Brennmeister Johannes Anleitner von der Schnapsbrennerei Drexler in Bad Kötzting bei der Produktion von bayerischem „Urschnaps“ aus Bärwurz. Fotos: obx-news
Bad Kötzting (obx - internet-zeitung) – Klar, hochprozentig, wohltuend im Magen und jeder für sich einzigartig: Bärwurz und Enzian sind seit Jahrhunderten die Basis für Bayerns „Urschnaps“. Mittlerweile hat sich das Traditionsgetränk zu einem echten Verkaufsschlager bei Touristen aus aller Welt entwickelt. Dabei hat der Bärwurz aus dem Bayerischen Wald inzwischen dem Enzian aus den Alpen den Rang abgelaufen. Der Schlüssel für den Erfolg des ostbayerischen Wurzeldestillats: Die Vielzahl der Schnapsmuseen, in denen die Besucher auf den Geschmack gebracht werden. Allein in Ostbayern buhlen zehn solcher Museen für Hochprozentiges mit ihrem nostalgischen Ambiente um die Gunst der Käufer – mehr als in jeder anderen Region Deutschlands.
Wegen ihrer medizinischen Wirkung sind Bärwurz und Enzian seit Jahrhunderten anerkannt und beliebt. Die Fürstpröpste im damaligen Kleinstaat Berchtesgaden schätzen den Enzian und standen der Wirtsfamilie Grassl 1602 das Brenn- und Ernterecht zu. Schon damals erkannten die Staatsoberen die Gefahr der Ausrottung – nur alle sieben Jahren dürfen die Enzianwurzeln geerntet werden, heute geschützt durch eine eigene EU-Verordnung. Als Erntegebiet ist – ebenfalls festgelegt in einer Verordnung – der bayerische Alpenraum deklariert.
Von den 30 wild wachsenden Enzianarten eigenen sich jedoch nur vier zur Schnapsherstellung. Frisch oder getrocknet werden die Wurzeln klein gehackt mit Reinzuchthefe und Bergwasser zu einer Maische angerührt. Diese muss rund zehn Tage bei 30 Grad in einem Bottich gären. Danach wird der so genannte „Raubrand“ destilliert, eine zweite Destillation dient der Veredelung. In Eschenholzfässern lagert der Enzianschnaps mehrere Jahre im Keller, ehe er in den Verkauf geht.
Die genaue Herstellungsweise des Bärwurz-Schnapses ist ein sehr gut gehütetes Geheimnis, nur so viel ist bekannt: Die Wurzeln werden klein gehackt in Trinkalkohol eingelegt, bleiben mindestens ein halbes Jahr stehen, werden dann destilliert und reifen über einige Jahre.
Den gleichen Weg gehen alle Bärwurz- und Enzian-Brennereien Bayerns im Verkauf: Direktvermarktung ist ihr Geheimnis. Zehn Schnapsmuseen buhlen mittlerweile um die Kunden – Besichtungen, Verkostungen und Busreisen zu den Schnapsbrennereien sind heute Alltag. Ein Großteil des Umsatzes wird heute durch Urlauber gemacht, der weitaus kleine Teil mit dem Verkauf an Großhändler oder Ketten. Eins zeigt sich aber immer klarer: Der Enzian als Bayerns Urschnaps hat ausgedient – der Bärwurz ist immer mehr im Kommen. „Die Produktion wächst seit Jahren konstant an“, sagt Renate Wühr, die Inhaberin der Brennerei Drexler in Bad Kötzting.
Entdeckt wurde die Heilwirkung der Bärwurzpflanze vor vielen hundert Jahren von Bauern: Kühe, die bei Blähungen die Wurzel fraßen, fühlten sich danach offensichtlich wohler. Auch bei Menschen zeigte der Verzehr Wirkung. So kam der Bärzwurz als Heilmittel in die Apotheken und wurde für allerlei Mixturen verwendet. „Heute ist der Bärwurz der neue bayerische Urschnaps“, sagt Wühr überzeugt.