Arena Sports-Promotion und Prime Time Events & Entertainment hatten den Anspruch, mit ihrer Show „Back To Boxing“ Boxkämpfe mit Paarungen auf Augenhöhe zu zeigen. Das ist ihnen, zumindest was die Männerboxkämpfe angeht, nicht vollständig gelungen.
Im Vorfeld waren sich die meisten Experten am Ring einig, dass der Schwergewichtler Yakup Saglam (28 Kämpfe, 28 Siege, 24 durch KO) gegen Michael Wallisch (7 Kämpfe, 7 Siege, 4 durch KO) gewinnen würde und wenn es Wallisch wider Erwarten doch schaffen sollte, dann nur durch Boxen und nicht durch Fighten. Wallisch, der Schützling von Oktay Urkal, belehrte die Experten jedoch eines Besseren. Er gewann die Internationale Meisterschaft des BDB, indem er den Kampf annahm. Über weite Strecken erinnerte die Begegnung der Beiden an einen „Strong Man Contest“. Jeder wollte dem anderen beweisen, dass er der Härtere ist, dass er härter zuschlagen und besser Schläge wegstecken kann als der andere. Es war ein sehr unterhaltsamer Kampf und ich könnte mir vorstellen, dass eine Neuauflage auch wieder gut werden würde.
Auch die IBF East/West Europe Championship – das soll eine Europameisterschaft sein – im Halbschwergewicht überraschte mich. Ich hatte keinerlei Vorstellung davon, wie sich das Aufeinandertreffen von Mohammed Rasuli (20 Kämpfe, 13 Siege, 4 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO, 3 Unentschieden) und Varol Vekiloglu (19 Kämpfe, 16 Siege, 9 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) entwickeln würde. Daher war ich angenehm überrascht, einen erbittert geführten Kampf zu sehen, in dem sich die Kontrahenten nichts schenkten und der hin und her wogte. Gerade als ich dachte, Vekiloglu hätte den Kampf im Griff, bekam Rasuli den zweiten Atem. Und wiederum eine Runde später zeigte Vekiloglu seine physische Überlegenheit. Rasulis Trainer ließ seinen Schützling nicht mehr zur 7-ten Runde antreten.
Firat Arslan (36 Kämpfe, 30 Siege, 19 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) war kurzfristig auf die Fightcard gesetzt worden und man wollte ihm einen schnellen Sieg zukommen lassen. Mit Michal Bilak (35 Kämpfe, 19 Siege, 10 durch KO, 16 Niederlagen, 8 durch KO), der seine letzten 9 Kämpfe in Folge verloren hatte, hatte man den entsprechenden Gegner gefunden. Es schien mir aber fast so, als hätte der Ex-Weltmeister im Cruisergewicht, Arslan, Ringrost angesetzt. Er wirkte auf mich verhalten und nicht wirklich dominant. Gleichwohl nahm Bilak viele harte Treffer. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich den Ringrichter vom BDB Holger Wiemann aus Berlin loben, der Bilak genau zur richtigen Zeit in Runde 3 aus dem Kampf nahm – das war exzellent!
Wie Arslan war auch Selcuk Aydin (21 Kämpfe, 21 Sieg, 16 durch KO) kurzfristig zu seinem Kampf gekommen. Der amtierende Weltmeister der WBC im Weltergewicht hatte erwartungsgemäß keine Mühe mit Dzmitry Lubachkin (19 Kämpfe, 18 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Dass Lubachkin keine Chance haben würde, war von vornherein klar. Dass aber Aydin so stark sein würde, hat mich dann doch überrascht. Aydin gewann durch KO in Runde eins.
Eine weitere Überraschung erwartete die Schwergewichtshoffnung Erkan Teper (5 Kämpfe, 5 Siege, 3 durch KO). Er tat sich schwer gegen den Haudegen Robert Hawkins (40 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO, 17 Niederlagen, 3 durch KO). Zwar schlug er ihn in der zweiten und vierten Runde zu Boden, aber er schaffte es nicht, ihm den Rest zu geben. Teper zeigte gutes Boxen, gute Ansätze, aber er zeigte auch, dass er mit seinen 5 Kämpfen noch ein Frischling in der Schwergewichtsszene ist.
Der Schwergewichtler Ondrej Pala (31 Kämpfe, 29 Siege, 21 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) kämpfte gegen Oleksiy Mazykin (24 Kämpfe, 16 Siege, 3 durch KO, 6 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden). Er gewann durch TKO in Runde 7. Geplant war eine Neuauflage des guten Kampfes von vor eineinhalb Jahren (24.10.2009). Nun bin ich ja auch ein großer Freund von Rückkämpfen – auf diesen jedoch hätte ich gerne verzichtet, denn manchmal funktionieren Rückkämpfe einfach nicht. Die Boxer wissen zuviel voneinander, verfügen aber nicht über Mittel, grundlegend etwas anders zu machen als bei der Erstauflage. Gleichzeitig geben sie sich weniger Blößen. Das Resultat: Ein langweiliger Kampf. Und so war es leider auch hier.
Wie zu erwarten war Veranstaltung „Back To Boxing“ kein Event – und das war auch gut so. Bis auf die kurzfristig für den WM-Ausscheidungskampf ins Programm genommenen Kämpfe vom Firat Arslan und Selcuk Aydin waren die Paarungen durch die Bank weg gut und kamen dem Motto „Paarungen auf Augenhöhe“ sehr nahe. Ich wünsche mir mehr solcher Veranstaltungen und ich wünsche mir, dass auch die Event-Veranstalter sich mehr in diese Richtung bewegen. Dies würde dem Boxen gut tun.
© Uwe Betker