Aufstand in Donezk, Lugansk und Charkow

Wieder einmal überschlagen sich in der Ukraine die Ereignisse. Diesmal im Osten des Landes. Seit Februar kommt es dort samstags und sonntags regelmäßig zu Großdemonstrationen gegen die Putschisten in Kiew. Die Bürger fordern - zumeist friedlich, ohne Einsatz von Steinen oder Molotowcocktails (anders als auf dem "Euromaidan") - die Durchführung von Volksabstimmungen über die Zukunft ihrer Gebiete.
Bisher waren diese Aktionen auf die Wochenenden beschränkt, denn von Montag bis Freitag müssen die Menschen arbeiten gehen. (In der Westukraine ist das anders, dort steht aufgrund der höheren Arbeitslosigkeit mehr Personal zur Verfügung, das auch an Werktagen rebellieren kann.) Doch heute hat sich das geändert. Die üblichen Kundgebungen mündeten in die Besetzung von Verwaltungsgebäuden durch die Demonstranten, mit der Folge, daß unter den Usurpatoren in Kiew schon offene Panik ausgebrochen ist. Anscheinend fühlen sie, daß sich ihre Herrschaft dem Ende zuneigen könnte.

Der wichtigste Brennpunkt ist im Augenblick Donezk (siehe obiges Video). Dort wurde, nach einer Kundgebung mit etwa 25-30.000 Teilnehmern, im Laufe des Sonntags die Gebietsverwaltung besetzt. Zur Zeit sollen sich dort etwa 4.000 Bürger aufhalten. Trotz der Verhaftungswelle, die auch an diesem Wochenende wieder über die Region gerollt ist, war es den Menschen möglich, eine gewisse Organsation aufzubauen. Die örtliche Polizei ist dem Vernehmen nach entweder auf die Seite der Demonstranten übergegangen oder hat sich zurückgezogen und für neutral erklärt. Es gibt Berichte darüber, daß das Regime Spezialkräfte des SBU aus Kiew nach Donezk verlegt hat, die am Montag mit einem Sturm beginnen sollen. Offenbar wird die Stadt, auch wegen der symbolischen Bedeutung des Donbass, für besonders wichtig gehalten.
Zweiter Brenpunkt ist Lugansk (siehe das zweite Video). Dort gelang den Bürgern die Eroberung der Dienststelle des Ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU). Außerdem wurden weitere öffentliche Gebäude besetzt. Hier gelang auch die Befreiung einiger zuvor verhafteter Aktivisten aus dem Gefängnis. Auch hier scheint sich die Polizei mehr oder weniger in Agonie zu befinden. Leider gab es in Lugansk zwei Verletzte (ein Polizist und eine Demonstrantin).

In Charkow gab es tagsüber eine Kundgebung, am Abend wurde dort ebenfalls das Gebäude der Gebietsverwaltung besetzt. Die Polizisten sollen auch hier zum Teil auf der Seite der Demonstranten stehen. Der Rada-Abgeordnete Ljaschko will am Montag einige tausend Schläger nach Charkow schicken, um die Einwohner endgültig zu unterwerfen.
Auch aus Odessa und Cherson wurde am Sonntagabend über neuerliche Demos gemeldet.
Es bleibt abzuwarten, wie die nächsten Stunden und Tage verlaufen werden. Die Demonstranten in den drei Städten machen jedenfalls nicht den Eindruck, als wären sie bereit, schnell nach Hause zu gehen. Dafür waren die Drohungen und Beleidigungen der letzten Tage und Wochen zu stark. Nicht nur die Verhaftungen, auch der Verlust des Arbeitsplatzes wegen Teilnahme an "separatistischen" Kundgebungen oder das erzwungene "Spenden" von Geld für den "Euromaidan" haben die Menschen verbittert. Dieser Tage hat der sog. Präsident Tutschinow im Fernsehen verkündet, daß die russische Sprache keinen staatlichen Status erhalten werde. Außerdem wurde die geforderte Föderalisierung des Landes abgelehnt. Diese Entscheidungen werden Folgen haben.
Am Montag sollen überall neue örtliche Verwaltungsorgane, die von der Junta unabhängig sind, gebildet werden. Doch den Putschisten läuft die Zeit davon; sie wissen, daß sie die Etablierung einer Gegenmacht nicht zulassen dürfen, denn sonst bricht ihre ohnehin dünne Legitimation endgültig zusammen. Daher ist mit dem Einsatz von Gewalt seitens SBU, Nationalgarde und Schlägerbanden zu rechnen. Ferner gibt es Meldungen, wonach der Oligarch Kolomajskij aus Dnepropetrowsk Teile seiner Privatarmee (vulgo: Söldner privater Militärfirmen) in die Ostukraine geschickt hat.
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