Das denkmalgeschützte Hotel mit modernem Eingang kombiniert: “Landhaus Spatzenhof” bei Wermelskirchen (Bild: Di)
Ein Kerngedanke im Feng Shui ist, dass wir mit dem Ort, an dem wir leben, energetisch verbunden sind. “Er wartet darauf, von uns erkannt, geliebt und gehütet zu werden,” schreibt Harald Jordan in seinem lesenswerten Buch “Orte heilen”. Und es stimmt – wer sein Zuhause hegt und pflegt, den stärkt es.
Die energetische Verbindung ist sogar in manchen Hotels und Restaurants zu spüren, die ja eigentlich nur Durchgangshäuser sind, mit wechselnder Belegung. Dennoch gibt es etwas, das durch Raum und Zeit wirkt, und der liebevolle Umgang mit ihm kann alte Verletzungen heilen. Als einen solch besonderen Ort möchte ich das “Landhaus Spatzenhof” nennen, das in einem Waldstück in Süppelbach kurz hinter Wermelskirchen im Bergischen Land zu finden ist.
Das alte Fachwerkhaus mit Holz- und Schieferfassade hatte die Freifrau Clara von Krüger 1913 als Waisenhaus für kleine Jungs bauen lassen, ab 1936 nannte sie es “Erholungsheim für Jungen” und ab 1959 wurde es als Hotel geführt.
Die Rückseite des “Spatzenhofs” (Bild: Di)
Nun sind Waisenhäuser nicht gerade für gute Küche bekannt, auch nicht für besonders liebevollen Umgang mit “Fürsorgezöglingen”, wie Clara ihre Pflegekinder nannte. Es ist eher bekannt, dass sie sie “streng und bescheiden” erzog. Mein Vater war eine Halbwaise, er hatte ein Jahr in einem Kinderheim verbracht. Er hat nur wenig darüber erzählt, doch gerade das wenige sagte mir, es war kein schöner Ort. Auch in Claras Haus herrschte wohl Zucht und Ordnung, was durchaus auch ein Ausdruck von Liebe sein kann, aber nicht immer direkt so verstanden wird.
Die Lobby: Jeder Gast soll sich willkommen fühlen. (Bild: Di)
Es ist nicht bekannt, wie die Pächter ab 1959 angesehen waren. Doch als ich jetzt zum ersten Mal dort war, hatte ich noch kurz einen Spaziergang mit unserem Hund auf dem nahebei beginnenden Stück Jacobsweg gemacht und dabei ein Ehepaar kennen gelernt, das nur einmal im Spatzenhof war, dort essen wollte, doch bereits kurz nach dem Servieren der Getränke wieder aufgebrochen war. “Es hat uns dort nicht gefallen, der Wirt war scheußlich!” Das sei allerdings schon Jahre her, räumte der Mann ein – ob denn inzwischen jemand neues das Ding übernommen habe?
Dabei hat das Jahr gerade erst angefangen… (Bild: Di)
Ja, 2009 bekam das denkmalgeschützte Haus mit Philip und Tanja Wolter neue Pächter und wurde komplett neu renoviert. Zucht und Ordnung sucht man dort vergebens, aber eine liebevolle gestaltende Hand ist überall zu spüren. Philip Wolter sorgt heute für die gute Küche, hat einen Michelin-Stern erkocht und verteidigt ihn seit 2011. Die Zeitschrift “Der Feinschmecker” bescheinigt, dass das Restaurant auch 2014 zu den besten in Deutschland gehört.
(Bild Di)
Das Konzept gibt der Vergangenheit des Hauses Raum und ihr wird liebevoll gedacht: Der Name Spatzenhof erinnert an freche kleine Jungs, die hier mal heimisch waren. Wer die Website googelt, wird von Spatzengezwitscher begrüsst. Spatzen bevölkern den modernen Eingang in Form von Kindersitzschaukeln in Vogelform, Spatzenskulpturen und Blumensteckern in Spatzenform.
Wo die Monroe logiert, darf Kennedy nicht fehlen. Zumindest nicht im Bad der Monroe-Suite. (Bild: Landhaus Spatzenhof)
Die sechs Zimmersuiten im alten Teil des Hauses sind sechs berühmten Waisen aus Film und Literatur gewidmet: Norma Jean Baker alias Marilyn Monroe, Edgar Alan Poe, Margret Rutherford, bekannt als Miss Marple, Coco Chanel, Johann Sebastian Bach und Leo Tolstoi. In allen Räumen findet sich etwas, das ihren Namensgebern und der Zeit, in der sie lebten, entsprechen soll.
“Es geht darum, sich bewusst zu machen, welche Energien am Ort ruhen, die jeder Einzelne aber auch für sich selbst lebendig werden lassen kann, und zwar im Wahrnehmen dessen, was ursprünglich war, was jetzt wirkt und was für die Zukunft gemeint ist,” schreibt Harald Jordan. Meine Frage, ob sie unter Ihren Gästen verstärkt Alleinstehende – sozusagen “erwachsene Waisen” – verzeichne, kann Tanja Wolter nicht bestätigen. Sie bemerkt viel mehr Wanderer, die auf ihrem Weg einkehren und erzählen, dass ihr Großvater in diesem Haus aufgewachsen ist und sie erfahren wollen, was aus diesem Ort geworden ist, der ja gewissermaßen auch ein Teil von ihnen sei. Das komme oft vor.
Der Bankettsaal wartet auf die Brautpaare am Abend. (Bild: Di)
“Nein, allein kommt hier fast keiner hin”, lacht sie dann und zeigt mir den in einer umgebauten Scheune eingerichteten Bankettsaal, der an dem Tag stilvoll hergerichtet auf eine geschlossene Gesellschaft wartet: Ca. 30 Brautpaare, z. T. sogar mit Eltern und Trauzeugen, die am Abend an einem Vor-Essen teilnehmen und dann die Menüfolge für ihre eigene Feier festlegen können.
Ich darf auch kurz einen Rundgang machen durch das Restaurant und einen Blick in die kleinen abgetrennten Räume, gemütliche Nischen und Winkel werfen, die fast allesamt gut besetzt sind. Fotografieren darf ich aus Rücksicht auf die Gäste nicht. Ich fühle mich sofort wohl in diesen Räumen. Hier will ich sein. Das liegt wohl auch daran, dass natürliche Baustoffe wie Holz, Lehm und Stroh verwendet wurden, die das Raumklima positiv beeinflussen. Elektrische Geräte stören mein Empfinden nicht, Wärme strahlt von den Wandflächenheizungen ab, die weniger Staub aufwirbeln als herkömmliche Heizkörper und daher sehr allergikerfreundlich sind. Im Sommer können sie gut gekühlt werden, was die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit des wasserreichen Waldbodens rundum erträglich macht.
Ich mag den Spatzenhof. Für mich ein besonderer Ort, der mir bestätigt: Allein schon wohlwollende Gedanken, aber noch mehr das Tun wirkt sich wohltuend und heilend auf den Ort aus. Der Ort, der früher ein Auffangbecken für Kinder ohne Eltern war, ist heute ein zauberhafter Ort, wo sich kleine und große Spatzen sofort heimisch fühlen und wo gute Aromaküche mit Stern die Sinne streichelt.
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