[Doppelrezension] You against me von Jenny Downham

[Doppelrezension] You against me von Jenny Downham

Do you want this to be a love story?

★★☆☆☆

Doppelrezension mit Carina. Zu ihrer Rezension geht es hier entlang >> KLICK <<

Mickey und Ellie lernen sich unter denkbar schlechtesten Bedingungen auf einer Party kennen. Einer Party für Ellies Bruder Tom, der von Mickeys Schwester Karyn beschuldigt wird, sie vergewaltigt zu haben und gerade erst aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Mickey ist nur dort, um sich in Namen seiner Schwester an Tom zu rächen und ist fest entschlossen, vor nichts zurückzuschrecken – bis er auf Ellie trifft. Es beginnt ein ewiges Hin und Her zwischen „Ich mag dich so sehr“ und „Wir dürfen das nicht.“

Am meisten hat mich an diesem Buch genervt, wie die Autorin den Leser förmlich dazu zwingen will, gewisse Personen zu hassen, während man mit anderen, die man tatsächlich unsympathisch findet, Mitleid haben soll. Auf mich wirkten somit sämtliche Personen künstlich und konstruiert und es war mir relativ schnell, relativ egal, was mit ihnen passiert.
Der arme Mickey, den die zahlreichen Ladies ja geradezu belästigen mit ihrer Anhänglichkeit. Die kleine, schüchterne Ellie, die den Mund nicht aufbekommt, da ihr tyrannischer Vater und die ebenso mäuschenhafte Mutter sie vollends einschüchtern. Dann natürlich noch Draufgänger Tom, der über die gesamte Länge des Buches nicht ein einziges Mal zu seiner Tat Wort ergreift, geschweige denn so etwas Ähnliches wie Reue zeigt. Von Mickeys sozial schwacher Familie möchte ich gar nicht erst beginnen, obwohl seine Schwester Karyn doch eigentlich der zentrale Punkt im Buch sein sollte.

Carina: Was die Personen angeht ging es mir ganz genauso. Sie wirkten einfach nicht wirklich echt, sondern alle durch und durch egoistisch und es gab nicht eine Person, die mir unter diesen Bedingungen leid getan hätte. Dass es sich die Geschichte allerdings nicht auf Karyn konzentriert war gerade das, was ich an der Geschichte so mochte, weil es mal  eine Sichtweise ist, an die man sonst so überhaupt nicht denkt.

Die verkriecht sich jedoch lieber zuhause, macht jedem und alles Vorwürfe, bis sie auf einmal alles vergessen zu haben scheint und wieder fröhlich durch die Gegend hopst. Mickeys Mutter ist der typische Rabenmutter-Sozialfall. Verschwindet tagelang, lässt ihre Kinder im Stich, taucht erst wieder auf wenn es richtig brenzlig wird und mutiert dann zur Supermutti des Jahres.

Nicht nur durch die Charaktere, sondern auch durch die Story an sich könnte dieses Buch nicht klischeebeladener sein. Mickey, der aus der Unterschicht kommt, jeden Penny zwei Mal umdrehen muss und trotzdem von einer großen Karriere als Koch träumt. Klingt wie ein Schicksal aus der Fernsehserie Jamie’s Kitchen. Ellie, die aus reichem Hause stammt und sich den Luxus leisten kann, von einem Kunststudium zu träumen. Schon nach wenigen Wochen wissen natürlich beide, dass es die große Liebe ist.

Carina: So schlimm kam mir das beim Lesen gar nicht vor. Okay, hier treffen schon diese zwei typischen Welten aufeinander, aber gerade das machte die ganze Sache mit der Anschuldigung für mich interessanter, weil das die Grundlage dafür war, dass man Karyns Anschuldigungen anzweifelt.

Diese beiden stehen im Fokus der Geschichte. Nur das sich ein Plot Element wie eine Vergewaltigung nur sehr schlecht in den Hintergrund drängen lässt. Weder von Tom noch von Karyn erfährt man etwas über jene Nacht, in der beide völlig betrunken waren. Man erfährt Details nur aus zweiter Hand von Ellie, die hin und wieder mal aufhört sich ihrer Melancholie zu aalen und genügend Rückgrat beweist, um die Story und somit die polizeilichen Ermittlungen voranzutreiben. In meinen Augen wäre es besser gewesen, das Buch aus der Sicht von Tom und/oder Karyn zu schreiben, auch in Bezug auf die Lovestory ihrer Geschwister.

Carina: Wie gesagt, ich mochte diese Sichtweise und da mich Tom und Karyn sowieso ziemlich wenig interessiert haben, hat es mir nicht wirklich was ausgemacht, zu erfahren, wie es so für sie ist/war.

Die Idee des Buches hätte funktionieren können, wenn die Autorin sich mehr getraut hätte. Getraut, von den ganzen Stereotypen abzuweichen und einfach ihre Story zu schreiben, in der sich die Charaktere im Idealfall ganz von selber entwickelt hätten. So wurden sie mit aller Macht in Schubladen gedrängt, was sie einfach nur unecht wirken lässt. Dem großen Showdown geht Jenny Downham am Ende gemächlich aus dem Weg, weshalb ich mich schlussendlich fragen musste: Wofür jetzt dieses ganze Drama? Keine der Figuren hat wirklich etwas dazugelernt. Am eigentlichen Punkt, wurde total vorbei erzählt.

Carina: Ich fand das Ende wiederrum total gut und fand sie hört genau am richtigen Punkt auf, weil die beiden eben genau da an diesem gewissen Punkt angekommen sind, nachdem man meiner Meinung nichts mehr hätte erzählen müssen, sondern sich so ein bisschen selbst denken kann, wie es weiter geht. Und gerade von Ellie würde ich behaupten, dass sie sich zum Ende hin doch irgendwie entwickelt hat, als sie endlich mal den Mund aufgemacht und sich gegen ihren Vater behauptet hat.

>>Spoiler<<

Karyn scheint ihre Pein von einem auf den anderen Moment vergessen zu haben, obwohl sich an ihrer Situation absolut nichts geändert hat. Tom zeigt kein bisschen Reue, er wird ja schließlich von seinem Vater darin bestärkt, nichts Falsches gemacht zu haben. Dieser Loyalitätskonflikt, in den Ellie gezwungen wird hat in meinen Augen von vorne bis hinten nicht funktioniert. Hätte sie Mickey nicht kennengelernt, wäre ihr Karyn herzlich egal und sie hätte weiterhin den Mund gehalten und ihren Bruder gedeckt. Was sagt mir, dass sie ihre Meinung nicht wieder ändert, wenn sie ihren Bruder tatsächlich vor Gericht schwer belasten muss? Aber mit dieser Tatsache wollte sich die Autorin wohl selbst nicht auseinandersetzen, sondern beendet ihr Buch lieber kurz und schmerzlos mit „Und wenn sie nicht gestorben sind…“

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