Die Testfahrten sind vorbei und nun geht es ab nach Melbourne. Doch bevor es richtig ernst wird, blicken wir noch mal auf die Testfahrten zurück und versuchen das Kräfteverhältnis ein wenig einzuschätzen.
Gestern wurden also die letzten Runden vor dem Beginn der neuen Saison absolviert. Die Testtage waren insgesamt viel zu wenig, das sagen alle Teams. Doch die einen haben weniger Probleme, die anderen mehr. Besonders die Renault Teams stehen nicht gut da. Schaut man sich die Kilometer an die alle drei Hersteller absolviert haben, wird dies deutlich. Die Mercedes befeuerten Teams haben mehr als doppelt so viele Kilometer abgespult als die Renault Teams, selbst Ferrari hat mit einem Team weniger mehr Kilometer absolviert.
Doch es gab bei den Testfahrten durchaus den einen oder anderen Lichtblick bei Renault, mal abgesehen von Red Bull Racing. Besonders positiv stich Caterham hervor. Das Team konnte insgesamt 3313 Kilometer absolvieren und war damit fleißigstes Renault Team. Aber auch bei Toro Rosso ging es langsam aber sicher vorwärts. In der letzten Testwoche in Bahrain schaffte das Red Bull Junior Team immerhin 1468 Kilometer. Richtig schlecht sieht es dagegen bei Red Bull Racing und Lotus aus. Selbst an den letzten vier Tagen ging nicht wirklich was nach vorne. Der RB10 stand wieder mehr als er fuhr, einen Tag verlor man sogar komplett. Das Weltmeisterteam schaffte es nicht mal eine Rennsimulation zu fahren. Man kämpft nach wie vor mit großen Überhitzungsprobleme, was am sehr schlanken Heck des RB10 liegt und auch an der Art und Weise, wie Red Bull die einzelnen Komponenten verbaut hat. Renault soll damit nicht sonderlich zufrieden sein. Dennoch versuchte man alles um die Probleme irgendwie in den Griff zu bekommen. Täglich trafen neue Teile am Bahrain International Circuit ein, doch nach vorne ging es nicht wirklich. Immerhin und das kann Red Bull Racing Mut machen, konnte Ricciardo mal eine 1:35.743 fahren, also eine ganz passable Runde. Und auch der etwas längere Run sah ordentlich aus. Interessanterweise kämpft aber auch Lotus mit Überhitzungsprobleme und das, obwohl sie deutlich größere Seitenkästen haben. Die Zeiten von Lotus waren bescheiden, genauso wie die Testleistung insgesamt. Mit 1288 Kilometern, befindet man sich am Ende der Tabelle wieder.
Aber nicht nur mit der Standfestigkeit haben die Renault Teams zu kämpfen, sondern auch mit fehlender Leistung. Man spricht von 75 PS, die dem neuen Renault V6 Motor im Vergleich zum Mercedes Aggregat fehlen. Und genau das könnte noch zu einem großen Problem werden. Schließlich sind die Motoren mittlerweile alle von der FIA homologiert. Renault hatte versucht die Homologation um 2 – 3 Monate zu verschieben, um an den Problemen und natürlich auch dem Leistungsdefizit zu arbeiten, was Ferrari und Mercedes aber verständlicherweise ablehnten. Nun klebt das FIA Siegel auf den Motoren und man darf den Motor nur noch unter ganz bestimmten Voraussetzungen verändern und auch nur dann, wenn die FIA sowie Ferrari und Mercedes zustimmen.
Topfavorit nach den Testfahrten ist zweifelsohne Mercedes. Von Anfang an konnte man mit Standfestigkeit und Speed beeindrucken. Man hat nicht nur das schönste Auto, sondern auch das vermeintlich schnellste und zuverlässigste. Mit 4967 Kilometer konnte man die meisten Kilometer aller Teams abspulen. Zudem soll der Mercedes Motor der Leistungsstärkste sein. Das stellt insbesondere Ferrari vor ein Rätsel. Die Italiener fragen sich nämlich, wie es Mercedes hinbekomm, diese hohen PS Werte abzurufen, ohne dass der Spritverbrauch darunter leidet. Denn man darf nicht vergessen, dass in diesem Jahr jeder mit nur 100kg Sprit auskommen muss.
Die größte Überraschung bei den Testfahrten war das Williams F1 Team. Der Rennstall geht ab diesem Jahr auch mit Mercedes Motoren an den Start und scheint endlich auch mal wieder einen guten Wagen zu haben. Felipe Massa fuhr die absolut schnellste Zeit bei den Testfahrten in Bahrain, allerdings auf Supersoft. Doch wie gut ist Williams wirklich? Eine Frage, die man derzeit nur schwer beantworten kann. Williams jetzt automatisch zum WM-Favoriten zu machen ist falsch, aber man kann wohl definitiv sagen, dass das Team eine sehr gute Basis hat und man in diesem Jahr sicher für die eine oder andere Überraschung sorgen kann. Eines kann man aber auch noch sagen: Finanziell ist der Rennstall in diesem Jahr so gut aufgestellt wie schon lange nicht mehr. Zudem hat man mit Felipe Massa einen großartigen Entwicklungsfahrer. Williams ist in diesem Jahr durchaus einiges zuzutrauen.
Und Was ist eigentlich mit McLaren? Man hat seinen sehr interessanten Wagen gebaut, doch in Bahrain blieb man recht unauffällig. Das muss nicht unbedingt negativ sein, da man nie weiß, was die Teams genau testen. Aber das Team ist nicht da, wo man gerne wäre. Das zumindest meinte Jenson Button die Tage. McLaren ist eines der Fragezeichen der letzten beiden Testwochen.
Solide unterwegs war auch Force India. Perez fuhr an zwei Testtagen in Bahrain die Tagesbestzeit nachhause. Der indische Rennstall scheint auch eine gute Basis zu haben und man konnte viele Runden absolvieren. Trotz allem war die Leistung nicht besonders überzeugend. Es sieht derzeit so aus, als wäre man auch in diesem Jahr irgendwo im Mittelfeld.
Bleiben noch die Ferrari Teams. Beginnen wollen wir natürlich mit dem Werksteam. Auch Ferrari ist derzeit noch ein Rätsel. Auf einer Runde fehlt Ferrari knapp eine Sekunde auf Mercedes, wenn man denn die gleiche Spritmenge im Auto hatte und mit der gleichen Leistung gefahren ist. Dennoch machte der Ferrari einen soliden Eindruck. Die Rennsimulation verlief wohl ganz zufriedenstellend und relativ zuverlässig ist der F14T auch. Und genau das kann der Schlüssel zum Erfolg sein. Der Mittelweg aus Speed und Zuverlässigkeit. Dennoch scheint man noch nicht ganz da zu sein wo man gerne wäre, wie Alonso nach dem gestrigen Testtag meinte, aber man sei auch nicht so weit weg.
Etwas enttäuschend war bisher die Vorstellung von Sauber. Der C33 scheint nicht das Gelbe vom Ei zu sein. Die Fahrer beklagen sich über mangelnden Abtrieb und auch das neue Bremssystem scheint noch nicht so zu funktionieren wie es soll. Apropos Bremssystem: Das und alle weiteren Neuerungen werden wir in unserer ausführlichen Saisonvorschau noch erklären. Derzeit liegt man aber allem Anschein nach hinter den Topteams sowie Force India und Williams.
Marussia fiel von den Zeiten her eigentlich relativ positiv auf. Man lag permanent vor Lotus und Caterham und konnte sogar mit Sauber ganz gut mithalten. Allerdings hatte man große Probleme mit der Zuverlässigkeit. Diese sollte man in den Griff bekommen, dann kann Marussia in diesem Jahr vielleicht auch für die eine oder andere Überraschung sorgen.
Nimmt man nun die jeweils schnellste Runde der einzelnen Piloten in den letzten zwei Wochen ergibt sich folgende Reihenfolge. Vielen Dank an dieser Stelle auch noch an Pirelli, die eine Liste herausgegeben haben, welcher Pilot welche Mischung bei seiner schnellsten Runde montiert hatte. Wie viele Runden die “gebrauchten” Reifen allerdings schon drauf hatten, geht nicht hervor. Vermutlich aber nicht allzu viele.
1.Felipe MassaWilliamsMercedes1:33.258Supersoft neu
2.Lewis HamiltonMercedesMercedes1:33.2780.020Soft gebraucht
3.Nico RosbergMercedesMercedes1:33.2830.025Soft neu
4.Valtteri BottasWilliamsMercedes1:33.9870.729Soft neu
5.Fernando AlonsoFerrariFerrari1:34.2801.022Supersoft neu
6.Kevin MagnussenMcLarenMercedes1:34.9101.652Supersoft neu
7.Jenson ButtonMcLarenMercedes1:34.9571.699Soft neu
8.Sergio PerezForce IndiaMercedes1:35.2902.032Soft neu
9.Kimi RaikkonenFerrariFerrari1:35.4262.168Supersoft neu
10.Nico HulkenbergForce IndiaMercedes1:35.5772.319Supersoft neu
11.Jean-Eric VergneScuderia Toro RossoRenault1:35.7012.443Supersoft neu
12.Daniel RicciardoRed BullRenault1:35.7432.485Soft neu
13. Daniil KvyatScuderia Toro RossoRenault1:36.1132.855Supersoft neu
14.Adrian SutilSauberFerrari1:36.4673.209Supersoft neu
15.Max ChiltonMarussiaFerrari1:36.8353.577Supersoft neu
16.Jules BianchiMarussiaFerrari1:37.0873.829Supersoft neu
17.Esteban GutierrezSauberFerrari1:37.1803.922Soft neu
18.Sebastian VettelRed BullRenault1:37.4684.210Soft gebraucht
19.Felipe NasrWilliamsMercedes1:37.5694.311Medium neu
20.Marcus EricssonCaterhamRenault1:38.0834.825Supersoft neu
21.Kamui KobayashiCaterhamRenault1:38.3915.133Soft neu
22.Pastor MaldonadoLotusRenault1:38.7075.449Soft neu
23.Romain GrosjeanLotusRenault1:39.3026.044Soft neu
24.Robin FrijnsCaterhamRenault1:42.5349.276Medium gebraucht
Nun geht es also ab nach Melbourne mit der Erkenntnis das Mercedes wohl die Nase vorne hat. Doch wie das Kräfteverhältnis wirklich aussehen wird, werden wir vermutlich erst in Sepang oder gar in Barcelona sehen.