Angekommen im Mamasein

Ich habe etwas Angst, diesen Post zu schreiben, weil ich Murphy fürchte, der immer das Gegenteil dessen bringt, was man gerade beschrien hat. Als ich den Beitrag über die Schlafkarriere meiner Kinder veröffentlichte, waren die danach folgenden Nächte sehr unruhig. Mittlerweile schlafen sie wieder sehr gut durch, aber komisch war das schon. Also bitte seht es mir nach, wenn ich in den nächsten Tagen auf Twitter das Gegenteil von dem hier Geschriebenen von mir gebe;)
Es mag für viele merkwürdig klingen, aber ich habe das Gefühl, dass ich erst jetzt, nach 4 Jahren, so richtig im Mamasein angekommen bin. Das liegt an vielen verschiedenen Aspekten, wie der zunehmenden Selbstständigkeit der Kinder, der Strukturierung des Alltags durch Arbeit und Kita, der Zufriedenheit in der Arbeitswoche, wo ich einen schönen Ausgleich zwischen Zeit für mich (Arbeit) und Zeit für die Kinder am Nachmittag habe, und vor allem an einer viel größeren Gelassenheit, die im Laufe der letzten Wochen und Monate über mich gekommen ist und die mit sich bringt, dass ich einerseits viel weniger als früher mit der Fremdbestimmung durch die Kinder hadere, andererseits viel ruhiger und ausgeglichener mit den Kindern umgehe, was sich deutlich positiv auf die allgemeine Stimmung der Kinder auswirkt und viele Konfliktsituationen entschärft.
Ich habe keine Ahnung, woher die größere Gelassenheit auf einmal kommt. Man kann sich meiner Meinung nach schwerlich zur Ruhe und Ausgeglichenheit zwingen, wenn es in einem tobt und rumort. Natürlich wirkt eine entspannte Haltung gerade im Umgang mit Kindern beruhigend und ausgleichend. Diese kann ich mir aber weder herbeireden noch -zaubern in den Momenten, wo mich alles nervt und ich meine Ruhe bräuchte. Tatsächlich muss diese Fähigkeit also in der letzten Zeit in mir gewachsen sein, und es fühlt sich sehr gut an. Ein bisschen Traurigkeit und Resignation ist auch dabei, weil mir nun mittlerweile Dinge noch unwichtiger geworden sind, die mich früher essentiell ausmachten oder störten. Aber das gehört wohl dazu, weil sich die Prioritäten eben ändern, und ich denke, solange ich das noch empfinden kann, ist der Kontakt zu dem Vor-Kind-Ich noch da. Insgesamt aber finde ich diese meine Entwicklung positiv und vor allem den aktuellen Umständen angemessen, aber es hat lange gedauert, bis dieses Gefühl des Angekommen-Seins bei mir durchgedrungen ist.
Nun sind meine Kinder ja mit 4 und knapp 2 Jahren noch relativ klein und abhängig von uns Eltern. Aber man sieht doch schon deutlich die Entwicklung, dass sie immer unabhängiger und selbstständiger werden und wir Eltern damit mehr Freiräume bekommen. Der Große kann bei den Großeltern (selten) und in der Kita (bisher einmal) übernachten, geht schon länger alleine zu Freunden und Geburtstagen und fährt im Juni auf Kitareise. Er geht allein auf Toilette, zieht sich allein an (wenn er will), hat Rituale verinnerlicht (Händewaschen), um die man lange kämpfen musste, und hat mittlerweile, glaube ich, auch erkannt, was er an seinem Zuhause hat. Er ist in den letzten Wochen nochmal sehr viel verständiger und bewusster geworden und hat Denkstrukturen entwickelt, die ich noch vor einem halben Jahr bei ihm nicht für möglich hielt. Er fährt Fahrrad, unterhält sich mit seinen Freunden und ist ganz deutlich auf dem Weg zu einem eigenständigen, nicht mehr in dem Maße von uns Eltern abhängigen Wesen.
Die Kleine ist natürlich noch wesentlich mehr auf uns, besonders mich, angewiesen. Zum Einschlafen und nachts braucht sie mich, zum Trösten ist Mama gefordert, sie will noch viel getragen werden und fragt auch an dem Papa-Nachmittag immer nach mir. Sie war noch nicht alleine bei Freunden und ich würde sie zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht alleine irgendwohin geben, wo sie keine Bezugsperson hat. In der Kita fühlt sie sich aber wohl, sucht immer wieder die Nähe des Großen, und auch wenn die Kinder mit unserer sporadischen Babysitterin oder selten genug mit den Großeltern mal für 2 Stunden unterwegs sind, tröstet und stützt sie die Anwesenheit des Bruders. Obwohl sie also noch sehr auf uns, vor allem mich, fixiert ist, merkt man doch schon, dass die absolute Abhängigkeit nachlässt und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sie auch nachts ohne mich sein kann. Diese konkrete Aussicht auf eine bald wiederkehrende Freiheit für mich ist, obwohl ich sie sicherlich nicht oft nutzen werde, so schön und freudig, dass eben selbst das Wissen um eine bald wieder zur Verfügung stehende Option viel zur Zufriedenheit beiträgt. Der Duft der Freiheit und das langsame, aber erkennbare Ende der allerschlimmsten Fremdbestimmtheit der Baby- und Kleinkindjahre reichen mir im Moment schon, um meiner Seele eine gute Stabilität zu geben, die oft fehlte in den letzten Jahren.
Aber nicht nur sind die Kinder selbstständiger geworden, auch ich bin gelassener und ruhiger geworden, was den Lärm- und Streitpegel und die täglichen kleinen Scharmützel betrifft. Man mag es auch eine gewisse Abgestumpftheit nennen, aber ich lasse viele kleinere Konflikte nicht mehr so nahe an mich ran bzw. reagiere besonnener. Mich nervt nicht mehr so vieles wie früher, weil ich es eh nicht ändern kann. Ich reibe mich auch nicht mehr innerlich auf, wenn den Kindern etwas runterfällt, kaputtgeht oder sie etwas dreckig machen. Und ich bin auch gelassener, weil ich deutliche und positive Entwicklungen sehe, besonders beim Großen. Was sich nicht geändert hat, ist, dass ich sowohl bei physischen als auch bei mentalen Wunden meiner Kinder immer extrem mitleide und deshalb sofort und ausgiebig tröste, so lange, bis es wieder gut ist. Ich bin also nicht generell abgebrühter geworden, sondern tatsächlich nur in den vielen aufreibenden Belangen. Bei diesen schlichte ich ruhig, versuche Kompromisse zu finden, spiele den Clown und probiere den Balanceakt zwischen "an mir abprallen lassen" und "intensiv auf die Kinder eingehen". Und ich merke, dass es mir und den Kindern gut tut.
Die Nachmittage mit den Kindern kann ich mittlerweile richtig genießen, ich bin froh, nach der Arbeit noch eine komplett gegensätzliche Aufgabe zu haben, genieße die frische Luft, die kleinen Erlebnisse (Eis essen, Spielplatz, Smalltalks mit Eltern, kleine Besorgungen im Kiez) und fühle mich inzwischen dem Handling von beiden Kindern auch gewachsen, was lange Zeit nicht der Fall war. Sicherlich gibt es auch immer wieder mal extreme Nervsituationen, wo dann auch bei mir das Fass überläuft. Aber insgesamt gesehen ist das deutlich weniger und seltener geworden. Ich kann mich viel besser auf die Kinder einlassen und fühle nicht mehr ständig überfordert, obwohl man sich manchmal echt zerreißen müsste, um beiden gerecht zu werden.
Halt gibt mir neben der zunehmenden Freiheit sowie der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Kinder auch die Tatsache, dass ich ein eigenes Leben habe und nicht permanent mit den Kindern zusammen bin. Auf der Arbeit kann ich ICH sein und am Nachmittag vergesse ich dann die Arbeit schnell wieder. Man hat gar keine Zeit mehr, lange irgendwelchen Problemchen nachzuhängen, weil die Kinder einen immer auf Trab halten. Die Abwechslung unter der Woche tut mir in jedem Fall sehr gut und trägt viel zur Zufriedenheit und Ausgeglichenheit bei. Bis vor kurzem habe ich die Wochenenden, wo man rund um die Uhr zusammen war, immer als sehr anstrengend empfunden und bin regelmäßig an und über meine Grenzen gekommen. Dies scheint sich nun auch zu bessern. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Letztens haben die Kinder knapp 30min zu zweit im Kinderzimmer gespielt, ohne dass es Mord- und Totschlag gab. Das war eine Sensation! Und mein Gott, diese 30min reichen mir zwischendurch schon fast, um mal kurz was für mich zu tun. Man wird ja bescheiden, aber es ist schon viel viel mehr als in den letzten 4 Jahren.
Ich habe in den letzten Jahren sehr viel mit der Fremdbestimmtheit durch die Kinder, der permanenten Anspannung und den fehlenden Ruhephasen gehadert. Dies rief eine permanente Unzufriedenheit hervor, die sich dann wiederum oft in der Ungeduld mit den Kindern niederschlug. Ich habe zwar versucht, es nicht zu zeigen, war aber immer irgendwie innerlich angespannt. Dass dies jetzt tatsächlich zum allergrößten Teil verschwunden ist, ist eine ganz neue, mich wirklich überraschende Entwicklung, die sich wie der letzte fehlende Baustein zu einer guten Mutterschaft anfühlt.
Morgen fahren wir ein paar Tage weg und sind wieder 24h am Tag zusammen. Ich bin gespannt, ob sich meine Gelassenheit dann auch bewahren lässt. Ich wünsche es mir, denn es ist ein wunderschönes Gefühl, dieses Angekommen-Sein im Mamasein.

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