Gamora (Zoë Saldaña), Peter Quill / Star Lord (Chris Pratt), Rocket Racoon (Bradley Cooper), Drax (Dave Bautista) und Groot (Vin Diesel) sind die Guardians of the Galaxy (v.l.n.r.)
Bei den Filmen aus dem Hause Marvel weiß man inzwischen gar nicht mehr so wirklich, woran man da eigentlich geraten ist. Damit soll nicht gemeint sein, dass das Studio beständig unterschiedlichste Genre bedient, obwohl sich deren Filme allesamt in demselben Universum abspielen. Viel mehr muss die Urteilskraft angezweifelt werden. Geht man nicht schon mit überschwänglichen Erwartungen in einen Marvel-Film, weil uns das Studio eigentlich noch nie so richtig enttäuscht hat? Bei Marvel scheinen sich Kinogänger und Filmkritiker gleichermaßen in die kleinen Kinder zu verwandeln, die Michael Bay so gerne mit seinen Filmen gewinnen würde. Nun schickt Marvel ihre Guardians of the Galaxy in den Ring, diese Helden, die vorher niemand kannte und deren Comics niemand gelesen hat.
Diese Heldengruppe abseits der Avengers und in weiter Ferne des Planeten Erde setzt sich aus einem sich selbst überschätzenden Menschen, einem Waschbären, einer gigantischen Baum-Kreatur mit beschränkten Vokabular, einem Muskelprotz mit wenig Sinn für Metaphern und der Zwangs-Adoptivtochter von Thanos zusammen, jenem galaktischen Obermotz, der sich schon in der Nach-dem-Abspann-Sequenz der Avengers als Strippenzieher der von Loki angeführten Erdübernahme herausstellte. Hier aber hat er ganz andere Ambitionen. Ihm geht es um einen kosmischen Stein (einer von sechs Infinity-Steinen), der unermesslich-zerstörerische Kräfte birgt. In Thanos’ Namen stürzt sich Ronan der Accuser (der Ankläger) mit Hilfe von Nebula, Zwangs-Adoptivtochter Nummer 2 für Thanos, auf die Guardians, die eigentlich viel weniger die Galaxie im Sinne haben als jeder nur sich selbst. Sie haben den Stein in ihre Obhut gebracht und wollen ihn für einen größtmöglichen Ertrag auch wieder loswerden.
Ronan der Accuser (Lee Pace, vorne) und Thanos’ Adoptivtochter Nebula (Karen Gillan, hinten)
Einen solchen Ertrag soll natürlich auch diese neueste Produktion der Marvel Studios hervor bringen und es wird ein Leichtes sein dieses Ziel zu erreichen. Während es Filme gibt denen man einen solchen Marktwert ansieht, da sie ausschließlich zu diesem Zwecke gedreht worden sind, hält Guardians of the Galaxy einiges mehr bereit als nur den bloßen Wert einer Kinokarte. Regisseur James Gunn gelingt es seinem Film Seele einzuverleiben. Die Liebe ist zu spüren, die er seinen Figuren entgegen bringt. Gunn beweist Interesse an seinem Drehbuch und an den Zuschauern zugleich, ihnen ein größtmögliches Erlebnis zu bescheren. Das gelingt ihm durch eine geschickt-unterhaltsame Kombination von Space Opera, auf die man schon seit der Original Krieg der Sterne-Trilogie nur warten konnte, und 80er Jahre Referenzen en masse.
Gunn bringt Alt und Neu zueinander, vermittelt uns hierdurch ein menschliches Bild in Welten, die vor Fremdheit nur so strahlen. Gunn zeigt nicht nur, dass er Handlung und Figuren ganz und gar unter seiner Kontrolle hat, sondern bebildert auch noch die unzähligen Alien-Planeten mit raffinierten Kreationen. Man wird unweigerlich immer wieder dazu animiert, diese Planeten, ihre Städte und Vegetationen mit Star Wars zu vergleichen und muss sich ebenso überrascht eingestehen, dass Gunn hier den visuellen Ideen eines George Lucas die Schau gestohlen hat.
Ohne den Awesome Mix Volume 1 wäre der Film nur halb so schön
Und auch auf der Sound-Ebene macht der Film alles richtig. Mehr noch. Er macht die Musik zu einer ganz neuen Erfahrungsebene, wie sie nur selten in Filmen genutzt wird. Jedes Musikstück bekommt durch eine bestimmte Handlungssequenz ihren eigenen Charakter, zusammengefasst auf Star Lords Awesome Mix Volume 1. Wenn dieser nun durch Ruinen tänzelt oder er mit Gamorra liebäugelt, während die Musik geschickt so geschnitten wurde, dass je nach weiblicher und männlicher Gesangsstimme mal Gamora, dann wieder Star-Lord im Bild zu sehen ist, als würden sie sich via Musik unterhalten, dann zeugt das von absoluter Liebe zum Detail, wie man sie zumindest im Blockbusterkino kaum mehr erwartet hätte.
Marvel hat es geschafft aus absoluten Nobodys (welche sie auch im Film zu Beginn sind, womit man amüsant selbstreferenziell arbeitet) die Guardians of the Galaxy hervorsprießen zu lassen. Und so haben sich nun abseits der Avengers ganz neue Helden formiert, die auch zukünftig für die Space Operas mit all ihren bunten Planeten, noch farbenfroheren Bewohnern und gewagten Raumschlachten zu haben sein werden. Damit verdient nun Marvel tatsächlich die Bezeichnung des Cinematic Universe – oder wie es eine andere Figur aus einem von Disney einverleibten Filmstudio sagen würde: Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter.
Guardians of the Galaxy
121 Minuten, freigegeben ab 12 Jahren, Kinostart: 28. August 2014
im Netz: Offizielle Homepage zum Film
alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany GmbH