AOK oder Porsche?

Vor einiger Zeit erzählte mir ein Bekannter folgende banale Geschichte: Seine Mitbewohnerin erzählte ihm, sie habe heute etwas gekocht. Voll hungriger Vorfreude machte sich mein Bekannter auf den Weg in die Küche. Sie ihm auf den Fersen. Nachdem er festgestellt hatte, dass es nichts mehr gab, sagte sie ihm: „Ich habe aber schon alles aufgegessen.“

Der Information kommt in der Ökonomie eine wichtige Rolle zu. Denken wir z.B. an Moral Hazard, Adverse Selektion und das Principal Agent-Problem. Somit dachte ich darüber nach, warum die Information: „Ich habe etwas gekocht“ überhaupt weitergegeben wurde, da sie ja für den Empfänger gar keinen Nutzen zu haben scheint, mithin der Informationsaustausch obsolet ist.

Ich dachte eine Weile darüber nach und dann wusste ich auf einmal, was der Hintergrund dieser Information sein könnte. Es ging sogar soweit, dass diese Erkenntnis einen Paradigmenwechsel bei mir einleitete. Aber erst einmal der Reihe nach:

Wir lernen in der Volkswirtschaftslehre, dass jedes Individuum seinen Nutzen maximiert. Jedes Individuum teilt sein Zeitbudget in Arbeits- und Freizeit auf. Die Arbeitszeit wird über die Lohnzahlung kompensiert, womit sich dem Individuum Konsummöglichkeiten eröffnen. Es wird konsumiert, wenn das konsumierte Produkt bzw. die konsumierte Dienstleistung einen höheren Nutzen spendet als das Geld, das man dafür ausgibt. So konsumiert jedes Individuum in unserer schönen Volkswirtschaft nutzenmaximierend.

Die Beobachtung der Realität hat mich jedoch an diesem einfachen Erklärungskonzept zweifeln lassen. Im Grundsatz konnte ich dem Modell folgen, aber einige Punkte haben mich stutzig werden lassen. Bis eben zu jener banalen Geschichte.

Als ich so darüber nachdachte, stieß ich darauf, dass es nicht ein Nutzenkonzept gibt, sondern zwei: ein positives und ein negatives. Das positive Nutzenkonzept funktioniert wie klassischerweise in der Wirtschaftstheorie angenommen. Das negative Konzept benötigt noch weitere Komponenten, und zwar: andere Konsumenten mit weniger Konsummöglichkeiten und – ganz wichtig – Neid.

Die Nutzenmaximierung nach dem negativen Nutzenkonzept funktioniert nun folgendermaßen: Individuum 1 konsumiert wie oben beschrieben. Aber er hat aus diesem Konsum keinen Nutzen. Erst wenn es ein Individuum 2 gibt, das auch konsumieren will, aber sich den Konsum von Individuum 1 nicht leisten kann UND neidisch auf Individuum 1 ist, dann entsteht bei Individuum 1 Nutzen.

So konnte erst der Nutzen bei der Mitbewohnerin meines Bekannten entstehen, da die Nahrungsaufnahme allein keinen Nutzen stiftete, sondern erst die Tatsache, dass schon alles aufgegessen war (Konsumausschluß) und mein Bekannter noch Hunger (analog zu beschriebenem Modell: neidisch war) hatte.

Diese Erkenntnis half mir in vielen Gesprächen weiter und läßt mich auch annehmen, dass sich Menschen grundsätzlich darin einteilen lassen, ob sie ein positives oder ein negatives Nutzenkonzept haben.

Wenn ich z.B. wieder mit einem frustrierten Mitbürger über die Situation in unserem Lande rede und mir mein Gesprächspartner weismachen möchte, wie schlecht doch alles in Deutschland sei, dann komme ich sehr schnell auf die Krankenversicherung zu sprechen. Ich ziehe aus ihr direkt einen Nutzen, da ich weiß, dass mich die Gesellschaft nicht dahinvegetieren oder sterben lässt, falls ich einen schlimmen Unfall oder eine ernsthafte Krankheit habe. Ich ziehe auch einen Nutzen, daraus, dass diesen Schutz auch meine Geschwister, Eltern, Verwandte, meine Freundin und Bekannte genießen.

Allerdings ist die Krankenversicherung völlig unbrauchbar für Menschen, die ein negatives Nutzenkonzept haben. Denn jeder und jede ist in Deutschland krankenversichert. Somit kann niemand auf die Krankenversicherung eines anderen neidisch sein.

Sehr gut funktioniert das negative Nutzenkonzept bei Statussymbolen, wie z.B. einem absurd teuren Auto. Diesen kann man vorzeigen und die Fußgänger erblassen vor Neid, da sie sich ein solches Gefährt nicht leisten können. Aus diesem Neid zieht der Fahrer des teuren Autos nun seinen Nutzen.

So hat eine banale Geschichte mein ökonomisches Verständnis erweitert und wenn Sie, liebe Leser wissen wollen, was sie für ein Typ sind, dann denken Sie mal ein wenig über die AOK und Porsche nach.



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