Die überintegriert-englische Zeyneb

Die überintegriert-englische Zeyneb

How can I help you, sir?

So lautet die Frage, als ich eines schönen sonnigen Nachmittags meinen Englischkurs betrete. In der Zeit würde ich lieber andere Sachen tun, doch das Geld, das ich dafür ausgegeben habe, verbietet mir, mich woanders zu vergnügen.

Hier wird nur Englisch gesprochen. Deutsch – ist tabu. Also wenn es in Deutschland einen Ort gibt, wo das Sprechen einer Fremdsprache verbieten werden sollte, ist dies der richtige. Da ich in dem Augenblick auch nicht wirklich gut gelaunt bin, erlaube ich mir die Qual nicht und antworte auf deutsch: „Ich hab eine reservierte Unterrichtsstunde.

„Hey, just because I´m speaking german with our guests does not mean that you are allowed to speak german, too!“ … Das Namensschild der Mitarbeiterin verrät mir, dass sie Türkin ist. „Zeyneb“ soll sie heißen. Ich bin genervt. Ausgerechnet die überintegrierte Türkin verbietet mir, deutsch zu reden. Ich antworte: „Ok Zeyneb abla, are you turkish actually?“ – „Ehm – yes??“ „So why don´t we just speak turkish together.“ „No! I will speak English. And if you  don´t, I won´t respond.“

Ich will schon gar nicht sagen, wie ich mich in der Situation gefühlt habe. Wut, Depression, Inakzeptanz… Meine endgültige Antwort lautete: Ich werde nicht Englisch reden. Wir sind hier in Deutschland, und hier wird Deutsch gesprochen!!!“

Also was denn nun? Deutsch, Englisch oder türkisch? Wir waren in einer Zwickmühle. Für mich war klar: Ich würde den ganzen Tag deutsch reden. Egal wem ich begegnen würde, an dem Tag würde ich quasi Deutsch-Fanatiker werden. Ich verbot meinen Freunden mit mir türkisch zu reden. Ich sagte zu meiner Mutter nicht mehr „Anne“ sondern „Mutti.“ Und wenn ich verheiratet wäre, würde ich sogar meine Frau an dem Tag nicht mehr anschreien, sondern würde sagen: „Was ist Schnuckiputz?“…

Also Spaß beiseite. Es stimmt, dass Sprachen wichtig sind. Und ja es stimmt, dass besonders die Sprachen wichtig sind, bei denen die zugehörigen Nationen wirtschaftliche und politische Macht besitzen. Dies ist – leider – Tatsache und diese Tatsache hat sich durch die ganze Geschichte gezogen. In der Türkei wurde Jahrzehnte lang die kurdische Sprache verboten. Arabisch wurde verboten. Und ja, sogar der Gebetsruf wurde auf türkisch praktiziert. Sprache war Macht. Und heute wird den türkischen Schülern in der Schule die türkische Sprache verboten… Ein Abbild der Vergangenheit, die Praxis ist dieselbe, das Bild ist jedoch anders: Heute wird es im Namen der Demokratie vollzogen.

Lasset die Türken ruhig türkisch reden, die Libanesen und Marokkaner arabisch, die Russen russisch, und die Polen polnisch! Dadurch wird das Erlernen der deutschen Sprache nicht erschwert, sondern ganz im Gegenteil: es wird vereinfacht. Ich rede – dank der netten Erziehung meiner Eltern – überflüssig zu sagen, fließend und perfekt türkisch. Und … deutsch. Ich rede auch ungern türkisch, wenn neben mir ein deutscher Freund ist; aus Höflichkeit. Aber das Verbieten einer Sprache, egal wo, sei es in der Schule oder einer anderen staatlichen Einrichtung, hat mit Bildungs- und Sprachförderung nichts zu tun.

Ach eines noch: Ich habe nicht nachgelassen und Zeyneb dazu überredet DEUTSCH zu reden.


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