Die Zeitdiebe - carpe diem

Gut 3 Minuten Sendezeit liegen vor mir, die für einen geistlichen Impuls zur Nacht zu Verfügung stehen. Ein geistliches Betthupferl.Stille als Impuls eignet sich eher für Exerzitien im Kloster als im Radio. 3 Minuten Sendepause im Radio ist nicht machbar. Man stelle sich nur die vielen besorgten Anrufe der Zuhörer und –hörerinnen vor, die sich mit den unterschiedlichsten Anfragen an den Sender wenden. Ist mein Radio defekt? Gibt es eine neue Sendefrequenz? Gibt es eine technische Panne? Und derlei Frage gibt es vielerlei.Die nächsten drei Minuten einfach Stille halten, weil mir kein guter Gedanke kommt, ist im Radio nicht umsetzbar. 3 Minuten Sendzeit zu füllen, ist doch kein Problem, sagen die einen. Irgendetwas ist schnell dahingesagt. Ein paar schöne geistliche Worte, nett umkleidet, in die länge gezogen und ein paar Mal gewendet … und fertig. Wer hört denn noch um 22 Uhr genau zu?Die anderen sind der Meinung, irgendetwas nur daher sagen ist zu Schade für die Sendezeit. Das erleben wir den Tag über in vielen Situationen. Nicht nur in den Medien, auch am Gartenzaun mit den Nachbarn, wenn wieder über irgendwelche Tratschgeschichten neue und/oder uralte Erkenntnisse gezogen werden. Oder der Zeitkiller Internet, der kostbare Zeit stehlen kann. Der Umgang mit der Zeit. Kein neues Problem. Zu allen Zeiten gab es Zeitdiebe, um von ernsthaften Dingen abzulenken. Oberflächliche Theateraufführungen im antiken Griechenland, Brot und Spiele im Kolosseum zu Rom, umherziehende Gaukler in der frühen Neuzeit oder die Medienmaschinerie der Heutzeit. Die Zeit totschlagen mit nichtigen Dingen ist in jeder Generation eine Gefahr.Carpe diem – ein geflügeltes Wort, das ziemlich bekannt sein dürfte. Carpe diem – genieße/ pflücke den Tag. Diese zwei Worte haben keinen christlichen Hintergrund. Sie sind geprägt von dem römischen Dichter Horaz, der von 65 – 8 vor Christus gelebt hat. In einem Gedicht ist diese Aussage die Aufforderung, bei unserer kurz bemessenen Lebenszeit, den heutigen Tag zu nutzen und nicht auf den nächsten Tag zu vertrauen. Im Barock, etwa von 1575 – 1770, bekam das „carpe diem“ eine besondere Bedeutung. Die Erfahrungen des dreißigjährigen Krieges wurden von den damaligen Menschen durch ein Vergänglichkeitsgefühl verarbeitet. Wenn alles so vergänglich ist, dann scheint alles Tun doch sinnlos zu sein. Kohelet läßt grüßen: Windhauch, Windhauch, alles ist Windhauch. Damit kam die Haltung auf, auch Vergnügungen zu zulassen. Das Barock ist geprägt von einer Sinnlichkeit, Verspieltheit, der Verwischung von Grenzen einzelner Kunstgattungen. Beim Betreten barocker Kirchen verwischt die Zeitgrenze diesseits und jenseits, der Erde und des Himmels, hier und dort. Es öffnet sich ein Fenster in eine lebendige Glaubenswelt. Ein Blick in den Himmel wird versucht.Carpe diem – für uns heutige Menschen eine ganz neue Herausforderung, in einer Zeit, die im diesseits lebt und das Jenseits leugnet. Mit einem „Genieße den Tag“ wird versucht, uns durch viele Zeitdiebe zu betäuben, damit der Blick auf die Ewigkeit nicht zum Nachdenken und Umkehren anregen kann. Ein Ausspruch Thomas von Aquins bekommt heute eine neue Aktualität: „Das Leben ist zu kurz, um nicht aus dem Glauben zu leben.“
Carpe diem! Oder zu dieser Stunde besser: Carpe noctem – genieße die Nacht. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch eine erholsame Nacht.

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