Amazon, Nazis und die 2. Staffel „The Man in the High Castle“

Kurz vor Weihnachten 2016 ist Amazon mit der zweiten Staffel von The Man in the High Castle zurückgekehrt. Und gleich zu Beginn wird deutlich gemacht, dass man sich nicht davor scheut, das Hakenkreuz weiterhin in den Mittelpunkt zu rücken (was in der Vergangenheit für Kontroverse gesorgt hat). Aber seien wir ehrlich: eine Serie, in der wir halb historisch, halb Science Fiction, auf eine alternative Vergangenheit blicken, in der das Nazi-Reich an der Macht ist, sollte jede Hakenkreuz-Kontroverse als belanglos abgetan werden.

Unter dem ausführenden Produzenten Ridley Scott erzählt Showrunner Frank Spotnitz nach dem gleichnamigen Roman von Philip K. Dick von diesem alternativen Jahr 1962, in der die USA in das Greater Nazi Reich und die Japanese Pacific States aufgeteilt worden ist. Die Serie hält eine ganze Reihe von Charakteren parat, deren unterschiedlichen Ziele und Wege sich kreuzen, als ein Propaganda-Film auftaucht, der einen ganz anderen Verlauf des 2. Weltkriegs zeigt, als der ihnen bekannte Sieg der Achsenmächte.

Wir werden zum Beginn der zweiten Staffel in die Schule zurückgeschickt. Der Blick auf ein Klassenzimmer, wo die Jugendlichen den Schwur ablegen, immer Gehorsam gegenüber dem Regime zu zeigen. Dann das “Sieg Heil” in Richtung Hitler-Portrait. Ein Mann, der in der zweiten Staffel nicht nur im Hintergrund agiert, sondern auch innerhalb der Story – gerade zum Ende hin – eine wichtige Rolle einnimmt.

Hier wirft The Man in the High Castle zumindest eine Gedankenspiel-Frage auf: Ist der Siegeszug des Nationalsozialismus ein Kunststück dieser einen Person oder steckt mehr hinter der drastischen Ausrichtung, als die Vorstellungen eines größenwahnsinnigen Österreichers?

The Man in the High Castle

Cary-Hiroyuki Tagawa als Nobusuke Tagomi

Eine Randnotiz: The Man in the High Castle ist eine Serie, die man unbedingt im englischen Originalton schauen sollte. Dann kommt man auch in den Genuss allerhand amüsanter deutscher Dialoge: “Sie müssen unbedingt den Mann im hohen Schloss finden!” lautet da ein Befehl. Es ist ein wenig verwunderlich, wie sich hier der Mix aus guten Übersetzungen und Sprechern und gänzlichen Totalausfällen miteinander kombiniert.

Darüber hinaus jongliert die Serie mit viel zu vielen Figuren. Während eine Serie wie Game of Thrones ein gesundes Maß findet, die jeweiligen Storylines weiterzuerzählen – dabei manchmal eine Story komplett ausblendet – versucht The Man in the High Castle jederzeit alle Spieler zum Einsatz kommen zu lassen. Das sorgt stellenweise für reichlich Verwirrung. Wer ist eigentlich gerade wo und macht was? Wo ist der Fixpunkt der Handlung? Gibt es eigentlich ein gemeinsames Ziel?

Durch diese Streuung geht die Bedrohung verloren, die eigentlich über allem liegen sollte. Das Nazi-Regime wird zwar von der Rebellion schlecht geredet, aber in den seltensten Fällen bekommen wir das Ausmaß des Schreckens zu sehen. Vermutlich möchte die Serie hier von unserer Vorprägung profitieren, die Nazis ohnehin als das größte Übel dieser Welt wahrzunehmen. Der Dramatik der Serie würde es gut tun, uns dennoch hier und dort mit einigen Bildern daran zu erinnern.

Auch in der zweiten Staffel sind die Settings und die Ausstattung der größte Schauwert dieser Serie. Man denkt an düstere Sci-Fi Nazi-Dystopien, findet sich aber technologisch auf einer vergangenen Zeitleiste wieder. Leider müssen langweilige Figuren in diesen Settings agieren, deren Beweggründe nur leidlich angekratzt werden und die selbst keinerlei Talent besitzen, uns etwas für sie empfinden zu lassen. Also mehr etwas fürs Auge.

The Man in the High Castle

Die Settings in „The Man in the High Castle“ sind exzellent!

Schon die erste Season konnte allenfalls Historik-Liebhaber für sich begeistern, die dieses geschichtliche Gedankenexperiment visuell vorgeführt bekommen wollten. Aber sowohl dort als auch hier fehlt es an einem Spannungsbogen. Die Staffel dümpelt vor sich hin, bis sie zu einem – zugegeben – Interesse weckenden 3 Folgen starken Finale ansetzt, an dessen Ende ein Cliffhanger steht, den man sich für jede Folge wünschen würde.

Ausgerechnet am Ende aller Dinge nimmt die Staffel Fahrt auf und spielt gleich mit mehreren alles verändernden Elementen, die zum Start der Staffel interessant gewesen wären. Es bleibt nur zu hoffen, dass eine weitere Staffel von diesen Entwicklungen profitieren kann. So ähnelt diese Staffel der vorherigen, die man fast schon nicht auseinander halten kann. Bisher wartet man vergeblich auf Episoden, an die wir uns erinnern können, in denen uns Momente geboten werden, die Diskussionsbedarf bieten, wie sie von Serie wie Orange is the New Black, Daredevil oder Game of Thrones bereits abgeliefert wurden.


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