das “blonde Fallbeil” genannt wird und in Brüssel die Bürokratie bekämpfen soll, die es seit seiner Inthronisierung schlimmer denn je treibt? Das ist nicht Europa! das sind die schlechten Europäer. Es handelt sich um ein Ensemble, das mittlerweile systematisch den europäischen Gedanken jeden Tag diskreditiert.
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