Die Selbstschutzrhetorik von Brad Warner und dem Zenmonki (103 kg)

Auf der Antaiji-Webseite habe ich mir in den letzten Jahren ab und zu einen Clip vom Zenmonki angesehen, der offensichtlich mal dort Zazen gemacht hat, als Spezialist für Akupunktur und Familientherapie in Australien praktiziert (und von seinem Arbeitgeber seltsamerweise unter seinem Mönchsnamen Dr. Seikan Čech vorgestellt wird), mit einem Zendôjô in Melbourne verbunden ist und seit einiger Zeit wohl intensiv die Welt bereist und an unterschiedlichen Orten Zazen macht. Eine kleine Spitze gegen diese Art Showsitzen, die er gern auch an ästhetisch ansprechenden Orten betreibt und filmisch ganz gut aufbereitet, hab ich mir im Blog schon einmal erlaubt. Nun stieß ich auf sein Youtube-Konto, schaute mir fünf weitere Clips an, die interessant zu sein schienen, und habe dann bei vier davon kritische Kommentare hinterlassen. Zenmonkis Reaktion darauf macht vielleicht klar, was schief laufen kann, wenn man es mit dem Zazen übertreibt. "bel", der sich auch "Reiner Bilsing" nennt, schrieb im Forum Buddhaland am 14. Juli Folgendes zum Zenmonki (und sprach dabei m. E. auch über sich selbst): "Es war ganz sicher seine Intention, wie toll er Zazen sitzen kann, und ein anderer nicht und was das "bringt"."    In einem der Clips trinkt Zenmonki Urin und empfiehlt dies anderen. Meine Geschichte, wie ich durch öffentliches Trinken von Urin (aus einem Bierglas, dessen alkoholischen Inhalt ich zuvor getrunken hatte) einen Freund von seinem Fetisch des Anpissenlassens heilen wollte, könnt ihr im Kommentar lesen. Daneben habe ich auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse verwiesen. Schon stärker brachte mich sein Gehampel im nächsten Clip auf, wo er gerade eine Zahnarztpraxis besucht und sich ohne Betäubung eine Füllung hatte machen lassen. Ohne dass wir Genaueres zum Schaden seines Zahnes zu hören bekamen, überschrieb er das Ganze mit "Schmerz muss nicht wehtun", weder chronischer noch akuter. Ich will hier vorausschicken, dass ich mit Akupunktur Erfahrungen machte und die Ergebnisse deutscher Krankenkassen unterstütze, dass es in den meisten Fällen egal ist, wo man hinsticht, es also bestenfalls um Placebo-Effekte geht (oder eben nur um seltene Einzelfälle, die z. B. bei Migräne profitieren, oder dem, was sie dafür halten). Deshalb funktionierte die Akupunktur bei mir auch nicht.    Bezeichnend sind hier Zenmonkis Antworten. Obwohl der Clip wie eine kleine Prahlerei wirkt (Seht her, ich kann das Bohren ohne Spritze aushalten!) wirft er mir gleich vor, ich wolle wohl in einen Wettstreit treten. Was er mir dann rät - meine Meinung als "personal model" zu erkennen -, hätte er mal lieber selbst besser herausgearbeitet. Das Problem ist nämlich, dass er in Robe diese Sachen von sich gibt und damit einen anderen Autoritätsanspruch vorgibt oder beansprucht als ich. Das halte ich für hinterhältig. Es ist einer der Gründe, warum ich der Robe so skeptisch gegenüber stehe. Den Zuschauern fällt es womöglich schwerer zu erkennen, was der Zenmonki ihm da eigentlich auftischt.   Dann schlug es dem Fass den Boden aus, als Zenmonki sich zu Lob und Tadel von Barack Obama bemüßigt fühlte, aber auch zum Sprechen mit den eigenen Krebszellen riet. Ich konnte es nicht fassen, dass all seine Jahre in Zazen und ein gewisser Einfluss, der von einem eher bodenständigen Kodo Sawaki zumindest indirekt hätte ausgehen können, ihn nicht nur zu seiner Zurschaustellung des Zazen brachte, sondern auch noch zu esoterischen Anleihen wie bei dem von ihm erwähnten Lipton. Zenmonkis Antwort: Ob ich eine Referenzfigur bräuchte (nein, aber einer in Robe schon, sonst sollte er sie ausziehen, denn die Robe gibt's nur über Referenz), ob ich in einem Raum ohne Zentrum existieren könne (fragt er mich, wo er so ein Gedöns um sein Sitzen macht). Wenn es um medizinische Erkenntnisse geht, habe ich jedenfalls eine Allergie gegen Zen-Heilschwafler, die in anderen Bereichen amüsant sein mögen.
Eine ähnliche Rhetorik benutzte zuletzt auch wieder Brad Warner, aber einen eigenen Beitrag erspare ich mir diesmal. Hier könnte man ihn selbst zitieren: "Indem man eine Handlung jeden Tag wiederholt, verändert man sich auf subtile Weise." Deshalb hat Brad wohl zuletzt auch die Kommentarfunktion lahmgelegt.    In Beiträgen zur Frage, ob Zazen einen moralisch vervollkommnen könne und wie jeder eine Meinung zum Tod des Gorillas Harambe hätte, verfällt er nämlich in den gleichen Zen-Duktus wie der Zenmonki. Gebote würden dann erfüllt, wenn man Zazen macht (also nicht durch aktives Tun, weshalb ihm zu Harambe auch nicht viel einfällt), man würde durch Zazen zu einer Person, die die Gebote nicht brechen könne. Und vor allem meint er: "Es sind deine Gebote." Womit er sich grundlegend täuscht, denn man muss nicht alles annehmen, was andere toll finden. Aus diesem Grund macht es auch Sinn, diejenigen, die solche Gebote zu ihren machten, daraufhin anzuschauen. Mit dem Hinweis, dass es doch "ihre" Gebote (die der anderen) seien ("they only ever apply to you, never to other people") will sich Brad genauso vor Kritik schützen wie der Zenmonki, wenn der die eigenen verengten Blickwinkel auf andere ausdehnt ("eng" ist für ihn offenbar, wenn man nicht seinen Urin trinkt oder mit seinen Krebszellen zu reden bereit ist, während für mich eine Verengung des Denkens eintritt, sobald man nicht mehr mit klarem Kopf medizinische Präferenzen abwägen kann). Eine bestimmte Zenrhetorik dient hier Brad und Seikan dazu, sich nicht mehr dem eigenen Tun kritisch stellen zu müssen. Deshalb sollte man nochmal über die Frage nachdenken, die Brad stellt: "Was wäre denn aus all diesen Spinnern wohl geworden, wenn sie kein Zazen gemacht hätten?" 
  

wallpaper-1019588
[Comic] Seven Sons
wallpaper-1019588
Momentary Lily: Original-Anime angekündigt
wallpaper-1019588
LUCK LIFE: Band feiert Europapremiere auf der Connichi
wallpaper-1019588
Wind Breaker: Deutscher Simuldub bei Crunchyroll gestartet