DAS LEBEN GILT NICHTS, WO DIE FREIHEIT FÄLLT
(Theodor Körner)
Zwei Tage war es inzwischen her, seit Martin und Holger aus dem knapp zweihundert Kilometer entfernten Dresden nach Berlin gekommen waren. Zwei Tage, an denen sich die beiden jungen Männer, abgesehen von einem kurzem Frühstück, das in der Regel genau wie ihr Mittagessen aus einer Bockwurst bestand mit nichts anderem beschäftigten, als auf der Jannowitzbrücke herum zu stehen und den Verkehr der Binnenschiffe zu beobachten, die täglich die Spree hinauf und hinunter fuhren.
Ein Bild, das für den einen oder anderen Touristen eine Attraktion dargestellt haben mag. Jedoch nicht für Martin und Holger. Für sie ging es weniger darum, wie imposant diese teilweise sehr langen Schiffe aussahen, sondern vielmehr darum, womit sie beladen waren und wie nah sie am Flussufer entlang fuhren. Zwei Details, die für die beiden, vor allem aber für Ihren Plan von höchster Wichtigkeit waren.
Denn Martin und Holger beabsichtigten mit Hilfe eines dieser Schiffe in den Westen zu fliehen. Und das schon in der kommenden Nacht. Eine Flucht, in der diese Binnenschiffe, vor allem die, die Kohle geladen hatten eine große Rolle spielten. Schiffe, die direkt unter der Jannowitzbrücke hindurch fuhren und auf die man, im Schutze der Dunkelheit durch einen Sprung gelangen und in deren Ladung man sich gut verstecken konnte.
Ein ausführbarer Plan. Lag doch das Ziel, dass sie versteckt in der vielen Kohle erreichen mussten nur ein paar wenige hundert Meter von ihrem Ausgangspunkt entfernt. Ein Stück Spreeufer, das direkt hinter der Schillingbrücke lag, das bereits zu Westberlin gehörte und das nur von einigen wenigen Grenzboten bewacht wurde. Bote, die zwar recht schnell waren, denen man aber, wenn man im richtigen Augenblick wieder von Bord sprang und ein guter und schneller Schwimmer war auf Grund der nun um einiges kürzer gewordenen Entfernung durchaus entkommen konnte.
*
Ja. Es hätte klappen können. Wenn nicht der Teufel, wie so oft im Detail stecken würde. Wenn nicht die Grenzorgane der DDR auf die Idee gekommen wären, genau diesen Schiffsverkehr bei Einbruch der Nacht einzustellen. Ein wichtiges Detail, das Martin und Holger, die ihrer Beobachtungen nur auf den Tag, nicht aber auf die Nacht konzentriert hatten entgangen war.
Der Grund dafür, warum ihr so lange gehegter Plan scheiterte, bevor er beginnen konnte und dafür, warum man die beiden jungen Männer noch in derselben Nacht, jedoch an einer ganz anderen Stelle wegen des Versuches nach Westberlin zu fliehen verhaftete.
**
Martin wurde damals, nachdem Holger den menschenverachtenden Verhören der Stasi unterlag und seinen Freund als Planer und Anführer bezichtigte zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Holger hingegen, der sich später vermutlich seiner falschen Aussagen wegen schämte, wurde eines Tages in der Zelle einer DDR Untersuchungshaftanstalt erhängt aufgefunden.
Diese Geschichte beruht auf eine wahre Begebenheit. Sie wurde mir im Sommer 1989 während eines Gefangenentransports von einem Mitgefangenen erzählt
(Theodor Körner)
Zwei Tage war es inzwischen her, seit Martin und Holger aus dem knapp zweihundert Kilometer entfernten Dresden nach Berlin gekommen waren. Zwei Tage, an denen sich die beiden jungen Männer, abgesehen von einem kurzem Frühstück, das in der Regel genau wie ihr Mittagessen aus einer Bockwurst bestand mit nichts anderem beschäftigten, als auf der Jannowitzbrücke herum zu stehen und den Verkehr der Binnenschiffe zu beobachten, die täglich die Spree hinauf und hinunter fuhren.
Ein Bild, das für den einen oder anderen Touristen eine Attraktion dargestellt haben mag. Jedoch nicht für Martin und Holger. Für sie ging es weniger darum, wie imposant diese teilweise sehr langen Schiffe aussahen, sondern vielmehr darum, womit sie beladen waren und wie nah sie am Flussufer entlang fuhren. Zwei Details, die für die beiden, vor allem aber für Ihren Plan von höchster Wichtigkeit waren.
Denn Martin und Holger beabsichtigten mit Hilfe eines dieser Schiffe in den Westen zu fliehen. Und das schon in der kommenden Nacht. Eine Flucht, in der diese Binnenschiffe, vor allem die, die Kohle geladen hatten eine große Rolle spielten. Schiffe, die direkt unter der Jannowitzbrücke hindurch fuhren und auf die man, im Schutze der Dunkelheit durch einen Sprung gelangen und in deren Ladung man sich gut verstecken konnte.
Ein ausführbarer Plan. Lag doch das Ziel, dass sie versteckt in der vielen Kohle erreichen mussten nur ein paar wenige hundert Meter von ihrem Ausgangspunkt entfernt. Ein Stück Spreeufer, das direkt hinter der Schillingbrücke lag, das bereits zu Westberlin gehörte und das nur von einigen wenigen Grenzboten bewacht wurde. Bote, die zwar recht schnell waren, denen man aber, wenn man im richtigen Augenblick wieder von Bord sprang und ein guter und schneller Schwimmer war auf Grund der nun um einiges kürzer gewordenen Entfernung durchaus entkommen konnte.
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Ja. Es hätte klappen können. Wenn nicht der Teufel, wie so oft im Detail stecken würde. Wenn nicht die Grenzorgane der DDR auf die Idee gekommen wären, genau diesen Schiffsverkehr bei Einbruch der Nacht einzustellen. Ein wichtiges Detail, das Martin und Holger, die ihrer Beobachtungen nur auf den Tag, nicht aber auf die Nacht konzentriert hatten entgangen war.
Der Grund dafür, warum ihr so lange gehegter Plan scheiterte, bevor er beginnen konnte und dafür, warum man die beiden jungen Männer noch in derselben Nacht, jedoch an einer ganz anderen Stelle wegen des Versuches nach Westberlin zu fliehen verhaftete.
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Martin wurde damals, nachdem Holger den menschenverachtenden Verhören der Stasi unterlag und seinen Freund als Planer und Anführer bezichtigte zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Holger hingegen, der sich später vermutlich seiner falschen Aussagen wegen schämte, wurde eines Tages in der Zelle einer DDR Untersuchungshaftanstalt erhängt aufgefunden.
Diese Geschichte beruht auf eine wahre Begebenheit. Sie wurde mir im Sommer 1989 während eines Gefangenentransports von einem Mitgefangenen erzählt