Pfeilschwanzkrebs (Limulus polyphemus)
… lassen auf den ersten Blick für den Laien keinen Zusammenhang erkennen. Warum beides aber doch etwas miteinander zu tun hat – und warum das für uns Menschen sogar sehr wichtig ist: Nach diesem Beitrag sind Sie schlauer
Infusionen und Fieber
Früher kam es bei Verabreichung von Infusionen und Injektionen häufiger zu unterschiedlich heftigen Fieberanfällen und gelegentlich gefährlichen Kreislaufreaktionen beim Patienten. Man fand heraus, dass dafür Fremdstoffe, die während der Produktion oder der Lagerung der Infusionslösung in diese hineingelangten, dafür verantwortlich sind. Diese Stoffe nannte man “Pyrogene” (abgeleitet vom griechischen Wort Pyros = Feuer). Pyrogene sind zum Beispiel Bestandteile von Zellmembranen einiger Bakterien (Lipopolysaccharide), die auch hohe Temperaturen problemlos aushalten – und so können sie auch eine normale Sterilisation der Lösung problemlos überstehen. Pyrogene können aber auch z.B. Gummiabrieb von Dichtungen der Produktionsmaschinen oder Flaschenverschlüssen sein, die während der Produktion in die Infusionslösung gelangen.
Pyrogene
Was macht so ein Pyrogen nun im Körper? Pyrogene können schon in kleinsten Mengen (unter 1 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht) nach einer Injektion oder Infusion Fieberreaktionen auslösen: Makrophagen – die Fresszellen des Immunsystems – machen sich über diese körperfremden Stoffe her und setzen nach Einverleibung derselben einen Botenstoff, das Interleukin-1, ins Blut frei. Dieser Botenstoff seinerseits sorgt dafür, dass vermehrt ein entzündungsförderndes Hormon, das Prostaglandin (ganz genau: Prostaglandin E2) gebildet wird, dass dann in der körpereigenen Temperaturregelungszentrale im Gehirn (Für die Fachbegriff-Freaks: im Hypothalamus ) für eine Erhöhung der Körpertemperatur – Fieber – sorgt.
Und wo bleibt der Pfeilschwanzkrebs?
Geduld Erst einmal hat man in den Vierzigern des letzten Jahrhunderts entdeckt, dass auch Kaninchen mit Fieber auf pyrogenhaltige Lösungen reagieren. Dabei wird beim Kaninchen zunächst die Körpertemperatur bestimmt, 90 Minuten später die zu prüfende Lösung injiziert. Drei Stunden nach der Injektion wird die Körpertemperatur erneut gemessen. Man macht das zum Ausschluss von Fehlmessungen bei drei Kaninchen gleichzeitig – und wenn die durchschnittliche Steigerung der Körpertemperaturen 1,15° Kelvin nicht überschreiten, gilt die Prüflösung als pyrogenfrei.
Rund dreißig Jahre später fand man heraus, dass man das ganze noch viel einfacher überprüfen kann – zumindest, wenn es um das am häufigsten vorkommende Pyrogen, die Zellwandbestandteile gramnegativer Bakterien, geht. Im Blut des Pfeilschwanzkrebses kommen Amöbozyten vor, die auf Kontakt mit den fraglichen Zellwandbestandteilen schnell reagieren. Gibt man also zu einer von diesem Krebs gewonnenen Blutprobe (dem sogenannten Limulus-Amöbozyten-Lysat, kurz LAL) die Prüflösung und verklumpt die Probe daraufhin, ist die Prüflösung mit Pyrogenen von Bakterien kontaminiert und darf so nicht injiziert werden.
Pyrogenfreiheit
Um die Pyrogenfreiheit einer Infusionslösung zu ermöglichen, werden verschiedene Verfahren angewendet: Zum einen kann die abgefüllte Lösung unter härteren Bedingungen sterilisiert werden: Im Heißluftsterilisator bei 200° C trockener Hitze in 2 Stunden. Die abgefüllte Lösung kann auch im Autoklaven dampfsterilisiert werden: zwei Stunden bei mindestens 121° C – hiernach wird aber ein Pyrogentest benötigt, da die Methode nicht 100% sicher ist. Für Lösungen, die nicht hitzestabil sind, bietet sich eine Filterung durch einen Spezialfilter an.