Ein wahrer Freund der Kunst

Ein wahrer Freund der Kunst

Joseph Goebbels (Quelle: Wikipedia)

Scheinwerfer durchforsten die Nacht. Die Schauspieler verharren. Der Propagandaminister habe sich angekündigt. Dieser Film muss gelingen. Sirenen zerbrechen alle Worte, die man nun fallen lässt. Zerbrochen liegen sie neben den Kunstscherben, die für die letzte Szene benötigt wurden. Nachdem der Alarm sich beruhigt, schließlich verebbt, treten die Schauspieler wieder zusammen. Dieser Film wird in Farbe getaucht, denn es müsse endlich Farbe in den trostlosen Alltag. Der Minister hat das angeordnet. An der Front sterben sie wie Fliegen, aber sie sind keine Fliegen, sondern frierende einsame Männer, die sich in ihre Betten und in ihre Häuser wünschen. Jeder stirbt inmitten einer schneeweißen Landschaft in seinen bunten Träumen. Den Minister interessieren diese Träume nicht. Er hat kaum Zeit zum Schlafen, wohl aber zum Verlieben. Und Schauspielerinnen, die ihm Liebe vorgaukeln können, gibt es noch genug. Der Minister hat ein Händchen für Filme, Frauen und den Durchhaltewillen. Der Held des neuen Films, blondgelockt und hünenhaft, trifft auf seine von einem Drachen entführte Herzensdame, ein vollbusiges Weib mit dem rechten Knochenbau. Ihr Becken schreit nach all den Kindern, die sie dem Volk und dem Boden noch schenken möchte. So will es der Minister. So will sie es, weil es der Minister möchte. Die Besetzungsliste erfüllte ihm diesen Wunsch. Man dreht bis in die frühen Morgenstunden. Während dieser Zeit brennen unzählige Leiber in den Lagern. Hier geht es um den Endsieg der Kunst, verkündet der Minister höchstselbst. Er steht plötzlich inmitten der Szene. Die Kamera bleibt nah am Geschehen. Der Minister bedankt sich bei den Schauspielern, die ihn mit einem leichten Lächeln bedenken. Sirenen heulen auf. Die nächste Angriffswelle. Der Minister ist vom Erdboden verschluckt. Er wartet die Bomben in einem Bunker ab. Die Flieger wischen den Drehort von der Landkarte. Der Minister ist wütend. Er wettert gegen den Feind, der, so der Minister, nun endgültig der Barbarei überführt sei. Noch im Untergrund gibt er Anweisungen für einen neuen Film. Hier ginge es um das Überleben der Herrenkunst, wütet seine sonst so charmante Stimme. Die Filmschaffenden kehren also zurück. Auf einem offenen Feld weit entfernt verrecken Tausende. Der Minister sieht es nicht, weil er nur an seinen visionären Blick glauben will. In den Lagern schinden sich Gerippe unter den Rufen der Aufseher. Den Minister interessiert das nicht. Ihm geht es nur um die Kunst, denn immerhin ist er ein wahrer und großer Freund der Kunst.



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