zum dritten, aber zum zweiten geburtstag ihres kindes, sind sie wieder da, die filofaxeltern. der spitzname ist schon veraltet, auch wenn sie so immer bei mir heißen werden, hatte papa doch das letzte mal bereits alles im kopf gespeichert. ich hätte mit mir gewettet, dass er den heutigen termin auf einem ipad notiert, aber so hip sind sie dann doch nicht.
die mutter hatte ich in den letzten zwei jahren hin und wieder gesehen, sie begleitete stets die tochter, wenn es um erkrankungen ging. papa arbeitet und kommt nur zu den vorsorgeterminen. wir haben uns ausgetauscht über die selbstheilungskräfte des kindlichen organismus, die entbehrlichkeit der meisten medikamente, vor allem derer, die man over-the-counter in den apotheken erhält. und wir hatten auch die erste diskussion über das notwendige antibiotikum bei der eitrig laufenden ohrenentzündung hinter uns gebracht einschließlich des abendlichen anrufes des vaters, ob man nun das antibiotikum mit milch geben dürfe oder nicht und ob man nicht den darm nach all den strapazen wieder aufbauen müsse. man lese ja soviel im internet darüber.
nun also die u7. das trotzen noch von der letzten vorsorge bewegte sich im normalen altersentsprechendem maße, die untersuchung war ein wechsel zwischen beschwichtigung der mutter, verzweifelten versuchen des vaters, das kind mit der babyrassel abzulenken, und meinen bemühungen, an beiden vorbei wenigstens sekundenweise das stethoskop zum einsatz zu bringen. als wir uns auf eine position einigen konnten – ihre tochter saß im kuschelkreis an mama geklammert auf dem schoß, mutter selbst saß auf dem stuhl, vater rasselte von der einen seite und ich lauschte von der anderen – wurde tochter kurzzeitig ruhig, um bei der geringsten unerwarteten bewegung einer der drei erwachsenen sofort wieder ins brüllen zu verfallen. irgendwie gelang die körperliche untersuchung trotzdem.
nach meinen obligatorischen fragen zur entwicklung und der wichtigen frage nach wichtigen fragen der eltern zog vater filofax, doch tatsächlich sein: … iphone aus der tasche und stellte die ultimative frage: “welche zahlen muß sie denn jetzt schon können?” ich war mir nicht sicher, was er damit meinte. zahlen, mengen, zahlensymbole, zählen? doch auf meine vorsichtige antwort, dass immerhin manche zweijährige schon sagen könnten, dass sie zwei sind, ließ er nicht locker. schließlich sei es doch unumgänglich, dass kinder bereits so früh mit den aufgaben der schule vertraut gemacht werden. wiederholung sei doch die halbe miete. wenn er jetzt schon mit dem zahlenbereich bis zehn beginne, das bis drei jahre auf zwanzig oder so aufbaue, und dann auch schon die kleinen einmaleins-schritte übe, zahle sich das doch später aus.
ich deutete vorsichtig an, dass es gerade in der presse sehr en vogue sei, sich über den förderwahn bei kinder auseinanderzusetzen, und dass die moderne hirnforschung sehr wohl grenzen setze beim lernen und es zudem inzwischen allgemeingut sei, dass kinder in diesem alter doch eher spielerisch lernten, besser auch viel draußen spielen sollten und überhaupt eher altersentsprechend gefördert werden sollten. aber ich war wohl zu unpräzise, denn es kam nur ein: “und wie sieht es mit den buchstaben aus? das *b* aus ihrem namen kann sie jetzt schon.” arme bella-maryke.