Christlich-jüdisch

Ich weiß noch, wie ich Bekanntschaft mit der jüdisch-christlichen Kultur machte. Streng genommen war das natürlich schon bei meiner Taufe, bei der ich mich überraschend still verhalten haben soll. Aber erinnern kann ich mich nicht mehr daran, es dürfte wohl daran gelegen haben, dass ich Wasser schon in diesem zahnlosen Stadium meines Lebens geliebt habe.

Nein, mein erster echter Kontakt mit unserer großen christlich-jüdischen Tradition war dann im Kindergarten. In einem evangelischen Kindergarten, um genau zu sein, in den man mich trotz Alternativen gesteckt hat, meine Eltern hatten immer ein Händchen für erzieherische Konsequenz. Sie waren in etwa so religiös wie unser Haushund, aber, so ließ mich meine Mutter später wissen, man habe mir die Entscheidung selbst überlassen wollen. Außerordentlich liberal, nicht wahr?

In diesem Kindergarten machte ich also meinen Erstkontakt mit Gott, beim Frühstück. Davor wurde nämlich gebetet. Ganz kurz, aber dennoch für jemanden, dem das Prinzip gänzlich unbekannt war, schrecklich verwirrend. Ich ließ mich also von meiner Kindergärtnerin aufklären: Da war jemand, der war überall gleichzeitig, und er führte Buch über die guten und schlechten Taten der Menschen und kümmerte sich gleichzeitig um sie. Ich habe ein bißchen diskutiert, weil ich das schon mit fünf recht unwahrscheinlich fand, also auf einem sehr niedrigen Level- wie soll'n das gehen, so in etwa, aber ich kannte das Prinzip ja schon, und außerdem war die Kindergärtnerin eine Erwachsene, mußte also theoretisch Bescheid wissen. Gott schien so etwas wie der Weihnachtsmann zu sein.

Es gab außerdem Hinweise auf eine direkte Verbindung zwischen Gott und dem Weihnachtsmann, und zwar zu, genau, Weihnachten. Es gab, wie ich dann aufgeklärt wurde, nämlich auch noch Jesus. Den hatten wir ans Kreuz gehängt, und deswegen feiern wir Ostern - ok, ja, das ist nicht die ganze Geschichte, aber so kam sie bei mir an.
Der Osterhase schien also auch zur Familie zu gehören. Von Gott und Jesus wußte ich ziemlich wenig, sie kamen mir auf Anhieb recht langweilig und streng vor, aber die Verwandtschaft mochte ich ganz gerne. Und außerdem wurde ich natürlich darüber informiert, dass fehlendes Beten und fehlende Respektbekunden ziemlich üble Folgen haben können: Die Hölle. Die Hölle ist wie gemacht für Kinderlegenden, und von anderen Kindern wurde ich dann auch darüber aufgeklärt. Fand ich recht überzeugend, sprich: Ich beschloß, meine Zweifel zur Seite zu legen und mitzuspielen. 6 Stunden lang.

Meine Eltern waren garnicht begeistert, als ich eines Abends vor dem Abendessen die Hände faltete und ein Tischgebet sprechen wollte. Vielleicht waren sie doch nicht so liberal, sondern einfach nur wie jedes andere Mitglied der Kleinstadthölle darauf bedacht, zu tun, was MAN halt so tut. Ich wurde in der kommenden Stunde darüber aufgeklärt, was für einen totalen Nonsens man mir da erzählt hätte, dass das alles wäre "wie ein Märchen" und überhaupt.
Diesem Schlachtfest fielen auch Weihnachtsmann und Osterhase zum Opfer. Und so nebenbei auch mein bis dato tadelloses Verhalten im Kindergarten - wenn Du von höchstrichterlicher, also elterlicher- Seite erklärt bekommst, Deine Respektsperson wäre eine "Spinnerin" und "alte Jungfrau", dann hat das Konsequenzen, vor allem, wenn das Kind dann loszieht und das weiterverbreitet (vor allem natürlich, um lästige Restzweifel an dieser "Hölle" bei sich selbst zu zerstreuen). Wie gut, dass es auch unter den anderen Kindern schon Gerüchte gab, dass es sich bei dem ganzen um einen faulen Zauber handele - ich nehme an, dass aus diesem "Jahrgang" nicht allzuviele überzeugte Protestanten hevorgegangen sind.

In die Kirche mußte ich übrigens trotzdem später, beim Konfirmationsunterricht. Immerhin gab das zum Schluß einen netten Haufen Kohle, und das erste Besäufnis für den männlichen Nachkommen, ach geheiligte ländliche Tradition;) Die Pointe ist übrigens, das ich auch heute noch in der Kirche bin, obwohl ich keine Gelegenheit auslasse, den Glauben an egal was als gefährliche Massenhalluzination zu schmähen. Die Gründe dafür sind ziemlich simpel - ein bißchen hat es was mit der an vielen Orten passierenden sozialen Arbeit zu tun, es ist so gesehen ein Wohltätigkeitsverein, den ich unterstütze. Aber es lohnt sich eben auch, dass irgendwo stehen zu haben. Manchen Job hätte ich sonst garnicht bekommen, zum Beispiel in einem Krankenhaus. Und damit dürfte ich zur größten Religionsgemeinschaft dieses Landes gehören: Denen, die's echt nur noch in ihrem Paß stehen haben.

Wobei: Allein in den letzten 15 Jahren sind mehr Leute in Deutschland aus der Kirche ausgetreten, als der Islam insgesamt aufbieten kann. Warum ich von denen übrigens nichts höre, also von Konfessionslosen, dass die auch zu Deutschland gehören, und wo die bleiben in dieser Debatte, die ja nun echt auf ihren "Glauben" spuckt, das war mal die ursprüngliche Frage, die ich mir gestellt habe, als ich mit dem Artikel begonnen habe.

Ich habe aber keine Ahnung;)

Kommen wir also zum Wetter.

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