Tag zwei der Bloggerreise (könnte aber gefühlt auch genausogut Tag fünf sein). Wir steigen um 17 Uhr in Karlsruhe in den Zug, versuchen während der Fahrt das Bloggen voranzubringen, verquatschen uns dabei schlimmstens und steigen kurz vor 19 Uhr in Basel wieder aus.
Beherbergt sind wir hier im wunderschönen Hotel Victoria – ebenso gegenüber vom Hauptbahnhof. Hier bekommen rasch unsere Zimmerschlüssel (bzw. “Kärtchen”) und das wertvolle WLAN-Passwort.
Im Zimmer erwartet uns auch eine Überraschung: neben dem vielen Infomaterial zu Basel und seinen Museen, haben unsere Gastgeber auch an sie süßen Seiten der Schweiz gedacht und uns einige landestypische Naschereien bereitgestellt.
Um 19.30 treffen wir uns mit Nadja Elia-Borer, Managerin der Art & Design Museums Basel. Sie hat sich um die Organisation des schweizer Teils der Bloggerreise gekümmert. Diese Zusammenarbeit der zwei Städte entspringt, wie wir später erfahren werden, aus der Bekanntschaft zwischen ihr und Otmar Böhmer von der Kunsthalle Karlsruhe und dem gemeinsamen Wunsch, die kulturelle Verbindung der zwei Städte entlang des Rheins zu verstärken.
Mit Nadja werden wir also diesen Abend verbringen. Es geht ins Atlantis, ein Restaurant mit Lounge-Bar in der Innenstadt, zehn Fußminuten vom Bahnhof entfernt. “Das Atlantis gibt es, seit ich denken kann. Meine Eltern haben auch schon hier gegessen” – erzählt uns Nadja. Ich forsche ein bisschen auf der Homepage des Lokals herum und finde heraus, dass dieses 1947 von einem Afrika-Forscher namens Paul Seiler und seinem Bruder Kurt gegründet wurde. Dort konnte man damals neben afrikanischer Kunst auch lebende Alligatoren sehen, allerdings kam der Erfolg des Lokals erst, als der erste Pianist eingestellt wurde. Lustig. Aber hinein mit uns!
Die Lounge im Erdgeschoss ist wirklich schön gestaltet. Man taucht ein in eine geborgene, stimmungsvolle Welt voller Farben, die rauhe, weiße Steinwand wechselt sich mit elegant gemusterten Tapeten ab, eine Reihe beleuchteter Bögen schließt den Raum im Hintergrund ab. Auf jedem Tisch steht eine Flasche Hendrick’s Gin als Blumenvase. Das Lokal sei seit einiger Zeit schon auf Gin spezialisiert, erklärt Nadja.
Wir setzen uns in eine gemütliche Ecke. Unsere Gastgeberin erzählt über Basel, den multikulturellen Charakter der Stadt, ihre Zusammenarbeit mit den Design Museen, die Achse Karlsruhe-Basel, die sie gemeinsam mit Otmar Böhmer von der Kunsthalle zu verstärken versucht.
Zeit für Drinks! Wir werden von einem sehr fürsorglichen Barmann betreut, der uns die Spezialitäten des Hauses vorstellt. Meine Mitstreiter bestellen eine gemischte Runde Gin, die von einer Palette unterschiedlicher Tonic Waters begleitet wird.
Ich bin leider nicht so der Gin-Fanatiker, allerdings sofort fasziniert von den alten Rezepturen des Hauses, möchte unbedingt einen richtigen “Klassiker” probieren. Der bemühte Barmann macht mir einen wundervollen Vorschlag: man mache hier einen sogenannten Gold Fashion, Variante des klassischen Old Fashioned. Während die Originalrezeptur im Grunde nur Whisky, Angosturabitter, Zucker und Orangenzeste vorsieht – und somit auch, typisch für Rezepturen von Anfang 1900, recht “medizinisch” schmeckt – wird die Kreation im Atlantis etwas umgewandelt. Der Gold Fashion wird hier auf Rumbasis gemacht (wozu ein jamaikanischer Appleton Rum verwendet wird), und mit einem Bananenlikör auf Cognacbasis sowie Chocolat Bitters verfeinert. Das Ergebnis ist ein komplexer, reicher Cocktail, der nach Schokolade, Orange und Vanille duftet, mild herb schmeckt und später ein harmonisches Zusammenspiel seiner vielen Aromen entfaltet. Ein Drink, von dem man gern ein kleines Eimerchen mit heimnehmen würde.
Nach ein paar ausführlichen Probier-Glas-Tausch-Runden (ebenso begeistert bin ich von Angelikas sehr milder Ginsorte, dem Elephant Gin aus Hamburg) geht es in Richtung Restaurant – einmal die Treppe hoch. Nadja schlägt das Menü “Surprise” vor. Wir sind sofort dabei.
Zu Trinken gibt es dazu einmal den spanischen Verdejo Ipsum,
oder – für die Rotweintrinker – einen sehr guten Ojo de Agua Malbec aus Mendoza (Argentinien), den der schweizer Musiker Dieter Meier dort in Bio-Qualität produziert.
Die Tischrunde ist lustig, locker und gelassen. Es fühlt sich an, als wären wir schon richtig lange gemeinsam unterwegs. Nadja ist dabei eine sehr angenehme Begleitung, die Gesprächsthemen wechseln zwischen den Ländern, Museen, Kommunikationsthemen und auch viel lustigen Anekdoten. Sie scheint den unkomplizierten Umgang mit uns Bloggern zu schätzen, ebenso genießen wir die zwanglose Stimmung.
Der erste Überraschungsgang erscheint: ein Kürbiskuchen mit geräuchertem Lachs und Feldsalat. Der Kuchen gleicht eher einer Mousse mit einem lockeren Mürbeteigboden, ist wahnsinnig fluffig und schmeckt leicht süßlich, so zart ist er. Die Tischrunde ist sich einig: volle Punktzahl schon allein für den Starter!
Gang Nummer zwei ist Pasta: schwarze Tortelloni mit Tomaten-Chili-Füllung und Buttersauce. Auch dieser Gang ist einfach bombastisch gut, ohne den starken Meeresgeschmack den man bei Sepia-Tinte erwarten würde, vielmehr sticht das Chiliaroma hervor, aber ohne die Schärfe.
Der Höhepunkt muss aber noch kommen: der Hauptgang spaziert auch bald an den Tisch. Bei den Fleischessern ist das ein zartes Kalbsmedaillon mit Gemüse und einer samtigen Senf-Pommery-Sauce,
bei Tanja ist es ein Fischgericht, das ebenso sehr einladend aussieht.
Dulcis in fundo: das Dessert. Wir bekommen eine Birnenmousse mit Schokoladenboden, dazu eine Creme aus salzigem Caramell und einen Schokoladen-Macaron. Ja, es schmeckt alles mindestens genauso gut, wie es klingt. Das salzige Karamell der Creme passt einfach super zur Mousse, die ebenso leicht und schaumig ist wie der Kürbiskuchen zu Beginn des Essens. Auch ist ein kleines Portiönchen Passionsfruchtsoße dabei, ein säuerlicher Gegensatz zur Süße ihrer Tellermitbewohner.
Ich glaube, die gesamte Tischrunde ist mit diesem Dinner sehr zufrieden. Das Menü Surprise ist ein absolut empfehlenswertes Highlight im Atlantis.
Wir sind satt, glücklich, gestärkt, ausgeplaudert und von den vielen anregenden Aromen und Texturen wieder mit allen Sinnen hellwach. Klaus möchte unbedingt noch in die “Bar Rouge” auf dem Messeturm – die höchste Bar der Schweiz. Später wird sich herausstellen, dass der Preis auch hoch ist, weswegen wir nicht reingehen – aber das wissen wir jetzt noch nicht und flattern begeistert in die Nacht.
Nadja begleitet uns noch in die Innenstadt, zum Theaterplatz wo der Tinguely-Brunnen steht und zeigt uns einige Kunstwerke des Öffentlichen Raums. Danach ziehen wir ohne sie weiter, erst in Richtung Messeturm (wo wir leider beim Anblick des Eintritts – und der Uhrzeit – kleinbei geben), dann wieder zurück in Richtung Hotel, wo wir uns in eine nahegelegene Hotelbar setzen und den Abend (mitsamt einem Stückchen Nacht) gemeinsam ausklingen lassen.
Gut, dass unser Hotel nur ein paar Schritte weiter ist. Nachdem ich dann etwa zehn Minuten lang an der falschen Zimmertür rüttele und mich frage, wieso das Wunderkärtchen bloß nicht geht, merke ich dann auch, dass ich im falschen Stockwerk bin und finde endlich – ein klitzekleines Bisschen torkelnd – in mein Bett.
Der nächste Blogpost handelt vom ersten Kulturhighlight in Basel: dem Besuch in der Fondation Beyeler.
—
Die Nachberichte meiner Mitreisenden findet ihr übrigens auf den jeweiligen Blogs von Tine Nowak, Angelika Schoder, Tanja Neumann und Klaus Graf. Nach und nach werden sie dort (ich glaube fast alle, genauso wie ich, “häppchenweise”) den Bericht der Reise fortsetzen. Zudem gibt es bei Marlene Hoffmann ein super Interview mit Alexandra Hahn, Pressesprecherin und Leiterin des Bereichs Presse und Medien der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, welches Einblicke in die Gestaltung und Konzeption der Reise gibt.