Architekturfotograf Tomas  Riehle ist verstorben

Tomas Riehle 1949 – 2017 (Das Portraitfoto wurde dem im Beitrag verlinkten Artikel auf koelnarchitektur.de entnommen. Foto: © Tomas Riehle)„Architekten träumen, dass ihre guten Ideen gut gebaute Realität werden – und bleiben. Eine gute Architektur­fotografie doku­men­tiert die Qualität eines archi­tek­tonischen Entwurfs. Sie lebt oft länger als der schönste Bau.“ Das gilt ganz sicher für die Foto­grafien von Tomas Riehle, einem der profi­lier­testen Architektur­fotografen der letzten Jahr­zehnte, der am 5. Juli 2017 verstorben ist.

In einem persönlichen Nachruf würdigt Prof. Rolf Sachsse Leben und Werk von Tomas Riehle:

Tomas Riehle 1949 – 2017

Nach langer Krankheit ist am 5. Juli 2017 der Fotograf Tomas Riehle gestorben, einer der stilsichersten Interpreten moderner Architektur, die es in Deutschland je gab. Der Sohn eines Architekten studierte zunächst Design und Fotografie an der Folkwang-Schule in Essen, bevor er an die Kunstakademie in Düsseldorf wechselte und dort bei Erwin Heerich in die Bildhauer-Klasse ging. Seine Abschlussarbeit dort war eine hinreißende Bildserie aus dem Treppenhaus des Akademiegebäudes an der Eiskellerstraße, die schon alle Elemente seiner späteren Fotografie zeigte: Eine präzise Projektion von Volumina auf die Bildfläche, dazu das für jede Sicht allein passende Licht, und alles in einer Modulation zwischen hart und weich, gleich ob in Schwarzweiß oder Farbe. Zu Zeiten von Becher’schem Grau-in-Grau und Essener Überbelichtungsfarbigkeit war ein kraftvolles Auftreten in klarer Geometrie und starker Beleuchtung bereits ein Statement eigener Art: Tomas Riehle sah seine Bilder immer als überzeitlich an, die durchaus länger halten sollten als die abgebildeten Gebäude.

Nach Studienabschluss folgte ein Stipendium für Paris, wo Tomas Riehle sich ganz bildhauerisch als Fotograf den Wohnbauten an der Rue Tolbiac von Christian de Portzamparc näherte – in Nachtaufnahmen, bei denen die Volumina die klassischen Verhältnisse von Figur und Grund sprengen. Schon kurz zuvor hatte Riehle jedoch bei seinem Professor und dessen Sohn sein eigentliches Lebensthema gefunden, das bis heute mit ihm identifiziert wird: die Darstellung der Museumsbauten auf der Insel Hombroich bei Neuss nach Entwürfen von Erwin Heerich. Die Einbindung der kubischen Bauten in die niederrheinische Landschaft, vertrackte Geometrien der späten Moderne, die Blicke von innen nach außen und unten nach oben – diese Themen werden den Architekturfotografen Tomas Riehle, der nun die Bildhauerei hinter sich lässt, für gute zwei Jahrzehnte beschäftigen. Die Liste der Architekten, für die er arbeitet, liest sich wie ein Who Is Who der Baukultur in Deutschland: Joachim Schürmann, Klaus Bürger, Nikolaus Fritschi, Karl-Heinz Petzinka, Hadi Tehrani und viele andere. 2006 nannte er eine Präsentation seiner Bilder „Wenn Architekten träumen“ – dann tun sie dies eben in seinen Bildern.

Neben diesen Auftragsarbeiten in freundschaftlichem Rahmen und der Gründung einer erfolgreichen Bildagentur für Architekturfotografie waren Tomas Riehle immer wieder auch Projekte wichtig, die das Medium Fotografie und seine Bindung an die Zentralperspektive thematisierten. So entstanden Reihenaufnahmen als „fotografische Abwicklungen“, wie er es nannte, teilweise von gigantischer Länge: Der Canal Grande in Venedig sollte 2004 als Plane von drei Meter Höhe und 300 m Länge an die Kölner Hohenzollernbrücke montiert werden, die fotografische Überquerung einer Wasserstraße durch eine andere. Aus diesem Projekt wurde leider ebenso wenig etwas wie aus dem schönen Plan der Einrichtung eines Museums für Architekturfotografie am Weg zwischen der Museumsinsel Hombroich und der Raketenstation. Die letzten zehn Jahre seines lebens widmete sich Tomas Riehle einem Mammutprojekt, das glücklicherweise noch sein Ende in einem gut gestalteten Buch fand: Er nahm sämtliche Brücken über den Rhein auf, vom einfachen Brett über dem Bach nahe der Quelle bis zur Erasmusbrücke in Rotterdam und zum Haringvlietdamm an der endgültigen Mündung in die Nordsee.

Tomas Riehle war ein Mensch, der ruhig und überlegt sprach, dann aber auch mit dem Anspruch auf Wahrheit und Willen – dasselbe gilt auch für seine Bilder. Nichts Schnelles, nichts Experimentelles schuf er, aber alles in höchster Präzision und mit bester Gestaltung. Schon zu Lebzeiten war Tomas Riehle ein Klassiker der Architekturfotografie; das wird er nach seinem Tod auch bleiben.

Rolf Sachsse


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