Eine Predigt im Bundestag – Die Politiker halten Maulaffen feil

Eine Predigt im Bundestag – Die Politiker halten Maulaffen feilWEIMAR. (fgw) Das hatte kei­ner erwar­tet! Keine welt­po­li­ti­sche Rede, eher eine Vorlesung in Schlafmittel-Rhetorik. Der Papst hat sie mal wie­der alle an der Nase her­um­ge­führt. Mit gros­sen Erwartungen waren sie gekom­men. Ohne neue Erkenntnisse schli­chen sie von dan­nen. Endlich alles vor­bei, schön artig, ohne wei­tere Vorfälle.

von Georg Korfmacher

Gleich zu Beginn – nach der arti­gen Begrüssung – rückte er seine Rolle zurecht: „Aber die Einladung zu die­ser Rede gilt mir als Papst, als Bischof von Rom, der die oberste Verantwortung für die katho­li­sche Christenheit trägt. Sie aner­ken­nen damit die Rolle, die dem Heiligen Stuhl als Partner inner­halb der Völker- und Staatengemeinschaft zukommt.”

Das hatte Herr Lammert sich aber ganz anders vor­ge­stellt. Jetzt stellt sich seine Einladung an ein Staatsoberhaupt als Anerkennung des Bischofs von Rom in sei­ner obers­ter Verantwortung für die katho­li­sche Christenheit dar. Wenn andere Religionsvertreter in ande­ren Parlamenten reden, schreien unsere Politiker Zeter und Mordio, nur bei uns hal­ten sie Maulaffen feil und Frau Nahles fin­det die Vorlesung gar „humor­voll”.

Dabei ist die Vorlesung in Berlin nur ein ver­track­tes Puzzle alter Ratzinger-Weisheiten von Anfang an und in alle Ewigkeit. Hier bemer­kens­wert die Simplifizierung unse­res Kultur- und Rechtssystems mit der Reduzierung auf jüdi­sches, grie­chi­sches und römi­sches Gedankengut. Das ist weni­ger als eine Halbwahrheit. Unser Recht heute basiert auf römi­schem Recht, in Ordnung, aber vor allem auf der zuerst in Frankreich for­mu­lier­ten und durch­ge­setz­ten Gewaltenteilung, auf den Ideen der Aufklärung, den in der fran­zö­si­schen Revolution gefor­der­ten Menschenrechten und dem Code Napoléon mit allen Weiterentwicklungen bis heute. Da hilft auch keine Verbrämung mit Salomon. Kant hat das schon viel bes­ser for­mu­liert. Aber wel­cher Politiker hat schon Kant gele­sen? Und das Zeugnis des Augustinus für die Rolle des Rechts im Staat ist auch ziem­lich dane­ben. Der hatte kur­zer­hand Militärhilfe des Kaisers ange­for­dert und genutzt, um sei­nen Bischofskollegen Donatus nie­der­zu­ma­chen. Dieser hatte sich näm­lich für Tagelöhner und Wanderarbeiter und gegen deren Ausbeutung ein­ge­setzt.

Und dann kommt es ganz dick, gera­dezu dreist – und kaum einer hat’s gemerkt. Scheinheilig ist er gegen alles, was wider die Natur des Menschen ist, und ver­steckt seine eigent­li­che Aussage hin­ter einem Lob für die deut­sche Ökolo­gie­be­we­gung. Grüne Begeisterung ver­ne­belt, was der Papst wirk­lich gesagt hat: Keine Homosexualität, keine Schwangerschaftskontrolle oder gar -abbruch, keine PID. Damit dis­kri­mi­niert er aber alle Menschen, die selbst­be­stimmt und im Einklang mit unse­ren Gesetzen ihr Leben füh­ren. Eine sol­che Frechheit, vor­ge­tra­gen in unse­rem Parlament, darf sich Demokratie eigent­lich nicht gefal­len las­sen.

Der Rest der Reise war Pastoral. Da hält sich ein Laizist dis­kret zurück und muckt nur auf, wenn der Circus Maximus des Pontifex Maximus aus öffent­li­chen Steuergeldern finan­ziert wird.

[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]

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