Ein Jahr später… und ich gehöre zu den Ehemaligen, die jeden November wieder nach Berlin kommen und sich den Open Mike im Heimathafen Neukölln ansehen. Diesmal ohne Anspannung und Unsicherheit. Stattdessen liegen nun zwei Tage mit Lesungen junger Autoren vor mir, die ich genießen kann.
Begonnen hat der Tag mit einem vier-stündigen Kolloquium zum Thema Autorschaft. Auf dem Podium und mit den ehemaligen und diesjährigen Finalisten diskutierten: Rabea Edel, Nikola Richter, Thomas von Steinaecker und Thomas Meinecke. Die Diskussion hat mich vor allem dazu angeregt, einen eigenen Standpunkt zu finden über meine Schreibstimme, wie man sich selbst als Autor in den Medien darstellt und darstellen möchte, inwiefern Social Media das Schreiben beeinflusst und was sich daraus für neue Schreib- und Erzählformen ergeben können?
Während der Pausen tauschten sich die Ehemaligen natürlich darüber aus, was sich seit dem Open Mike und dem Workshop im Februar alles getan hat. Für jeden hat er sich anders ausgewirkt, aber für die meisten wird er eine besondere Erfahrung bleiben – das hat auch die Abendveranstaltung gezeigt: Eine Lesung mit den Open-Mike-Finalisten, die kürzlich etwas veröffentlicht haben. Diese Veranstaltung heißt nicht umsonst Open Mike und die Folgen, weil sie zeigt, welche direkten oder indirekten Auswirkungen der Wettbewerb haben kann – und das unabhängig davon, ob man ihn damals gewonnen hat oder nicht.
v.l.: Rabea Edel (Moderation Prosa), Lars Reyer, Svealena Kutschke, Jan Skudlarek, Katharina Hartwell, Alexander Gumz (Moderation Lyrik)
Katharina Hartwell (OM-Jahrgang 2010) las aus ihrem Debutroman Das fremde Meer und bestätigte im Gespräch, dass der Kontakt zu ihrer Agentin und ihrem Verlag durch den Open Mike zu Stande gekommen ist. Zurzeit lese ich ihren Roman und war sehr beeindruckt von der Sprachmelodie ihrer Sätze, die mir erst bewusst wurde, als sie den Anfang von Astasia-Abasia vorlas, und nicht, als ich die Geschichte selbst gelesen habe. Svealena Kutschke (OM-Jahrgang 2008) stellte ihren zweiten Roman Gefährliche Arten vor, in dem eine abgründige Ich-Erzählerin im Mittelpunkt steht – den ich daraufhin unbedingt selbst lesen möchte. Lars Reyer (OM-Jahrgang 2004) las aus seinem Gedichtband Magische Maschinen und Jan Skudlarek (OM-Jahrgang 2010 und 2011) aus seinem Band Elektrosmog.
Diese Autoren auf der Bühne zu sehen und zu verstehen, dass gute Texte – vor allem durch Arbeit und Fleiß – immer ihren Weg finden werden, war sehr ermutigend!