Art Wolfe - Die Erde ist mein Zeuge: Fotoausstellung im Stadtmuseum Schleswig, noch bis 30. Oktober 2016
Eine Weltpremiere im Stadtmuseum Schleswig - das hat doch etwas und verdient weitere Aufmerksamkeit. Fotos von höchster Qualität (ästhetisch und technisch): Tiere, Landschaften, Natur, Menschen in kaum zu überbietender Perfektion, geschickt präsentiert (trotz teilweise schwieriger Räume) - ich war begeistert, als ich bei einem Privatbesuch auf die erstmalige Retrospektive des amerikanischen Fotokünstlers Art Wolfe stieß. Viele der Bilder sind "atemberaubend" - hier möchte ich einmal das inzwischen abgenutzte Wort benutzen. Die Schnee-Eule im Flug, die Impala-Antilope, die gerade an einer Elefantenherde vobeispringt - ich denke, ich kann als Freilandbiologe beurteilen, was derartige Fotos erfordern (da nützt auch die beste Ausrüstung alleine nicht viel): ganz viel Einsatz und Geduld und ein Gespür für den rechten Moment!
Offenbar kann Art Wolfe zudem gut mit Menschen umgehen, sein gewinnendes Lächeln öffnet die Herzen auch von Naturvölkern, die sonst keinen Zugang zu ihren Ritualen gewähren.
Seit Jahren arbeiten die Städtische Galerie Iserlohn und das Stadtmuseum Schleswig zusammen, nur dadurch sind Präsentationen von bedeutenden Fotografen der Gegenwart in dieser Größenordnung möglich. Bisher wurden Fotos von Steve McCurry (2008/2009), Jim Brandenburg (2011/2012) und David Doubilet (2014) gezeigt. "Earth is my Witness - Die Erde ist mein Zeuge" wird diese umfassendste Präsentation seines Werkes genannt; "Earth is my Witness" heißt auch der üppig ausgestattete begleitende Bildband - "Eden" in der deutschen Ausgabe. "Der Bogen spannt sich von exotischen Motiven in subtropischen Gefilden wie einem bunten Kamelmarkt in der indischen Stadt Pushkar bis zu den unwirtlichsten Gegenden auf diesem Planeten und beispielsweise dem Moment, in dem eine Eisbärin und ihre Jungen nach dem Winterschlaf ihre Eishöhle verlassen" (Pressetext).
"Auf viele Fotografen", schreibt Holger Rüdel, Direktor des Stadtmuseums, in seinem Blog "übt das südliche und südöstliche Asien mit seinen Naturschätzen, dem bunten Völkergemisch, seinen einzigartigen religiösen Zeremonien und spektakulären Ereignissen wie dem indischen Holi-Fest, dem „Fest der Farben“, eine magische Anziehungskraft aus. Art Wolfe hat diesen Teil des Planeten wie kaum ein anderer mit seiner Kamera erforscht – zu Wasser, zu Land und zu Luft. Eines seiner ersten Auftragsfotos entstand genau in diesem Teil Asiens, als er 1984 eine Expedition von amerikanischen Bergsteigern im Hochland von Tibet am Fuß des Mount Everest begleitete und dabei in einen engen Kontakt mit tibetischen Hirten kam. „Schon damals wusste ich“, erinnert sich Art Wolfe, „dass ich wieder in Gegenden reisen würde, in denen ich Völker wie diese fotografieren konnte, die seit Jahrhunderten ihren kulturellen Traditionen folgten.“
Auf den richtigen Moment kommt es an - das zeigt auch dieses Bild einer Kamelkarawane in der Sahara in Marokko. Art Wolfe erzählt dazu, dass er in einem Flugzeug, durchgerüttelt, umgeben von flugkranken Mitpassagieren, den Moment einfangen konnte, in dem die Schatten der Menschen und Tiere sichtbar waren.
Noch ein Beispiel, diesmal vom Inle-See in Myanmar (wiederum zitiere ich Holger Rüdel) "... ein Gewässer, das einzigartige Motive bietet: schwimmende Dörfer und Gärten sowie Fischer, die ihre schmalen Holzboote mit einem Bein steuern und fortbewegen. Die grandios komponierte Gegenlicht-Aufnahme von Art Wolfe spiegelt perfekt den Zauber dieser exotischen Welt und entfaltet eine Wirkung, der man sich als Betrachter nicht entziehen kann."
An verschiedenen Stellen in der Ausstellung werden Filme von und über Art Wolfe gezeigt - beim Rundgang ist immer wieder seine Stimme zu hören (meine einzige kritische Anmerkung: Hätte man nicht besser eine andere akustische Lösung finden können, sprich: Kopfhörer, die individuell benutzt werden können?). Ich empfehle, diese Filme anzusehen und zu -hören, denn sie verdeutlichen eines mehr als alles andere: Dieser Mann hat eine Mission. Er kämpft mit ganzem Gewicht dafür, dass die (letzten) Naturschätze dieser Erde erhalten bleiben. Dabei strahlt er Freude und Begeisterung aus, die besten Mittel, um andere Menschen zu überzeugen: der Funke kann überspringen, insbesondere in dem kleinen Kreis seiner Fotokurse. Er habe noch viele Ideen, die würden ihm nicht ausgehen, äußert der 65-jährige Art Wolfe glaubhaft in einem der Filme.
Den Besuch der Ausstellung kann ich nur wärmstens empfehlen.
Weitere Informationen auf der Netzseite des Stadtmuseums Schleswig und in Holger Rüdels Blog.
Text: Dr. Helge Mücke, Hannover; Bilder: © Stadtmuseum Schleswig.