Filmkritik zu ‘Willkommen in Cedar Rapids’

Filmkritik zu ‘Willkommen in Cedar Rapids’

Bevor Komödien-Darsteller Ed Helms mit den ‚Hangover‘-Filmen bekannt wurde, verdiente er sich sein Geld hauptsächlich im Fernsehen. Zuerst war er als Reporter in der ‚Daily Show‘ von und mit Jon Stewart zu sehen, dann wechselte er zu ‚The Office‘, der amerikanischen Version der britischen Comedy-Serie, die in Deutschland durch ‚Stromberg‘ ihr Remake erfuhr. Aber diese Zeiten sind lange vorbei, jetzt ist Helms der liebenswürdige Trottel, der selbst die Kinosäle füllen kann. Mit ‚Willkommen in Cedar Rapids‘ wagt er den Schritt zur Komödie mit durchaus tragischen Hintergründen.

Filmkritik zu ‘Willkommen in Cedar Rapids’

Isiah Whitlock Jr., John C. Reilly & Ed Helms

Er ist Tim Lippe, ein Typ, von dem jeder dachte, dass er einmal die große weite Welt bereisen würde. Aber er hat das verschlafene Nest Brown Valley nie verlassen, verkauft Versicherungen und ist sein Jahren nur fast verlobt mit seiner Lehrerin aus der ersten Klasse. Doch plötzlich scheint sein ödes Leben aus den Fugen zu geraten, denn tim soll in die nächst größere Stadt, Cedar Rapids, reisen, und dort an einer Fachtagung der Versicherungsbranche teilnehmen, die für seine Firma sehr wichtig ist. Aber schon beim Einchecken im Hotel und beim ersten Treffen mit Kollegen, muss Tim feststellen, dass er keine Ahnung hat, was in der modernen Welt so vor sich geht. Nachdem er dann auch noch auf korrupte Machenschaften innerhalb der Branche stößt, verliert er jegliche Illusionen über die Branche.

Regisseur Miguel Arteta inszenierte zuletzt 2009 ‚Youth in Revolt‘ mit Michael Cera, der als einsamer, verzweifelter Teenager ein Alter-Ego erfinden musste um ins Leben zu finden. Im Grunde bleibt der Filmemacher seiner Thematik treu, kümmert sich erneut um eine Figur, der das wirkliche Leben fremd ist, die sich nie wirklich darin zurecht finden konnte. Tim Lippe sitzt in seiner sicheren Blase, in der er sich seit Ewigkeiten mit seiner alten Grundschullehrerin zum Sex nach Plan trifft. Wo in ‚Youth in Revolt‘ das imaginäre Alter-Ego als Sprung aus der Blase funktioniert, ist es für Ed Helms Cedar Rapids, das sündenhafte Hotel, in welches der Versicherungsvertreter geschickt wird.

Das triste Leben von Tim Lippe wird auch ebenso ruhig inszeniert. Mit leiser Musik werden die Szenen untermalt, in denen der Versicherungsvertreter anfangs vorgestellt wird. Unsicher und leise führt er seine Unterhaltungen, zurückhaltend und befremdlich wandelt er durch die Welt. Erst als er in Cedar Rapids ankommt, begegnet er seinem „Alter-Ego“ in Form von Dean Ziegler (John C. Reilly), der keine Sünde auslässt, das Wort Moral aus seinem Wortschatz verbannt hat. Hier wird der Film laut, die Musik peppig, es kommt Leben in die Bude. Die Welt des sauberen Tim Lippe wird durcheinander gewirbelt, wie eine Einstiegsdroge führt es ihn zum Absturz.

Filmkritik zu ‘Willkommen in Cedar Rapids’

Anne Heche & Ed Helms

John C. Reilly funktioniert hervorragend als böses Ich von Ed Helms, als Spaß-Drogenbaron, der Helms in die wunderbar, grausame Welt der unmoralischen Angebote einführt und dann aus den Augen verliert, wie dieser damit nicht umzugehen versteht. Nur mit Anleitung ist es Tim Lippe möglich Spaß zu haben, lässt man ihn allein, wandeln sich gute Tipps und Ratschläge in das totale Chaos. Nimmt man den Tim Lippe vom Beginn des Filmes, wo er eine auf der Straße umhergehende Prostituierte in ein nettes Gespräch verwickelt und vergleicht dieses Bild mit dem Tim Lippe in dem Moment, in dem er mit Frauen um die Häuser zieht, einen wichtigen Termin vergisst und sich sogar dem Konsum von wirklichen Drogen hingibt, bekommt der Zuschauer einen traurigen Blick auf einen Mann zu sehen, der sich in einer Welt zurecht finden soll, in der man selbst am liebsten gar nicht leben möchte. Es sind die Grausamkeiten des Alltags, die dem Saubermann zu schaffen machen. Die Frage, ob man in einer unmoralischen Welt überhaupt noch überleben kann, wenn man versucht mit Anstand und Moral zu leben, bleibt im Raum stehen. Und in einigen leisen Momenten des Filmes, wenn Ed Helms kraftlos und in sich gekehrt auf dem Bett sitzt und in die Leere starrt, merkt man, dass in dem Schauspieler mehr steckt als ein herkömmlicher Komödien-Mensch.

‚Willkommen in Cedar Rapids‘ wirft einen beschwinglich, leichten Blick auf eine bösartige Welt, in der ein netter Mann dem Untergang geweiht ist. Durch das entgegengesetzte Zusammenspiel von Ed Helms und John C. Reilly kommt mehr als einmal gute Stimmung auf. Zeitgleich wissen beide Schauspieler aber auch in den Momenten zu überzeugen, wo die Leichtigkeit der Dramatik und Tragik weicht. Damit gelingt ‚Wilkommen in Cedar Rapids‘ eine gelungene Abwechslung, die den Film nicht zur Standard 08/15-Komödie werden lässt.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Willkommen in Cedar Rapids’

‘Willkommen in Cedar Rapids‘


Originaltitel: Cedar Rapids
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 87 Minuten
Regie: Miguel Arteta
Darsteller: Ed Helms, John C. Reilly, Anne Heche, Kurtwood Smith, Rob Corddry, Sigourney Weaver

Deutschlandstart: 7. Juli 2011
Offizielle Homepage: willkommen-in-cedar-rapids.de/


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