Während des offiziellen Festprogramms
Auf Einladung der Assoziation zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Aserbaidschan (ACSDA) besuchten vom 23. bis 25.9.2011 mehr als 200 Parlamentarier aus aller Welt anlässlich des 20. Jahrestags der Unabhängigkeit Aserbaidschan. Ich war als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE eingeladen und entschied mich, das offizielle Programm um Gespräche mit der Opposition und NGOs zu erweitern.Zum Festakt hielt İlham Äliyev, seit 2003 Staatspräsident, eine Rede, in der er 20 Jahre Unabhängigkeit als Erfolg skizzierte und von der Weltgemeinschaft verlangte, das Völkerrecht im Berg-Karabach-Konflikt durchzusetzen. Neben vielen weiteren Reden gab es Grußworte u.a. des Europäischen Parlaments, des Europarats, der Türkei und Frankreichs.
Heydar Aliyev, 2003 verstorbener früherer Staatspräsident und Vater des jetzigen, ist weiterhin sehr präsent
Bei Gesprächen mit Vertretern des Human Rights Club (HRC), des Institut for Reporters' Freedom an Safety, dem unabhängigen Abgeordneten Rovshan Rzayev, der Friedrich-Naumann-Stiftung und anderer wurde einerseits klar, dass es im Land zwar wirtschaftlich bergauf geht, insbesondere aber die bürgerlichen und politischen Menschenrechte vielfach nicht eingehalten werden. Die Gründung unabhängiger Medien ist de facto unmöglich. Das Internet wird offiziell nicht zensiert, aber es gibt Bestrebungen zur Kontrolle von Facebook und Twitter und Angriffe auf oppositionelle Internetseiten. Die Korruption ist ein großes Problem, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit entwickeln sich nur sehr langsam. Deutlich wurde, dass die aserbaidschanische Regierung im Bewusstsein um die strategische Bedeutung des Landes und dessen Öl- und Gasreichtum selbstbewusst gegenüber dem Westen und autoritär gegenüber der eigenen Bevölkerung auftritt.In der Hauptstadt Baku
Mit Sheikh-ul-Islam Allahshukur, dem Grossmufti aller kaukasischen Muslime, sprach ich vor allem über das friedliche Miteinander der Religionen in dem zu neunzig Prozent von Muslimen bewohnten Land. Hier kann Asberaidschan tatsächlich auch Vorbild für Deutschland sein. Der Grossmufti regte eine Konferenz zum interreligiösen Dialog in Deutschland an und bot seine Unterstützung an. Er möchte mit mir die Moschee der Ahmadija-Gemeinde in Heinersdorf besuchen, über deren Geschichte ich ihn informierte.Die meisten Aserbaidschanerinnen und Aserbaidschaner halten vieles in ihrem Land verbesserungswürdig, so mein Fazit, möchten aber auch nicht, dass das Land wieder ins Chaos stürzt. Und wenn auch sehr langsam, so scheint es doch voranzugehen.