Die Ausübung des Wahlrechts zur Einkommensteuerveranlagung stellt auch im Insolvenzfall nicht zwangsläufig einen Gestaltungsmissbrauch dar. Dies hat der 6. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden. Die Richter begründeten ihr Urteil (Az.: 6 K 3016/10 E) damit, dass das Wahlrecht von Ehegatten auf Zusammenveranlagung oder getrennte Veranlagung unbefristet und ohne Bindung an die gewählte Lohnsteuerklasse ausgeübt werden kann.
Wird erstmals eine getrennte Veranlagung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten gewählt, obwohl die Lohnversteuerung 20 Jahre lang anhand der Lohnsteuerklassenkombination III/V erfolgte, ist jedenfalls dann nicht von einem Missbrauch dieser Gestaltungsfreiheit auszugehen, wenn zum Zeitpunkt der Wahl der Lohnsteuerklassen die Insolvenz des Ehegatten noch nicht absehbar war. Das Recht von Eheleuten, die getrennte Veranlagung zu wählen, sei gesetzlich nicht beschränkt, so das Gericht. Bei der Wahl der Lohnsteuerklassenkombination III und V könne man zwar von einer Zusammenveranlagung ausgehen, eine getrennte Veranlagung sei aber nicht auszuschließen – und nicht ausgeschlossen.
Ein Gestaltungsmissbrauch könne nur dann angenommen werden, wenn Wahlrechte aufgrund eines Gesamtplans mehrfach in sich widersprechender Weise ausgeübt würden. Ein solches Vorgehen könne jedoch im verhandelten Fall nicht festgestellt werden. Vielmehr stelle die Trennung der Vermögensverhältnisse der Ehefrau von denjenigen ihres insolventen Ehemannes einen außersteuerlichen Grund für die Wahl der getrennten Veranlagung dar.