Das erste Mal sah ich ein Werk von Ralph McQuarrie auf dem Cover des Buches “Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker” (Splinter of The Mind’s Eye) im April 1984. Damals hatte ich keine Ahnung wer der Mann war, noch was er bisher schon für Star Wars geleistet hatte.
Mein Vorstellung wie ein Science Fiction Film entstand war damals ungefähr so, dass es jemanden gab, der ein Drehbuch schrieb, ein paar Schauspieler, die das was in dem Drehbuch stand lasen und auswendig lernten und dann gab es scheinbar eine größere Gruppe von Menschen, die für die Spezialeffekte zuständig waren und das Ganze auf wundersame Weise real aussehen ließen. Ach ja, und dann gab es da noch den Regisseur, der was-weis-ich machte, jedenfalls stand sein Name immer am Ende des Vorspanns (SW Filme einmal ausgenommen).
Es dauerte einige Zeit bis ich erfuhr, dass es zwischen den Ideen, die der Drehbuchschreiber zu Papier brachte und der größeren Gruppe von Menschen, die die Spezialeffekte erzeugten noch jemanden gab, der das was sich der Drehbuchschreiber ausgedacht hatte und das was die Spezialeffekt-Leute letztlich bauen und umsetzen sollten irgendwie visualisieren musste. Und diesen Personen hat man die Rolle des Concept Artists verpasst und im Fall der OT war einer der zentralen Personen, der diese Rolle innehatte eben Ralph McQuarrie.
Auch wenn viele sein Werk heute primär mit den Episode IV, V und VI in Verbindung bringen war sein Schaffensbereich wesentlich weiter gefächtert als nur in der weit, weit entfernten Galaxis (so zeichnete er beispielsweise auch für “Indian Jones”, “Kampfstern Galactica”, “Star Trek”, Zurück in die Zukunft” oder “Cocoon”, was ihm 1985 einen Oscar einbrachte) . McQuarrie begann seine Arbeit jedoch in “unserer” Welt, indem er für die NASA arbeitete und später auch für Boing. George Lucas wurde auf den Mann aus Gary, Indiana aufmerksam nachdem er sich bei Universal (und ich glaube auch bei Paramount) eine Abfuhr zu seinem Script zu “The Star Wars” geholt hatte, weil sich die Studiobosse einfach nicht vorstellen konnten wie Dinge wie ein Todesstern, ein TIE-Fighter oder ein X-Flügler aussehen mochten. MQ hatte Anfang der 70er Jahre Konzeptzeichnungen für einen SF-Film namens “Star Dancing” gemacht, der jedoch nie realisiert wurde und als George diese Bilder sah waren sie quasi das “Bewerbungsschreiben” von McQuarrie für seine Mitarbeit an ANH (auch wenn es damals noch nicht so hieß).
Da ich selbst über keinerlei zeichnerisches Talent verfüge, bewundere ich Leute umso mehr, die ein schieres Übermaß davon besitzen, noch dazu wo die gestellte Aufgabe ja alles andere als leicht war. Denn es war nicht so, dass GL zu RMQ sagte: “Zeichne eine Alm mit einer Hütte und einer Kuh davor!” Was Lucas wollte war die Visualisierung von Dingen, die die Welt bisher noch nicht gesehen hatte: eine Raumstation so groß wie ein kleiner Mond, einen Mann mit einem schwarzen Helm und einer Maske mit Atemgitter vor dem Gesicht oder ein großes behaartes Wesen, das eine Mischung aus Affe und Hund war. Was MQ jedoch sicher entgegen kam war, dass Lucas selbst eine recht gute Vorstellung davon hatte wie die Dinge, über die er schrieb aussehen sollten und er konnte sie wenigstens skizzieren, wenn auch nicht vollständig abbilden. McQuarrie konnte dies und er beschränkte sich nicht nur darauf, das was GL ihm “diktierte” zu visualisieren, sondern er brachte auch unzählige eigene Ideen in seine Bilder ein, viele (wenn auch nicht alle davon) finden sich praktisch 1:1 in den fertigen Filmen, Dies ging so weit, dass RMQ bestimmte technische Elemente in seine Zeichnungen integrierte, nicht weil sie gut aussahen, sondern weil sie für ihn für das Funktionieren dessen was er hier zeichnete erforderlich waren. Und auch als der Film bereits gedreht wurde bzw. bereits in der Post-Production war arbeitete McQuarrie noch an sog. Mate-Paintings, die beispielsweise als Hintergrund für eine Szene verwendet wurden, um etwa eine bestimmte Landschaft darzustellen oder zu zeigen wie der vierte Mond von Yavin vom Weltraum aus betrachtet aussah.
Wer mehr über die Zusammenarbeit zwischen Lucas und McQuarrie erfahren will dem seien J. W. Rinzlers “Making of” Bücher zu ANH, ESB (und im kommenden Jahr wohl auch zu ROTJ) sehr ans Herz gelegt, die nicht nur tiefe Einsichten in die Entstehungsgeschichte vieler Orte und Wesen aus dem SW Universum erlauben, sondern auch unzählige Bilder und Skizzen von ihm enthalten.
RMQ erkrankte vor mehr als 20 Jahren an Parkinson, was nicht nur seiner beruflichen Laufbahn ein Ende setzte sondern auch seine Mitarbeit an der Prequel Trilogie unmöglich machte, so sehr ihn Lucas und Rick McCullum auch beknieten. Trotzdem drückte der Mann den Episoden I bis III in gewissen Sinne noch seinen Stempel auf, indem er quasi seine “Nachfolger” als Concept Artists für die PT persönlich auswählte.
Darüber hinaus änderte sein Rückzug auch nichts daran, dass selbst heute noch immer wieder Entwürfe zu Planeten, Gebäuden oder Kreaturen, manche schon mehr als 30 Jahre alt (die Entwürfe – nicht die Kreaturen) in die Clone Wars Serie integriert werden.
Diejenigen, die ihn persönlich kannten bezeichneten ihn immer als einen sehr freundlichen, offen und bescheidenen Menschen. Dies passt gut zu den immer wieder erzählten Geschichten, in denen Familienmitglieder und Freunde irgendwelche Möbel im McQuarries Haus verrückten und hinter Kästen und Regalen, unter Bänken und Sofas Skizzen oder fertige Bilder entdeckten, die dort vermutlich seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten lagen und die möglicherweise außer ihrem Schöpfer selbst noch nie jemand gesehen hatte. Ralphs Reaktion war dann meistens ein leicht gelangweiltes: “Ach da ist das, das hatte ich schon ganz vergessen. Das kann man wegwerfen.” Auch wenn dies vielleicht so klingt, als würde ihm seine Arbeit nichts bedeuten, so ist es doch nur der Einschätzung von jemandem, der in der Hochblüte seiner schöpferischen Tätigkeiten vermutlich dutzende Skizzen und Entwürfe pro Tag erstellt und für ein fertiges Bild nur wenige Tage gebraucht hat. Alles was vor dem fertigen Gemälde entstand war für RMQ nur eine unbedeutende Zwischenstation und seine Meinung war, dass das für andere wohl auch so sein sollte. Was es jedoch nicht war.
Ich besitze sehr wenig Kunstverständnis. Mein Zugang zu Bildern lässt sich am ehesten mit dem Cartoon vergleichen, in dem ein kleiner Junge vor dem Bild einer jungen Frau im Bikini steht. Die Bildunterschrift lautet: Ich verstehe nicht viel von Kunst, aber ich weis was mir gefällt!
Und so geht es mir, wenn ich Bilder, Skizzen und Entwürfe von Ralph McQuarrie betrachte. Sie gefallen mir!
Ruhe in Frieden, RMQ!