Das Paradies-Fragment

Das Paradies-Fragment

„Sie kommt aus dem Nichts, wenn ich sie nicht erwarte und sie bleibt nur eine Sekunde lang. Zuwenig Zeit um sie zu fassen.“ Ich spazierte mit Armin im Park hinter dem Sanatorium. Frischer Schnee schmolz von den Tannen, die Enten im Teich gründelten nach Essbarem, die Berge ringsum trugen Wolkenschleier.

„Auch die schnellste Frau kann nicht so rasch verschwinden, es sei denn, du begegnest ihr in deinen Träumen“, entgegnete ich.

Armin lachte. „Ich spreche von meiner Erinnerung, von einer besonderen Art der Erinnerung und nicht von einer Dame. Sie kommt nicht, wenn ich nach ihr rufe, sondern unvermittelt, und sie ist weder komplett noch begreifbar. Auf jeden Fall nicht mit dem Verstand.“

„Vielleicht eine Art Erinnerungssplitter? Ein Fragment, herausgebrochen aus einem längst vergessenen Ereignis? Doch was vermittelt sie dir?“

„Ein Gefühl, nur ein Gefühl, für einen winzigen Augenblick. Vielleicht nur das Echo eines Gefühls, das ich einmal gespürt oder gar gelebt habe. Es ist ein unheimlich gutes Gefühl. Alles stimmt, das Glück ist perfekt, ich fühle mich losgelöst und gleichzeitig wohl behütet.“

„Die Erinnerung an einen Drogentrip?“

Armin winkte ab. „Nein, sicher nicht. Erinnerungen an Drogen sind nie so gut. Sie haben immer einen bitteren Beigeschmack. Nein, dieses Gefühl, so kurz es auch ist, ist perfekt. Es ist…das Paradies.“

„Vielleicht ist es tatsächlich die Erinnerung an ein Paradies, das du verloren hast. Ich denke, jeder Mensch trägt tief in sich die Abdrücke von Paradies und Hölle. Oder es ist die Erinnerung an die Zeit im Mutterleib.“

„Ich weiß es nicht. Doch jedesmal versuche ich sie festzuhalten, und wenn sie geht, versuche ich ihr nachzueilen, auch in meinen Träumen. Doch vor dem Nichts machen alle Gedanken und Träume halt.“

Ein älterer Herr kam uns auf dem Kiesweg entgegen. Er blieb stehen, kramte etwas aus seiner Manteltasche und warf es den Enten zu. Es klatschte auf dem Wasser wie bei einer Handvoll Kieselsteine. Das waren keine Brotstücke.

„Gegen Depressionen“, erklärte Armin, „die Enten lieben diese Sorte.“

„Sind es deine Pillen, die dir diese Erinnerungssplitter schicken?“, fragte ich meinen Freund.

„Nein, das glaube ich nicht. Ich habe schon mit Alba darüber gesprochen und sie meint, dass die Erinnerungstücke aus meinen Träumen stammen. Ich solle sie sammeln und zusammensetzen zu einem ganzen Traum, meint sie.“ Armin kicherte.

Ich war erstaunt. Von Alba hatte ich noch nie gehört. „Wohnt sie auch im Sanatorium?“

Armin schüttelte den Kopf. „Nein, Alba ist eine Besucherin. Du kennst sie nicht, sie kommt von drüben.“

Drüben, das waren seine Träume. Ein Gespräch mit den eigenen Traumgestalten war eine gute Sache, wie ich aus Erfahrung wusste. Sie bringen einem auf neue Gedanken und zeigen oft alternative Wege auf. Vermutlich stammten auch Armins Erinnerungsfragmente, genauso wie Alba, aus seinen Träumen. Träume, die er schon längst vergessen hatte. Träume von einer besseren Zeit außerhalb des Sanatoriums. Alba hatte Recht: wenn er diese Träume wiederfinden würde, würde es ihm besser gehen und er könnte vielleicht das Sanatorium verlassen.

„Es sind Paradies-Fragmente“, sagte ich und wusste nicht woher diese Eingebung stammte. „Finde sie, sie sind ein Schlüssel zu deinem Lebensglück.“

Vielleicht hätte ich ihm noch sagen sollen, dass er die finsteren Splitter meiden solle, die in der Tiefe seiner Seele steckten. Paradies und die Hölle sind manchmal sehr nahe beieinander.

Ich wünsche euch eine interessante Woche voll guter Träume. Euer Traumperlentaucher



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