Formel 1: Vor 5 Jahren – Rückblick auf den Saisonstart von 2009

F1 Grand Prix of Australia - Race

Zur Einstimmung auf den Großen Preis von Australien werfen wir einen Blick zurück auf den Saisonstart im Jahr 2009.

Vor fünf Jahren stand die letzte größere Regelrevolution in der Formel 1 an. Die seit 1998 verboten gewesenen profillosen Pneus, die Slicks, kehrten wieder in Königsklasse zurück, das kinetische Energierückgewinnungssystem (KERS) fand sein Debüt und die Boliden sahen im Vergleich zum Vorjahr auch anders aus: Der Heckflügel wurde höher und schmaler, der Frontflügel dagegen breiter. Grund für die zahlreichen Änderungen war generell das Überholen zu erleichtern.

Eine weitere Reglement-Änderung im Bereich des Unterbodens nutzten drei Teams besonders aus: Honda-Nachfolger Brawn GP, Toyota und Williams verwendeten den sogenannten „Doppel-Diffusor“, was die drei Rennställe erheblich nach vorne warf.

Umso wichtiger war es für Ross Brawn zuvor gewesen, dass von Honda zum Verkauf angebotene Formel 1-Team zu übernehmen, da der Brite im Vorjahr bereits an der Entwicklung des Autos beteiligt war und wusste, dass ihm ein großer Wurf gelungen gewesen ist.

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Bild: Red Bull Racing

Dennoch stand lange in den Sternen ob das Team von Brawn überhaupt in Melbourne sein würde. Nach einem vielversprechenden Test, der Einigung mit dem neuen Motorenpartner Mercedes und einem vorhandenen Budget stand dem Start in Australien von Jenson Button und Rubens Barrichello nichts mehr im Wege. Die erste Sensation gelang bereits im Qualifying mit der ersten Startreihe.

Hinter den beiden „Weißen“ folgte auf Startplatz 3 Sebastian Vettel, der sein erstes Rennen für Red Bull Racing bestritt, nachdem er zuvor für Schwesterteam Toro Rosso im Einsatz war und gerade seinen ersten GP-Sieg in der Tasche hatte. Interessanterweise verwendete Red Bull keinen Doppeldiffusor, was die Entwicklung von Adrian Newey umso erstaunlicher machte. Der Brite verzichtete auf diese Innovation, der er sie für illegal hielt.

Die dominierenden Teams der Vorjahre, McLaren und Ferrari, konnten mit der neuen Konkurrenz nicht mithalten, wobei es die Roten zumindest in die Top Ten schafften. Rot und Silber waren neben Renault und dem BMW von Nick Heidfeld auch die Einzigen, die auf das neue Energierückgewinnungssystem setzten.

Toyota, die 2009 auch Diffusor-begünstigt, mit bei der Musik waren, wurden nach der Qualifikation wegen nicht regelkonformer Heckflügel ans Ende des Feldes verbannt, wobei sowohl Jarno Trulli als auch Timo Glock das Rennen aus der Boxengasse in Angriff nahmen.

Das Rennen

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Bild: Red Bull Racing

Gleich am Start ging es wie in Melbourne üblich turbolent los: Rubens Barrichello kam von seinem zweiten Startplatz schlecht weg und verlor einige Plätze. Der Brasilianer wurde daraufhin in der ersten Kurve von Mark Webber eingeklemmt und schob diesen gegen den KERS-betriebenen BMW von Nick Heidfeld. Während ‚Rubinho‘ problemlos weiterfahren konnte, drehten sich die anderen beiden. Als Folge des Drehers von Webber wurden auch die nachfolgenden Fahrzeuge von Kovalainen und Sutil beschädigt.

Während bei Sutil und Webber sich das Thema mit einem Wechsel des Frontflügels erledigte, schlich Nick Heidfeld mit einem Reifenschaden an die Box. Kovalainen musste mit seiner gebrochenen Radaufhängung sogar ganz die Segel streichen.

Im weiteren Verlauf konnte sich Button von Vettel absetzen und von hinten begannen Lewis Hamilton und beide Toyota-Piloten ihre Flucht nach vorne. Auch der zurückgefallene Barrichello kam auch wieder Schritt für Schritt vorwärts.

Ein Abflug von Rosbergs Teamkollegen Kazuki Nakajima brachte in Runde 17 dann die erste Safety Car-Phase herbei. Beim Restart warf dann Nelson Piquet jr. seinen Renault gleich in der ersten Kurve ins Kiesbett. Rosberg musste dann im letzten Rennabschnitt durch abbauende Reifen immer mehr Plätze einbüßen. Dem Williams-Piloten war er nicht möglich sich gegen Barrichello, Trulli, Hamilton, Glock und Alonso zu wehren.

Die zu dieser Zeit amtierenden Konstrukteurs-Weltmeister Ferrari konnten mit ihren Piloten Raikkönen und Massa zeitweise im vorderen Mittelfeld mithalten, mussten allerdings beide wegen technischer Probleme aufgeben.

Vettel: „I’m an idiot“

Gegen Rennende kam Robert Kubica im BMW-Sauber ohne KERS dann mit besseren Reifen Schritt für Schritt näher an Sebastian Vettel heran, der seinen zweiten Platz allerdings nicht kampflos hergeben wollte. Drei Runden vor Schluss wurden beim Herausbeschleunigen aus Kurve 2 die Reifenprobleme von Vettel deutlich. Der Pole setzte sich zur Anfahrt auf die dritte Kurve außen daneben und bremste etwas später wodurch er leicht vorne war.

Vettel gab nicht nach und traf den BMW-Piloten unglücklicherweise am Hinterrad, weshalb sich dieser drehte und wiederum in den Deutschen hineinrauschte. Beide beschädigten sich bei dieser Aktion den Frontflügel, fuhren jedoch weiter als ob nichts gewesen wäre. Die Folge: Beide Piloten verloren zwei Kurven später unabhängig voneinander die Kontrolle über ihr Auto und krachten in die Barriere. Kubica verlor ein Rad und musste das Auto abstellen. Vettels linkes Vorderrad hingegen blieb noch leicht hängen, weshalb der Deutsche erstmal weiterfuhr.

Natürlich wurde deswegen prompt die nächste Safety Car-Phase hervorgerufen. Über Teamradio entschuldigte sich Vettel beim Team:

„I’m an idiot. I’m sorry. I’m very, very, very sorry.“

Trotz Beschädigung fuhr der Red Bull-Pilot nicht direkt an die Box, sondern versuchte noch ein paar Punkte mitzunehmen. Letzten Endes blieb er aber doch liegen. Dennoch wurde das Team aber für das nicht direkte Hereinkommen mit einer Geldstrafe belangt. Vettel bekam die Nachwirkungen auch noch in Malaysia zu spüren: Er wurde für das nächste Rennen um zehn Plätze strafversetzt.

Den zweiten Platz erbte Rubens Barrichello, der damit den Brawn-GP-Doppelsieg perfekt machte. Dritter wurde Jarno Trulli vor Lewis Hamilton.

„Liegate“

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Bild: Lotus F1Team Limited

Das Thema um genau diesen dritten Platz sollte noch nach Tagen für Diskussionen sorgen, denn der Italiener verlor nach dem Rennen seinen dritten Rang wieder an Lewis Hamilton, da der Toyota für ein Überholen während der Safety Car-Phase mit einer Zeitstrafe belegt wurde.

Vier Tage später beim Großen Preis von Malaysia wurden beide Beteiligten erneut zu den Rennkommissaren zitiert. Diesmal lag auch der Funkverkehr von Toyota und McLaren vor. Die Folge: Lewis Hamilton wurde vom Rennergebnis vom GP von Australien ausgeschlossen und Jarno Trulli bekam seinen dritten Rang zurück.

Was war passiert? Zu Beginn der Safety Car-Phase, die durch die Kollision von Vettel und Kubica ausgelöst wurde, verpasste Trulli die vorletzte Kurve, rutschte ins Gras und Hamilton ging vorbei.

Da der Brite unsicher war, ob er in dieser Situation vor dem Toyota bleiben durfte, fragte er beim Team nach. Hamilton wurde daraufhin befohlen, Trulli wieder vorbeizulassen, was dieser auch prompt erledigte.

Der Italiener, der sich nun wieder auf Position 3 befand, ging dann wieder vom Gas, um Hamilton wieder vorbeizulassen, was dieser aber nicht tat. Somit war Trulli sicher, dass er seinen dritten Platz behalten könnte.

Nun wurde Hamilton aufgefordert, Trulli doch nicht vorbeizulassen, da das Thema zunächst mit Charlie Whiting geklärt werden müsste. Der Platztausch hat aber bereits stattgefunden. Hamilton wurde daraufhin instruiert den vierten Platz zu halten.

Diese gesamte Diskussion wurde den Rennkommissaren vorenthalten. Der McLaren-Pilot wurde vom Teammanager Dave Ryan angewiesen, über dieses Thema kein Wort zu verlieren, damit dieser Platz 3 behalten könnte. Der Teammanager wurde daraufhin mit sofortiger Wirkung entlassen und McLaren erhielt eine Sperre von drei Rennen, die aber nur in Kraft getreten wäre, falls sich das Team innerhalb eines Jahres nochmal etwas zu schulden kommen gelassen hätte.

Kurzum: Hätte Hamilton einfach Trullis Fehler ausgenutzt und wäre vor ihm geblieben, hätte niemand was gesagt und der dritte Platz wäre fair nach Hause gefahren worden. So stand Hamilton am Pranger und musste sich für das “Liegate” rechtfertigen.

Damit begann die 2009er Saison gleich handlungsreich – sowohl neben als auch auf der Strecke.


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