Filmkritik zu "Last Night"

Filmkritik zu ‘Last Night’

Die bisherige Drehbuchautorin Massy Tadjedin feiert mit ‚Last Night‘ ihr Debut als Regisseurin. Dabei versammelt die im Teheran geborene Frau internationale Schauspieler um sich. Die Britin Keira Knightley (‚Die Herzogin‘), den Australier Sam Worthington (‚Kampf der Titanen‘), die Amerikanerin Eva Mendes (‚Die etwas anderen Cops‘) und den Franzosen Guillaume Canet (‚Zusammen ist man weniger allein‘). In der letzten Kinostartwoche des Jahres 2010, am 30. Dezember, kommt ‚Last Night‘ in die deutschen Kinos.

Der Film erzählt die Geschichte einer modernen Beziehung. Es geht um Lust und Vertrauen, um Liebe und Täuschung. Die Grauzonen der Treue münden in einem leisen aber quälenden Verdacht, der sich in die Ehe zweier eigentlich sehr glücklicher Menschen einschleicht. Michael und Joanna Reed (Worthington und Knightley) sind jung. Sie haben scheinbar alles, was man zu einem perfekten Leben braucht. Wäre da nicht dieser eine, flüchtige Moment, in dem Joanna ihren Mann mit seiner neuen Kollegin Laura (Mendes) beobachtet. Joanna kann sich nicht sicher sein, was sie gesehen hat. Aber sie beginnt zu zweifeln. Dann trifft sie ihren Ex-Lover Alex (Canet) wieder und merkt, dass sie sich nicht nur Michaels, sondern auch ihrer eigenen Gefühle nicht sicher sein kann.

 

Filmkritik zu ‘Last Night’

Eva Mendes

Gefühle sind ein ganz großes Thema in ‚Last Night‘. Eigentlich geht es im ganzen Film um nichts anderes als die Frage, welche Gefühle in einem Moment eine Rolle spielen. Hierfür hat sich die Regisseurin ein Ensemble ausgewählt, die durch unterschiedliche Figurencharakterisierungen in verschiedenen Lebenssituationen stecken. Diese ermöglichen es der Filmemacherin, durch gerade einmal vier Darsteller, eine ganze Palette von unterschiedlichen Emotionen und Gedankengängen auszuspielen. Mit Keira Knightley und Sam Worthington bekommen die Zuschauer ein Ehepaar zu sehen, das sich zwar liebt, aber auch gerne im Gedanken noch abschweift und sich anderen Fantasien hingibt. Sie wirkt dabei schnell verunsichert, zweifelt jeden Moment an, hinterfragt jede Unsicherheit des Lebens. Er wiederum bleibt gelassen, dem Alltag verfallen und doch glücklich mit dem Verlauf der Dinge. Guillaume Canet gesellt sich als Ex-Liebhaber von Joanna hinzu, der zwar eine Freundin in Paris hat, sich aber wohl auch bald wieder von dieser verabschieden wird. Er trauert seiner verflossenen Liebe hinterher und versucht diese für sich zurück zu gewinnen. Eva Mendes wiederum wirkt abgebrüht und auf den bloßen Sex mit Michael aus. Nur in wenigen Kameraeinstellungen fängt der Film auch ihre Gefühle ein, zeigt dass mehr dahintersteckt als der Zuschauer anfänglich annehmen mag.

Dies ist aber sowieso ein Grundtenor des Filmes. Wenig zeigen, viel Raum für Interpretationen lassen. Genauso wie Joanna anfänglich ihren Mann nur während einer Unterhaltung mit der neuen Kollegin beobachtet und sofort den Fremdgeh-Verdacht fasst, so wird auch der Zuschauer immer wieder nur einen Verdacht haben, wird Erwartungen zerplatzen sehen oder sich in überraschenden Wendungen wiederfinden, die dezent platziert, als beiläufige Bemerkung kaum auffallen, aber vorhanden sind. Auch die Kamera versteht es solche beiläufigen Momente einzufangen ohne diese weiter zu kommentieren. Ein großer Teil des Filmes ist so inszeniert, dass der Zuschauer selbst seine Schlüsse ziehen muss. Lange Zeit schürt Tadjedin die Erwartungen, lässt alle Stränge zu einem klaren Punkt zusammenlaufen, nur um dann doch noch die Stärke ihrer Figuren zu festigen.

 

Filmkritik zu ‘Last Night’

Guillaume Canet

‚Eine Nacht in New York‘ könnte der Untertitel zu diesem Film sein. Die Filmemacherin hat sich nicht nur sehr viele Gedanken um die innere Gefühlswelt ihrer Figuren gemacht, sondern auch New York in vielen schönen Bildern eingefangen. Es grenzt schon fast an eine Liebeserklärung die sie der Stadt macht. Größtenteils in dem New Yorker Stadtteil SoHo gefilmt, bringt sie verträumte Bilder sowohl vom Tag als auch der Nacht auf die Leinwand.

Und dann das bittere Ende. Oder vielleicht doch nicht? Tadjedin verrät dem Zuschauer nicht was aus dem Ehepaar Reed wird. Beide machen ihre Erfahrungen mit der Lust, mit dem Verlangen, mit dem Gedanken jemand anderen zu haben. Am Ende stehen sich Keira Knightley und Sam Worthington wie zu Beginn des Filmes gegenüber, jeder mit seinen Geheimnissen. Was sie bis zu diesem Punkt erlebt haben, ist diese eine Nacht, ein Ausschnitt ihres Lebens der vielleicht die Gefühle und Gedanken beider verändert hat.

‚Last Night‘ ist ein ruhiger, nachdenklicher Film. Eine beachtliche Leistung für ein Regie-Debut. Nicht zuletzt hat Massy Tadjedin dies ihren Darstellern zu verdanken. Vor allem Sam Worthington weiß dabei zu überraschen, löst sich von vorherigen Rollen in ‚Terminator: Die Erlösung‘ und ‚Kampf der Titanen‘ und steht neben Keira Knightley seinen Mann. Eva Mendes und Guillaume Canet wirken stark. Sie sind zwar nur Randerscheinungen, als Versuchungen für Michael und Joanna erschüttern sie deren Leben aber schon immens. Weit entfernt von einer Liebesschnulze, wird man nach dem Ansehen von ‚Last Night‘ wahrscheinlich einige Stunden damit verbringen die Taten und Handlungen des eigenen Partners zu hinterfragen. Aber bitte nicht zu sehr hineinsteigern, am Ende ist es doch nur ein Film. Aber ein verdammt guter.


Filmkritik zu ‘Last Night’

‘Last Night’

 

Originaltitel: Last Night
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: Frankreich/USA, 2010
Länge: ca. 93 Minuten
Regie: Massy Tadjedin
Darsteller: Keira Knightley, Sam Worthington, Eva Mendes, Guillaume Canet

‘Last Night’ läuft ab dem 30. Dezember 2010 in den deutschen Kinos.


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