Kinder- und Erwachsenenliteratur sei voll von Klischees und Vorurteilen gegen Minderheiten oder Fremde, klagt der aufmerksame Historiker Wolfgang Benz. In der "Bibel" etwa entdeckte er "Kolonialrassismus und weiße Dominanz", oft werde grausam gegen Tiere vorgegangen, es werde zum Mord an Menschen anderen Glaubens aufgerufen und die Sklaverei verteidigt. So heiße es im Buch Samuel "So zieh nun hin und schlag Amalek und vollstrecke den Bann an ihm und an allem, was er hat; verschone sie nicht, sondern töte Mann und Frau, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel." Im verschiedenen Kapiteln des Buches, das oft als "Erbauungsliteratur" verharmlost werde, gehe es um blutige Rituale, um Rache und Rassismus. So fordere ein Absatz ultimativ, "das Land, das dir der Herr, dein Gott, zum Erbe gibt, einzunehmen" und alle Erinnerungen, an die dort vorher lebenden Menschen "auszutilgen unter dem Himmel".
Das Problem sei aktuell, meint Benz, denn die teils über 1500 Jahre alten Bücher würden auch heute noch häufig rezipiert. Im sogenannten Buch Moses aber würden Orientalen "als entweder etwas dümmer oder als schlau und böse dargestellt". Das angebliche Buch Gottes enttarne sich hier als Schrift, die keineswegs auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. "Willst du aber Sklaven und Sklavinnen haben", heiße es in eindeutig diskriminierender Absicht, "so sollst du sie kaufen von den Völkern, die um euch her sind, und auch von den Beisassen, die als Fremdlinge unter euch wohnen, und von ihren Nachkommen, die sie bei euch in eurem Lande zeugen. Die mögt ihr zu eigen haben und sollt sie vererben euren Kindern zum Eigentum für immer; die sollt ihr Sklaven sein lassen".
Solche diskriminierenden Passagen hätten das Bild von Generationen geprägt, glaubt Benz. Die Bibel sei "mit Ressentiments befrachtet", enthüllt der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin, dem es um den Schaden geht, den Vorurteile und rassistische Klischees gerade bei jungen Lesern anrichten können. "Vorurteile werden früh erlernt und eingeübt", sagt er. "Früh erworbene Ressentiments bleiben besonders wirksam und prägen nachhaltig das Weltbild vieler Erwachsener."