USA: Der tiefe Fall kommt noch

Noch spielt die US-Wirtschaft eine bedeutende Rolle im globalen Kontext. Doch die Verfehlungen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass die einstige Vorzeigevolkswirtschaft schrittweise erodiert. Desolate öffentliche Finanzen, ein exorbitanter Verschuldungsgrad der ganzen Nation, die militärische Überdehnung, und ein verfehltes Steuersystem haben dazu geführt.

Trotz der scheinbaren wirtschaftlichen Erfolge der letzten Monate kämpfen die Vereinigten Staaten mit einem drohenden Systemkollaps. Eine nachhaltige Besserung der maroden Strukturen ist angesichts der Uneinigkeit der amerikanischen politischen Klasse nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Sowohl Republikaner, als auch Demokraten drohen an den Entwicklungen zu zerbrechen.

Schulden ohne Ende

Während die Welt mit Argusaugen auf die europäische Staatsschuldenkrise blickt, wird dem hoffnungslos überschuldeten US-System kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Zumindest nicht in den Massenmedien. Detroit stand zwar kurze Zeit im medialen Rampenlicht, doch nun ist diese symbolträchtige Stadt wieder vergessen. Dabei steht sie stellvertretend für die zu erwartenden Entwicklungen in den Vereinigten Staaten.

Denn nicht nur die Kassen des Bundes sind hoffnungslos überschuldet, auch jene der Bundesstaaten und der Kommunen. Die öffentliche Infrastruktur erodiert zusehends, Bildung wird zum Luxusgut, und selbst der Gang zum Arzt kann für viele Menschen den finanziellen Ruin bedeuten. Denn auch die privaten Haushalte haben ihren Konsum jahrzehntelang auf Pump finanziert. Die gesamte Verschuldung der USA (öffentliche Kassen, Unternehmen und Privatpersonen) belaufen sich derzeit auf 59,7 Billionen Dollar. Das sind 188.650 Dollar pro Person, oder 748.672 Dollar pro Familie. Zum Vergleich: Die Sparguthaben pro Familie belaufen sich auf schwache 3.214 Dollar.

Militär statt Infrastruktur

Während immer mehr Straßen zu Schotterpisten verkommen, immer mehr Brücken als einsturzgefährdet gelten, Staudämme zum Sicherheitsrisiko für Millionen von Menschen werden, investiert die US-Administration weiterhin Unsummen in einen völlig überdehnten Militärapparat. Ganze 672,9 Milliarden Dollar sind im Bundeshaushalt (Fiskaljahr 2013) für diesen Bereich vorgesehen. Das entspricht einer Summe von 17,7% der Ausgaben. Hinzu kommen noch die Kosten für die Nuklearwaffen, welche in den Bereich des Energieministeriums fallen.

In meinem Buch "USA – Eine Supermacht zerfällt" schrieb ich dazu:

Insgesamt gelten mehr als 160.000 Straßenbrücken in den USA als einsturzgefährdet. Bei den innerstädtischen Brücken sollen gar rund ein Drittel so kaputt sein, dass sie eigentlich gesperrt werden müssten. Auch viele Tunnel, Dämme und Deiche gelten als derart desolat, dass immer mehr Fachleute Alarm schlagen. Von den rund 85.000 Dämmen in den USA gelten 15.000 als desolat, und stellen tickende Zeitbomben für die Bevölkerung dar, welche unterhalb dieser Staudämme leben. Während in Europa rund 5% des BIP in die Infrastruktur gesteckt wird, betragen die Infrastrukturausgaben in den Vereinigten Staaten seit Jahren deutlich weniger als 3%.


Immer mehr Straßen verkommen zu Schotterpisten, weil die Kommunen und die Bundesstaaten kein Geld für die Sanierung der Asphaltdecke haben. Auch der Bund selbst pulvert das (ohnehin nicht vorhandene) Geld lieber in die Rüstung, anstatt sich um die Infrastruktur zu kümmern. Insgesamt 332.000 Highwaykilometer ziehen sich durch die Vereinigten Staaten, die meisten davon stammen noch aus den fünfziger Jahren. Hunderte Highways werden oftmals mehr schlecht als recht durch Mautzahlungen instand gehalten. Dennoch sorgen die schlechten Straßenverhältnisse, unzählige Schlaglöcher, aufgeplatzter Asphalt und weggebrochene Fahrbahnen dafür, dass die amerikanischen Autofahrer 54 Milliarden Dollar pro Jahr an Reparaturkosten aus eigener Tasche draufzahlen müssen. Das sind stolze 275 Dollar pro Kopf.

 

Armut und Elend

Für immer mehr US-Amerikaner wird das Leben zu einem finanziellen Überlebenskampf. Konservative Kräfte (wie die "Tea-Party") bekämpfen jedoch eine umfassende Steuerreform, welche die Superreichen in die gesellschaftliche Pflicht nehmen könnte. Selbst die noch vorhandene Mittelschicht lässt sich von den Argumenten der Konservativen in die Irre führen. Dabei sind es gerade diese Steuerpläne, welche die Mittelschicht in die Armut drängen würden. Hier noch einige Fakten aus meinem Buch:

Die seit Jahren bestehende soziale Krise zieht alle Teile der arbeitenden Bevölkerung in Mitleidenschaft – Junge und Alte, Beschäftigte und Arbeitslose – ungeachtet ihrer Rasse, ihres Geschlechtes und ihrer Herkunft. Für Millionen von älteren Arbeitnehmern verdüstert sich die Hoffnung auf die wirtschaftliche Sicherheit im Alter, und die Aussicht auf eine angemessene Rente. Sie sind zunehmend dazu gezwungen, ihre Ersparnisse aufzubrauchen und sich weiter zu verschulden. Und es wird nicht besser: In den Rentenkassen der Städte und der Bundesstaaten klaffen milliardenschwere Löcher. Angesichts der desaströsen Lage der kommunalen und bundesstaatlichen Haushalte droht Millionen von öffentlich Bediensteten die Altersarmut.


Laut Zahlen der Federal Reserve wächst die Verschuldung der Amerikaner in der Altersgruppe zwischen 65 und 74 Jahren schneller als in allen anderen Altersgruppen. Die durchschnittlichen Schulden eines typischen Haushaltes eines Amerikaners in dieser Altersgruppe sind von 2000 bis 2011 um mehr als 50% angestiegen. Auch die Bezüge aus Social Security und Medicare, den staatlichen Renten- und Gesundheitsprogrammen, werden gekürzt, obwohl sie ohnehin kaum ausreichen. Immer weniger Rentner haben ein sicheres Renteneinkommen, und müssen sich gegen Wucherzinsen Geld von skrupellosen Kredithaien leihen. Nach Angaben der New York Times verlangen Unternehmen die Rentenvorschüsse zahlen, Zinsen zwischen 27 und 106% pro Jahr. Auch die Zahl der älteren Arbeiter, welche sich trotz Strafgebühren von ihren Rentenkonten Geld leihen müssen, wuchs 2012 um ganze 28%, wie Wells Fargo bekannt gab.
Fast sechzehn Millionen Kinder, oder 22%, leben laut dem National Center for Children in Poverty in Familien, deren Einkommen unter-halb der staatlichen Armutsgrenze liegt. Letzten Monat veröffentlichte der Kinderfonds der Vereinten Nationen einen Bericht, laut dem die USA in einem Ranking der Kinderarmut in den Industrienationen auf Platz 26 von 29 liegen, hinter Griechenland und noch vor Litauen, Lettland und Rumänien. Hinzu kommen jährlich rund 1,3 Millionen High-School-Abbrecher, welche hauptsächlich aus armen Familien stammen, und somit jegliche Chance auf einen gut bezahlten Job verspielen. Nach Angaben der »Washington Post« verursacht die Kinderarmut in den USA jährliche Kosten von 500 Milliarden US-Dollar. Dabei beruft sich die renommierte Zeitung auf eine Studie des »Educational Testing Service«

 

Düstere Zukunftsaussichten

Wirtschaftsprofessoren wie Peter Morici von der University of Maryland kritisieren die aktuelle Entwicklung aufs Schärfste (siehe auch den interessanten Artikel bei Geolitico). Das billige Geld der FED und eine verfehlte Arbeitsmarktpolitik der US-Regierung werden sich nämlich fatal auf die zukünftige Entwicklung auswirken. Um die Jugendarbeitslosigkeit einzudämmen, sollen mehr Jugendliche die Colleges und Universitäten besuchen. Doch dafür müssen sie Studentenkredite aufnehmen. Kredite, die sie angesichts der weiterhin schlechten (und schlecht bezahlten) Jobaussichten kaum zurückzahlen können. Schon jetzt belaufen sich die Studentenkredite auf über 1 Billion Dollar. Tendenz stark steigend.

Die US-Bundesbehörden sind unfähig, das horrende Defizit auf Bundesebene zu reduzieren, einen nachhaltigen Haushalt zu verabschieden, und Konjunkturpläne aufzulegen. Egal ob Präsident, Kongress oder Zentralbank – die drei wichtigsten Institutionen des Bundes sind unfähig, wirksame und dauerhafte Entscheidungen zu treffen. Hierzu schrieb ich in meinem Buch:

Die Kombination von drei wesentlichen Faktoren könnte zudem dazu führen, dass in den nächsten Jahren noch mehr Menschen aus der Mittelschicht ins Prekariat abrutschen: 


Zum Ersten erzeugt die Idee der Amerikaner, dass das eigene Heim der Anker des Familienvermögens sei, einen überaus trügerischen Scheinwohlstand, solange die Immobilienpreise (wie in den Jahren vor der Finanzkrise) steigen. Doch wehe, wenn die Blase platzt: Allein im »verlorenen« Jahrzehnt schrumpfte das Medianvermögen pro Familie um 28% von 129.582 auf 93.150 Dollar. Ein Großteil dieser Vermögensreduktion ging auf den Wertverlust von Haus und Grund zurück.

Diese Situation verschärft das zweite hausgemachte Problem der amerikanischen Mittelschicht. Von 2000 bis 2010 stiegen die durchschnittlichen Kosten, um einen Studenten ein Jahr lang zu unterrichten und auf einem Universitätscampus unterzubringen, um 42%. Viele Familien müssen Hypotheken aufnehmen, um das bezahlen zu können. Sinkt der Wert von Grund und Boden, wird ein Studium für viele Familien nicht mehr finanzierbar.

Schlussendlich dreht die Politik die Schraube noch fester zu. Präsident Obama hat es im Ringen mit dem Kongress zugelassen, dass die Lohnsteuer heuer von 4,2 auf 6,2 Prozent steigt. Somit muss jeder Amerikaner, der brutto zwischen 75.000 und 100.000 Dollar pro Jahr verdient, rund 1200 Dollar mehr an Washington abliefern. 1200 Dollar: Das entspricht ziemlich genau einem Monat Studium an einer öffentlichen Hochschule. Damit wird mittelfristig auch die US-Akademikerquote deutlich sinken, was die Zukunftsaussichten deutlich eintrübt.

Fazit

Ohne umfassende und tiefgreifende Reformen werden die Vereinigten Staaten in spätestens 10 Jahren gesellschaftlich, wirtschaftlich und finanziell kollabieren. Ich bin fast geneigt zu sagen, dass die USA dann auf einer Stufe mit diversen Schwellenländern stehen könnten. Allerdings würde dieser rasche Niedergang der US-Wirtschaft auch zu einer desaströsen Weltwirtschaftskrise führen, welche angesichts der engen ökonomischen Verflechtungen zu weitaus heftigeren Auswirkungen führen wird, als jene der 1930er Jahre. Aber das, so scheint es, wollen weder die US-Amerikaner, noch deren Politiker wahr haben.


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