Die Zukunft des Internets – Teil 4

Wer bezahlt eigentlich das Internet? Wenn ich bei Amazon ein Buch bestelle…

…dann bezahle ich das Buch und nix für’s Internet. Wenn ich bei Google eine Suchanfrage starte, dann bezahle ich gar nichts. Obwohl diese Suchanfrage natürlich etwas kostete. Wenn ich auf Facebook hemmungslos Freundschaften schließe, dann zahle ich vielleicht Lehrgeld, aber nicht ans Internet. Amazon, Google und Facebook zahlen auch nicht für das Internet.

Richtig. Ich zahle etwas an meinen Provider. Eine Flatrate für unbegrenztes Surfen. In meinem Fall 29 Euro. Bezahlt mein Provider davon das Internet? Offensichtlich, denn es funktioniert. Ja, sagen die Provider, das Geld reicht gerade aus für das Internet von heute. Ees reicht aber auf keinen Fall für das Internet der Zukunft. Die großen Provider rechnen glaubwürdig vor, dass beim flächendeckenden Ausbau eines breitbandigen Internets unter den gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen die Investition gewaltig, der Return on Investment aber nicht in Sicht ist. Tatsächlich sind die Kosten für Telekommunikation dramatischer gesunken als alle anderen Kosten. Wenn ein dreiminütiges Telefongespräch von London nach New York früher 100 Dollar gekostet hat, so kostet es heute sechs Cent (Quelle: BPB).

Die signifikante Verbesserung der Kommunikationsqualität bei gleichzeitiger gewaltiger Verminderung der Kommunikationskosten, das ist die Basis für eine Ökonomie mit neuen Gesetzen,  die Internet Ökonomie. Die Logik dieser Internet Ökonomie geht ungefähr so: Das Internet senkt Markteintrittsbarrieren deutlich, zugleich verkürzt die Disintermediation sowohl Zeit als auch Kosten bei Akquisition und Distribution, die Grenzkosten für die Ausweitung des Internet-Geschäftes gehen gegen Null und der Longtail Effekt des Internets gibt meinem Geschäft einen langen Atem. Erwähnen wir jetzt noch das Follow-the-free Prinzip, dann haben wir fast allen wesentlichen Schlagworten der Internet Ökonomie zur Erwähnung verholfen. Interessant dabei ist, dass alle diese Effekte der Internet Ökonomie die Neutralität des Netzes voraussetzen, also die Gleichbehandlung aller Datenpakete im Netz.

Man sieht allerdings auch sofort, dass die Internet Ökonomie die Ökonomie im und mittels des Internets beschreibt, das Internet selbst wird als gegeben angesehen. Dabei ist das Netz natürlich ebenfalls eine marktwirtschaftliche Veranstaltung. Wobei die Metapher des Marktes zwar häufig bemüht wird, aber nicht wirklich passend ist. Oder kennt jemand einen Markt, auf dem manche Verkäufer alles umsonst anbieten? Und Käufer zugleich Verkäufer sind. Und umgekehrt? “Die Analyse zweiseitiger Märkte ist ein relativ junges Feld der Wirtschaftswissenschaften, das aus Untersuchungen zum Henne-Ei-Problem hervorging, also Situationen, in denen eine Seite ihr Verhalten, wie zum Beispiel eine Kauf- oder Beitrittsentscheidung, vom Verhalten einer anderen abhängig macht.” (Richard Sietmann)

“Nach allem, was bereits über zweiseitige Märkte bekannt ist, erscheint die Vorstellung, die Kunden würden die Netzbetreiber, oder diese sich gegenseitig, so in Schach halten, dass sich keiner den Abschied von der Netzneutralität leisten kann, bestenfalls naiv. Doch an die Stelle einer Klärung, wie zu verhindern wäre, dass die Konnektivität der Internetnutzer zum Spielball strategischer Geschäftsinteressen wird, setzen die Verantwortlichen in Berlin und Brüssel mit dem Beschwören von Wettbewerb, Transparenz und Wechselwilligkeit nur auf Leerformeln.” (noch einmal Sietmann)

Wenn man jetzt die einzelnen Aspekte der Zukunft des Internets – technisch, politisch, ökonomisch -  zusammenbringt, so kann man das nur als Dilemma beschreiben (eigentlich eher ein Tetralemma):

Technisch ist es heute möglich, unterschiedliche Datenpakete im Internet unterschiedlich zu behandeln, sogar wenn sie verschlüsselt sind. Ökonomisch ist es nötig, unterschiedliche Datenpakete unterschiedlich zu behandeln, weil sonst die Sache mit dem Return on Investment in die Zukunft des Internets nicht funktioniert (natürlich fordern die Provider nicht die Diskriminierung von Datenpaketen, sondern die Privilegierung – was nur anders klingt aber nichts Anderes ist). Politisch ist die technische und ökonomische Diskriminierung im Internet nicht gewollt, von wegen Grundrecht und so, und, hier schließt sich der Kreis, weil sonst auch die Ökonomie im Internet nicht mehr funktioniert. Wenn aber die Diskriminierung von Datenpaketen politisch verhindert wird (Netzneutralität!), ist die technische und ökonomische Zukunft des Internets in Gefahr.

Dieses Dilemma kann ja wohl nicht der Schluss der Serie über die Zukunft des Internets sein – oder? Und der Weisheit letzter Schluss schon gleich gar nicht! Darum geht’s auch weiter!

Mehr lesen:

Die Zukunft des Internets – Teil 1

Die Zukunft des Internets – Teil 2

Die Zukunft des Internets – Teil 3


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