Atmen, Lachen, Schwitzen, Jammern – Bryan Kest Power Yoga Workshop im Spirit West Berlin

Yoga MeditationYogamatte an Yogamatte mit maximal zehn Zentimetern Platz dazwischen, nasse Wände und Scheiben, drei Stunden, die wie im Fluge vergehen und ein Gefühl, das sich nicht entscheiden kann, ob man euphorisch oder unendlich erschöpft sein soll. Eine Erfahrung, die es Wert ist, zu machen? Wenn es um einen Workshop mit Bryan Kest geht, kann man diese Frage egal ob sie ein Beginner oder jahrelang praktizierender Yogi stellt, nur mit ‘Ja’ beantworten. 

Das ‘Spirit West‘ Yogastudio in Berlin hat wie in jedem Jahr Bryan Kest eingeladen, an zwei Abenden eine Yogaklasse zu unterrichten, die natürlich zahlreiche Yogaisten angezogen haben. Es wird gelacht, geschwitzt, gejammert, geatmet, ohne dass man sich abgelenkt fühlt, man ist in der Masse bei sich und folgt der Stimme, die durch den Raum geistert. Der Power Yoga Erfinder sorgt selbst in einer Klasse mit sechzig, siebzig, achtzig oder mehr Teilnehmern dafür, dass man sich zu Hause fühlt, dass man sich nicht beobachtet vorkommt, dass man sich auf sich selbst konzentriert. 

Mit großer Begeisterung erzählt Bryan Kest am ersten Abend fast eine Stunde aus seiner Yogapraxis, was ihn selbst und für seine Klassen inspiriert, spricht über die Philosophie des Yoga, über Meditation, seine Schüler, das Leben und was wir aus den Übungen machen. Er versteht es, jeden mit einfachen Beispielen aus dem Leben zu einer besseren Yogapraxis zu motivieren, nachsichtig mit sich selbst und seinem Körper zu sein. Er tritt nicht auf, wie ein Prediger, eher wie ein Freund, der sein Wissen mit dir teilen möchte. Verlangt aber im Gegenzug uneingeschränkte Aufmerksamkeit ihm gegenüber, Gelassenheit und Nachsicht seinem Körper gegenüber, um seinen Geist entspannen zu können.

Ganzheitlich, den kompletten Körper berücksichtigend, arbeitet er sich vor. Nichts bleibt unberührt, nichts scheint einfach zu sein und dennoch kann jeder folgen – er leitet uns zur richtigen Atmung an, die jede einzelne Übung unterstützt und zeigt Alternativen auf. Sagt uns immer wieder, wie wundervoll es ist, das jeder jede Pose so ausführt, wie sie für ihn richtig ist und nicht weil jemand vorn steht, der sagt, wie es richtig scheint. Nicht er, Bryan Kest, ist der Lehrer – wir finden den Lehrer in uns und er gibt nur die Anleitung, was wir machen können. Er lässt jedem die Wahl, versucht es einem einfach zu machen, auch mal eine Position eher zu verlassen und seinen Körper zu schonen. Er kann angeblich auch nicht alles, erklärt, er würde dies und das auch in der einfachsten Variante vorziehen oder erst gar nicht beginnen, weil es ihm zu anstrengend sei.

Ganz nebenbei erläutert er selbstverständlich jeden einzelnen Schritt, verkompliziert nichts und die Namen der Position wie ‘Ardha Chandrasana’ fließen nur ganz nebenbei ein. Letztlich ist es für ihn nur wie ein halber Mond oder ein nach vorn gebeugter Körper, der einen Arm und ein Bein von sich streckt… Dabei soll man natürlich lächeln, lächeln und immer weiter lächeln; Mutti sollte schließlich nicht besorgt aussehen, für den Fall, dass Bryan ein Bild von dir macht und es ihr per Handy schickt. Mal davon abgesehen, fragt sich meine schon immer nur beim Erzählen, warum ihr Kind sich das antut – wegen der Ruhe, der Ruhe die man findet, wenn man sich so fordert. Und die Rechnung ist auch sonst ganz einfach – wer es nicht schafft, so einfache Übungen und das leichte Ziehen wegzuatmen, sich zu konzentrieren, wie solle man dann etwas Schlimmeres in seinem Leben bewältigen?!

Auch wenn Power Yoga genau das ist, was die Stunden von Bryan Kest ausmacht, ist seine Form des Praktizierens auch genau das, wonach ich vor Jahren gesucht habe und manchmal jetzt immer noch vergesse. Es ist die Ruhe, die man findet, wenn man sich darauf einlässt, die mich vor Jahren zum Yoga gebracht hat. Es ist das Beste, was seine Stunden auszeichnet und warum ich nach dem Workshop mit ihm letztes Jahr, auch die beiden in dieser Woche besuchen musste.

Beide Tage waren so unterschiedlich, wie Yoga nur unterschiedlich sein kann – die Praxis begann am ersten Abend nach seiner Einführung so schnell und intensiv, dass ich zunächst nicht wusste, ob ich dabei mehr schwitze oder beim letzten Marathon. Es ist schwer zu beschreiben, warum es einem so schwer fällt, lächerliche neun Liegestütze verteilt auf mehrere Stunden zu absolvieren. Warum ich am nächsten Tag aus dem Bett kuller und mich frage, ob ich den Weg zum zweiten Workshop schaffen werde, um wenigstens liegend seinen Ausführungen mitverfolgen zu können.

Die Fenster der ehemaligen Lagerhalle waren geschlossen, die viel zu warme Stadtluft war draußen schon kaum erträglich, aber im Studio kam das Gefühl auf, man würde an einer Bikram Klasse teilnehmen. Kurz vor der Notbeatmung und dem letzten Tröpfchen Schweiß, den mein Körper aufbringen konnte, war genauso plötzlich alles vorbei, wie es angefangen hatte. Und während diese Stunden eher maskulin stark waren mit ihren Plank Posen, Liegestützen, Kriegerpositionen und fließenden, sich wiederholenden Bewegungen und der Hitze, die erzeugt wurde, war der zweite Abend eher feminin. Es ergab sich ein stimmiges Gesamtkonzept, von dem ich vorher zum Glück nicht wusste, wie es weitergehen sollte.

Ich war auf eine Stunde Philosophie und zwei Stunden Praxis eingestellt, stattdessen kurze Einweisung in die härteste Klasse, die er zu geben vermag und in deren Genuss nur sehr selten Schüler kommen: ‘Long Slow Deep’. Ja, die Abkürzung dafür ergibt ein Wortspiel, das nicht ganz abwegig ist.

Nach einer kurzen, dynamischen und wieder anstrengenden Aufwärmphase, war mein Körper schon auf Trinken, Schwitzen, Trinken, Handtuchwischen und weiter Schwitzen eingestellt. Stattdessen spielte sich nun alles auf dem Boden liegend oder sitzen ab. Der Fokus lag nicht mehr auf Dynamik, Ausdauer, Wärme und Stärke, sondern auf Halten, Loslassen und Verweilen in einer Position – für lächerliche zwei Minuten. Eine einfache Übung, die jeder kann, die man einfach nur hält. Nichts weiter – abgesehen von der Atmung.

Denken? Kann man kaum, denn wer sich auf eine Sache, nämlich in diesem Fall auf die Atmung konzentriert, hat nur sie im Kopf. So kann man auch loslassen, all das, was sich in den steifen Gelenken, engen Hüften, verkürzten Muskeln so festhält. All das, was man den ganzen Tag bei angespanntem Kiefer, Hals, Schultergürtel mit sich herum trägt.

Plötzlich sind zwei Stunden vergangen und Bryan Kest bemerkt, wie die schnell die Zeit auch bei so anstrengenden Dingen vergehen kann, die eigentlich, wenn man es genau nimmt, keinen Spaß machen. Denn wer würde schon freiwillig seine hinteren Oberschenkel, Kniekehlen und Waden weitere dreißig Minuten fast zum Zerreißen fordern? Mit der richtigen Atmung aber, mit dem klaren Geist und auf seinen Körper hörend, gelingt es ganz einfach und man kann erneut vor Erschöpfung die letzten Minuten an sich vorbei ziehen lassen.


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