Eurorettung: Was Schäuble verschweigt

Deutschland haftet mit deutlich mehr Geld für die Euro-Rettungsschirme als Bundesfinanzminister Schäuble öffentlich zugibt. In einer Übersicht auf den Webseiten des Bundesfinanzministeriums werden 95,3 Milliarden Euro an Haftungen angegeben. In Wirklichkeit hat die Bundesrepublik jedoch mindestens 122 Milliarden Euro im Feuer liegen.

Ob es sich hierbei um eine bewusste Irreführung, knallharte Schönfärberei, oder einfach um Schlampigkeit seitens des Bundesfinanzministeriums handelt, ist unklar. Fakt ist jedoch, dass Schäubles Ministerium in Sachen Eurorettung stets beschwichtigt und relativiert.

Die wahre Bilanz

Gegenüber dem Finanzausschuss des Bundestags gab Schäuble letzte Woche lediglich die Haftungen an, welche im Zuge der Verpflichtungen aus den beiden Rettungsschirmen EFSF und ESM entstanden sind. Von den 20% (12 Milliarden Euro) welche Deutschland im Jahr 2010 an den 60 Milliarden Euro umfassenden "Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus" (EFSM) beigetragen hat, ist keine Rede. Ebenso verschweigt Schäuble die 15,2 Milliarden Euro, welche die staatliche Investitionsbank KfW an Griechenland ausgeliehen hat.

Allerdings sind diese rund 122 Milliarden Euro noch lange nicht alles. Immerhin musste auch die Bundesrepublik dafür Kredite aufnehmen, welche jährlich Zinsen kosten. Ganz zu schweigen davon, dass auch die kalkulatorischen Zinsen für die Kredite in den Forderungskatalog mit aufgenommen werden müssten.

Risikofaktor Griechenland

Noch im Juli sagte Finanzminister Schäuble in Athen, dass es keinen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland geben werden. Es gibt jedoch kaum einen Ökonomen, der dem krisengeplagten Staat ohne Schuldenschnitt noch eine Überlebensfähigkeit bescheinigt. Selbst die zugesagten Kredittranchen werden deutlich schneller verbraucht sein als ursprünglich erwartet.

Bei einer Verschuldung von 170% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) müsste Griechenland selbst bei einem vergleichsweise moderaten durchschnittlichen Zinssatz von 5% ganze 8,5% des BIP nur an Zinszahlungen leisten. Wenn man bedenkt, dass die erwartete Abgabenquote dieses Jahr bei 35,7% des BIP liegt, belaufen sich die Kosten für die Zinsen alleine schon auf knapp 24% der gesamten öffentlichen Einnahmen. Und das, ohne einen einzigen Euro an Schulden zurückgezahlt zu haben.

Weitere Stolperfallen

Zwar ist die Eurozone als Gesamtes aus der Rezession gekommen (EcoCens berichtete), einige Länder stellen jedoch nach wie vor potentielle finanzielle Sprengsätze dar. Die deutlich übertriebenen Lobeshymnen der Massenmedien, welche von einem "kräftigen Wachstum" sprechen, sind angesichts des marginalen Plus von 0,3% auch nur eine Farce. Ein "kräftiges Wachstum" sieht nämlich deutlich anders aus.

Portugal mag zwar mit einem Wirtschaftswachstum von +1,1% positiv überraschen, an der Nachhaltigkeit dieses Ergebnisses darf jedoch gezweifelt werden. Das Land versinkt weiterhin in Armut, und die portugiesische Regierung stolpert von einer Krise in die nächste. Frankreich kämpft weiterhin mit einem desolaten Staatshaushalt, Irland steckt immer noch in der Rezession und bringt das Haushaltsdefizit nicht unter Kontrolle, und Zypern ist nach dem "Bail-in" und den Kapitalverkehrskontrollen kaputter als zuvor.

Selbst das vorgebliche Musterland Finnland muss sich mit einer kaum wettbewerbsfähigen Wirtschaft und einem deutlich verschlechterten Umfeld herumschlagen. Die Niederlande stecken in einer Bilanzrezession, Spaniens Industrie verliert seit beinahe zwei Jahren kontinuierlich an Boden, Sloweniens Bankensektor steht immer noch vor der Implosion, und Italien steht ebenfalls noch auf sehr wackligen Beinen.

Die Wahrheit ist scheinbar nebensächlich

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel macht es auf ihrer Wahlkampftour vor. Auf dem Lübecker Marktplatz sagte sie gestern: "Wir haben eine schwere Krise gehabt." Daraufhin rief ein Mann aus der Menge: "Die Eurokrise ist nicht vorbei!" Merkels zaghaft wirkende Reaktion darauf: "Richtig, die Eurokrise ist nicht vorbei." Der Versuch, den Menschen die immer noch existente Krise als überstanden auf die Nase zu binden, scheiterte gnadenlos.

Doch, egal ob Wahlkampfzeit oder nicht: Die Menschen haben ein Recht darauf zu erfahren, wie es wirklich um die öffentlichen Risiken in Sachen Eurorettung, Schuldenkrise und mögliche Worst-Case-Szenarien steht. Auch wenn es vielleicht ein paar Wählerstimmen kosten könnte. Auch die Medien sind dazu aufgefordert, eine wirkliche "vierte Gewalt" im Staat zu sein, anstatt eine Mischung aus Regierungspropaganda und ein paar Körnchen Wahrheit anzubieten.


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