Hachja, die gute alte Dystopie hat mich zurück und ich muss schon sagen, dass ich es eine ganze Weile ohne sie ausgehalten habe (und das auch ganz gut). Im Grunde hat mich Flawed auch nur ein weiteres Mal gelehrt, dass ich in der Zwischenzeit nicht viel scheine verpasst zu haben, denn was mir Cecilia Aherns erstes Jugendbuch geboten hat, war altbekannter Stoff im halbwegs neuem Kleid. Ein bunter Ideenmix aus (sehr viel) Infernale, Panem und Co. Trotzdem hatte das (Hör)Buch durchaus seine Stärken, die ich euch nicht vorenthalten will.
Celestine ist eine recht vernünftige Protagonistin, die zwar ab und an ihren Hormonen unterliegt und an manchen Stellen auch ein wenig zu naiv für ihre hohe Intelligenz ist, mit ihren langen, inneren Monologen und ausschweifenden Überlegungen aber wesentlich sympathischer daherkommt, als manch andere Jugendbuchheldin. Dagegen wirken jedoch alle anderen Figuren (mal abgesehen von ihrem Großvater) oftmals wie gefühlskalte, ja beinahe asoziale Monster. Und dies ist auch mein größter Kritikpunkt an diesem Roman: ich konnte die politische Struktur und die Gesellschaft nicht ernst nehmen. Erst einmal war mir die historische Herleitung des Systems zu simpel für solch drastische Maßnahmen und zweitens kam mir jede agierende Person neben Celestine so dämlich und feige vor, dass ich mich fragen musste, ob sie der einzige Mensch mit einem inneren Moralverständnis sein sollte.
Lassen wir das mal außen vor, so begegnen wir auch in Aherns Buch all jenen Klischees, die ich bereits in anderen Dystopien kritisiert habe: Liebesdreieck, vorhersehbare "Wendungen", eine anstehende Rebellion, eine Heldin, die zur Leitfigur der Bewegung wird etc. Dagegen muss man der Autorin allerdings zugutehalten, dass sie die Thematik der Diversiät (ja, Celestine ist schwarz) sehr gekonnt einsätzt und in ihrer Gesellschaftsordnung Phänomene wie Rassismus und Homophobie einfach mal ausradiert und keine Rolle spielen lässt, da sie scheinbar in der Zukunft besiegt worden sind (interessant wäre hier nur: wie?). Flawed ist ruhig und bietet wenig Action, dafür umso mehr ethische Gedankengänge, die man sich auch sehr gut als das von Merete Brettschneider gesprochene, ungekürzte Hörbuch anhören kann.