Briefe an Unbekannt. Kapitel 4: In der Haut eines einsamen Wolfes

Was soll das alles? Hier ist Kapitel 1 samt Einleitung.
Kapitel 4 und mal wieder Azulea, die wir ja jetzt ein Kapitel  lang nicht ertragen mussten. Mich würde eure Meinung zu ihr interessieren. Ich persönlich muss ja sagen, dass sie dieses Mal im Gegensatz zu Kapitel 2 gar nicht so selbstgerecht und doch eben auf andere Art und Weise unsympathisch wirkt. So eine olle Drama Queen ...
<[email protected]> schrieb am 23:49 Uhr am 15. August 1998:
Liebe Sina,
Ich weiß ... ich sollte das nicht tun .... aber ich weiß halt, dass es niemanden außer dir gibt, der mich richtig verstehen kann und nachvollziehen kann, was in mir vorgeht. Du verstehst, wie sehr es wehtut, von diesem ollen emotionalen Seelenfresservampir Richie verletzt zu werden. Es kotzt mich so an, dass er mich emotional noch so fertig machen kann. Dass er so viel Macht über mich hat.
Vor einigen Tagen wollte ich einfach nur meine Sachen bei ihm abholen.
Wir haben schon vor einiger Zeit miteinander Schluss gemacht, also ist es wohl das Normalste der Welt, dass ich mein Zeug zurückhaben will, aber er will mich anscheinend nicht sehen.
So ein verdammt abgefuckter Psychosack.
Naja, egal.
Heute habe ich ihn über mein neues Handy angerufen und warm megaderbe angepisst ... du kannst dir ja auch vorstellen, dass ich frustriert war, dass er mal wieder einen auf Probleme ausblenden durch Ignoranz macht. Er war meine erste richtig große Liebe und nicht nur irgendsoein Fickfreund, der Idiot von der Stader Straße ... und er hat mich so krass enttäuscht wie sonst keiner in meinem Leben. Wer so dumm ist und sein Herz verschenkt, muss sich halt nicht wundern, wenn es ihm gebrochen wird.
Ich habe diesen Sommer in Bremen so geliebt ... aber es macht mich krank, nur an diesen Arsch zu denken. Er war nicht so wie bei dir der erste Typ, mit dem ich etwas hatte. Aber er hat mein Herz mit einer solchen Wucht gebrochen, dass aus dem Stück Kohle wohl ein Diamant geworden ist. Nun strahle und funkel ich heller als die Sonne und eines Tages wird er sich wünschen, dass er uns nicht so brutal hintergangen hätte. Ganz getreu "Zu spät" von den Ärzten. In 5 Jahren wird er irgendwo obdachlos oder in irgendeiner Wohnmaßnahme hocken, einsam und mit sich nichts anfangen zu wissen. Und ich bin dann eine Karrierefrau und verdiene im Jahr mehr als er in seinem ganzen Leben verdienen wird.
Es tut gut, all den Schmerz aus mir herauszuschreien.
Irgendwann ging er ans Telefon und es musste alles raus.
So brutal und direkt, wie es eben sein musste.
Ein Weckruf an sein aufgeblasenes Ego. Ich habe die Luft rausgelassen.
Er ist einfach ein widerlicher, kleiner Gnom, er verdient niemanden mehr und zum Glück will ihn auch keiner mehr.
Und er? Er war einfach nur ruhig. Er stimmt mir zu ...
Es war wirklich total seltsam, irgendwie gruselig. Normalerweise rastet er doch total aus, würde schreien, mitten im Satz aus dem Raum rausrennen und für Stunden, Tage, Wochen verschwinden ohne jedes Lebenszeichen. Oder er würde Dinge kaputtschmeißen, Löcher in die Wand hauen oder mich wegstoßen?
Was ist also nun anders? Ist er tatsächlich jetzt doch ein anderer Mensch? So oder so: Er ist nicht mehr mein Problem. Eigentlich war er auch nie mein Problem. Oder präziser formuliert: Er war nur mein Problem, weil ich es zugelassen habe.
Und trotzdem: Ich fühle diesen Schmerz, dieses erneut erschütterte Urvertrauen, diese fehlende innere Bindung.
Das ist sein Schmerz, nicht meiner.
Warum? Ist das wieder nur eine gut gespielte Rolle? Wann sind seine Gefühle jemals echt gewesen?
Ich hasse ihn.
So sehr.
Er hat mein Leben gestohlen. Oder zumindest einen Sommer davon.
Und mein Herz nahm er gleich mit.
Zwei Jahre meines Lebens, die mir keiner zurückgeben kann.
Eigentlich möchte ich gar nicht so emotional werden. Aber all diesem Gefühlschaos in mir, dem ewigen Gedankenkarussell, halte ich nicht stand.
Okay.
Sein Handy ist wieder aus.
Mal wieder.
Verdammt noch mal!
Was für ein verdammtes, egozentrisches Arschloch
Lügen, nur Lügen. Und das ist noch nicht mal seine größte Lüge.
hystrionische Dramaqueen
Und er spielt mit uns als wären wir seine dämlichen, hirnlosen Barbiepuppen.
Dieser Arsch lebt einfach in seiner verfickten, eigenen Welt
Was verdammt noch mal geht da in seinem Kopf ab?
Was stimmt mit ihm nicht? Was muss im Leben schief gehen, um dermaßen abgefuckt zu sein?
Und was stimmt mit mir nicht, dass ich so einen dermaßen abgeratzten Scheißkerl immer noch liebe? Dass er mein ganzes Denken und Handeln bestimmt?
Selbstmitleid trifft auf Empathie für Richie. Zumindest zeitweise.
Ja, Richie. Der Idiot wird erstmals mit Namen erwähnt. Ob er wirklich so oder Richard oder ganz anders heißt? Wir wissen es noch nicht. Aber ich sehe Azu immer mehr und mehr als wirklich ambivalenten Charakter und frage mich, ob sie den Absprung schafft ...
Aus Enttäuschung kann man immer etwas lernen. Aber dazu muss man den Absprung schaffen.
Wir alle bauen Scheiße. Und das ist auch gut so.
Mein persönlicher Tipp als Autorin beim emotionalen Überkochen:
Handy aus und für sich selbst da sein.
Ich schreibe mir Wut und Frust gerne von der Seele. Aber das eben analog, wo kein Facebooknutzer es kommentieren kann. Und so verschieden wir doch alle Gefühle wahrnehmen, so gleich sind immer wieder die Sachen, die in der Welt passieren. Ein tagtägliches Dejavu.
Das ist der Stoff, aus dem die großen Geschichten sind.
Nicht viel anders als zu Zeiten des griechischen Theaters.
Und ich will auch gar nicht altklug daherkommen. Das ist eben MEIN Weg, wie ich mit Problemen dieser Art umgehe.
Bin ich lange, wirklich sehr lange offline, also mehrere Wochen oder Monate, könnt ihr davon ausgehen, dass mich irgendetwas aus der Bahn geworfen hat. Und wenn ich mein Leben ganz pragmatisch neu sortiere, dann hat das digitale Selbst und alles, was dazugehört, erst einmal eine zweitrangige Rolle.

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