Alles ohne Lena - Stefan Boonen

Alles ohne Lena - Stefan Boonen"Ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Wie ich wieder mit mir selbst anfangen soll. Alles fängt wieder bei null an. Ich bin null.     Verdammt nochmal, Lena."
Autor: Stefan Boonen
Titel: Alles ohne Lena
Niederländischer Originaltitel: 100% Lena
Erscheinungsjahr: 2011
Verlag: Oetinger
Seitenzahl: 124
Reihe: /

Erster Satz: Im Haus duftet es nach Waffeln.
Inhalt:
Lena ist Bas' große Schwester. An einem Frühlingstag bringt sie sich wie aus dem Nichts um, springt einfach vor einen Zug. Sie lässt ihre Familie und ihre Freunde ratlos und voller Trauer zurück. Plötzlich scheint das Leben von Bas und seinen Eltern seltsam leer. Es gibt zu viele Fragen, aber keine Antworten und das Gefühl des Vermissens scheint nicht schwächer zu werden. Wie soll Bas einfach so weiterleben, ohne Lena?
Meine Meinung:
Alles ohne Lena ist ein kleines Buch über Trauer und Verlust. Erzählt wird es aus der Sicht des Viertklässlers Bas weswegen die Sätze oft sehr kurz sind und unvollständig wirken. Teilweise besteht das Buch eher aus einer Aneinanderreihung von Gedanken, als einer strukturierten Erzählung. Das erscheint mir für das Thema doch sehr passend. Durch diese emotionale Schreibweise gewinnt das Buch viel an Gefühlen. Ich hätte die etwas über hundert Seiten am liebsten durchgeweint, so sehr hat es mich berührt.
Die Sicht von Bas auf die Geschehnisse ist noch sehr stark von kindlichen Gedanken geprägt. Einerseits ist er mit seinen etwa zehn Jahren schon so reif, dass er ganz genau versteht, was um ihn herum vor sich geht, doch andererseits sind seine Gedanken völlig ungefiltert. Im Gegensatz zu den Erwachsenen sagt Bas einfach, was er denkt, und hält seine Meinung und Gefühle nicht zurück. So stellt er auch die beschönigenden Ausdrucksweisen der Erwachsenen und das mitleidige Verhalten seiner Mitmenschen in Frage.
"Es klang lächerlich fand ich. Abschied nehmen hieß doch Winken oder jemanden einen Kuss geben, jemanden versprechen zu schreiben. Auf jeden Fall hieß es nicht, vor einen Zug zu springen." (Seite 31)
 So klingt das ganze Buch völlig offen und ehrlich. Kein Gefühl, auch nicht die schlechten der Wut und des Ärgers, die man normalerweise in der Öffentlichkeit nicht thematisiert, wird verschleiert. Und jeder der schon einmal einen Menschen vermisst hat, kann das Nachvollziehen und wem dieses Buch kaltlässt, der hat wohl keine Gefühle. Mich hat es sehr sehr nachdenklich und auch zurückgelassen. Am Ende wird nocheinmal ganz klar deutlich, dass eine solche Geschichte kein reines Happy End haben kann, denn dies hätte konstruiert und falsch gewirkt.
Obwohl Lena gute Freundinnen, verständnisvolle Eltern und einen kleinen Bruder, den sie anscheinend sehr liebte, hatte, hat sie sich dennoch umgebracht und keiner kann sich richtig erklären warum. Ein wichtiger Teil dieses Buches ist immer wieder die Frage nach dem "Warum?" und die Erkenntnis, dass es keine befriedigende Antworten auf diese Frage gibt. Man kann nur im Ansatz erahnen, wie sehr das Menschen in solch einer Situation leiden lässt. Es bringt einen beim Lesen aber auch dazu, selber auf die an die Menschen im eigenen Umfeld zu denken und sich die Frage zu stellen, ob man selber merken würde, wenn es einem davon wirklich schlecht geht...
Fazit:
Alles über Lena ist auf jeden Fall empfehlenswert. Dieses kleine Buch enthält soviel Gefühl, wie nur wenige Bücher die ich bisher gelesen habe. Es beschäftigt sich sehr ehrlich und einfühlsam mit dem schwierigen Thema Selbstmord. Bas ist jemand, mit dem man sich sofort identifizieren kann, eben weil seine Sicht der Dinge so ehrlich dargestellt wird. Und weil er seine Schwester wirklich sehr vermisst.
♥♥♥♥♥

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