Das Leben in der Little Flower School nimmt seinen Lauf und im Moment bin ich voll und ganz glücklich mit den Aufgaben, die mich tagtäglich begleiten.
Am vergangenen Wochenende waren Jakin Mam und Binu Sir, die eigentlich das Waisenheim leiten, zu einer Hochzeit in Kerala eingeladen und verließen für vier Tage unsere wunderschöne Little Flower School. Für diese Zeit wurde Franz und mir die Verantwortung für die Kids übertragen – welch' eine Ehre. Außer Kindern und uns beiden waren natürlich noch die üblichen Campusbewohner vor Ort, also die beiden Köchinnen Divya und Theresa und die vier Hostel-Lehrer, die die Kinder in ihren Lernzeiten mit betreuen.
Am Sonntag fand eine Erstkommunionsfeier in der nahegelegenen Kirche statt. Wir, d.h. die gesamte Little Flower Family war zu vor herzlich dazu eingeladen wurden. Es hatten fünf Schüler unseres Institutes ihre heilige Kommunion. Natürlich wären alle auch so am Sonntag zur Messe gegangen, aber es gab da ja nicht nur den Gottesdienst zu feiern. Im Anschluss dessen fand nämlich noch eine richtige indische Fete für Groß und Klein statt, die von den Eltern der Kommunionskinder organisiert wurde. Mit einer indischen Fete meine ich die Art von Veranstaltung, bei der man zu hundert ganz steif in Reihen von Plastikstühlen vor einer Bühne sitzt, Essen und Getränke von Kellnern herum gereicht werden und ein DJ dazu westliche Party-Musik ohrenbetäubend laut auflegt. Ja, die indischen Feiern sind schon gewöhnungsbedürftig. Auf der erwähnten Bühne saßen übrigens die Familien der Kommunionskinder und haben vor den Augen aller sich von jenen Kindern Tortenstücke in den Mund legen lassen. Dann wurde geklatscht! Auch wir bekamen etwas zu essen. Erst wurde jedem komischerweise eine Hähnchenkeule mit Serviette zum Platz gebracht und danach eröffnete man das Buffet. Eine leckere Mische aus der südindischen Küche wurde aufgetischt. Den Vegetarismus, für den Indien ja eigentlich sehr bekannt ist, findet man bei den Christen eher weniger. Hindus, die bei der Veranstaltung dabei waren machen auch oft auf solchen für sie nicht religiösen Events eine Ausnahme und gönnen sich das Hähnchen.
Etwas, was mich allerdings etwas stutzig gemacht hat, ist die Tatsache, dass bei solch einem Event auch Alkohol öffentlich ausgeschenkt wurde. Das ist normaler Weise in Indien eine streng von der Gesellschaft ablehnte Sache. Getrunken wird meist nur heimlich und das an ganz skurrilen Orten. In sogenannten „Bar / Restaurant“-Kombinationen werden in abgeschotteten Kabinen bei dunkelstem Licht vorzugsweise Brandy oder Whiskey mit Wasser verdünnt bestellt – Essen tun dort die Wenigsten. Aufgrund der Tatsache, dass Alkohol verpönt ist, soll alles weitestgehend anonym bleiben. Die Gäste solcher Lokale sind meist männlich und über Vierzig. Da fast jeder Inder vor dem dreißigsten Lebensjahr heiratet oder verheiratet wird, sind auch die Männer in den „Kneipen“ oft Familienväter, die das wenige Geld, was sie verdienen nach der Arbeit oder auch schon tagsüber versaufen. Meist sitzen sie nur da, heben ihr Glas oder starren es an. Für die Familie bleibt dann nicht mehr viel über, geschweige denn für die Bildung der Kinder. Da man dieses Phänomen in Indien sehr häufig findet, ist Alkohol, wie bereits erwähnt, verrufen. Bereits an meinem ersten Arbeitstag hat man mir gesagt, dass ich das örtliche „Restaurant“ aus diesem Grund meiden solle. Denn es steckt noch viel mehr dahinter. Selbst wenn man nur eine Kleinigkeit essen möchte, muss man das Wirtshaus ja betreten. Sollte man in diesem Moment oder beim Herausgehen beobachtet werden, können natürlich ganz schnell die falschen Eindrücke entstehen und Gerüchte die Runde machen. Wenn nun zufällig bis zu einem Elternteil durchdringt, dass der freiwillige „Lehrer“ der Kinder, der ja eine Vorbildfunktion einnehmen sollte, sich in den beschriebenen Lokalen aufhält, ist das sogar für den Ruf der gesamten Schule schädlich.
Nach dieser doch etwas längeren „Kultur-Erläuterung“ also noch mal: Die Tatsache, dass Alkohol öffentlich auf der Kommunionsfeier ausgeschenkt wurde und auch der ein oder andere Gast, dieses Angebot mehr als nur wahrgenommen hat, ist doch total widersprüchlich zu dem Rest, was ich bisher von Indien kennen gelernt habe. Auf der einen Seite ist Prozentiges so verschrien, dass es im geheimen getrunken werden muss und auf der anderen Seite darf sich bei einer Kommunion von Viertklässlern jeder volljährige Gast vor den Augen dutzender Kinder betrinken und es wie gesagt, teilweise auch tut, da er diese seltene akzeptierte Möglichkeit auch nutzen möchte. Das er dabei sein Limit natürlich nicht einschätzen kann, steht außer Frage.
Die Kinder der Little Flower School wussten jedenfalls Bescheid, von dem, was da ausgeschenkt wurde und haben sich nicht groß gewundert...
(Fortsetzung folgt...)
Am vergangenen Wochenende waren Jakin Mam und Binu Sir, die eigentlich das Waisenheim leiten, zu einer Hochzeit in Kerala eingeladen und verließen für vier Tage unsere wunderschöne Little Flower School. Für diese Zeit wurde Franz und mir die Verantwortung für die Kids übertragen – welch' eine Ehre. Außer Kindern und uns beiden waren natürlich noch die üblichen Campusbewohner vor Ort, also die beiden Köchinnen Divya und Theresa und die vier Hostel-Lehrer, die die Kinder in ihren Lernzeiten mit betreuen.
Am Sonntag fand eine Erstkommunionsfeier in der nahegelegenen Kirche statt. Wir, d.h. die gesamte Little Flower Family war zu vor herzlich dazu eingeladen wurden. Es hatten fünf Schüler unseres Institutes ihre heilige Kommunion. Natürlich wären alle auch so am Sonntag zur Messe gegangen, aber es gab da ja nicht nur den Gottesdienst zu feiern. Im Anschluss dessen fand nämlich noch eine richtige indische Fete für Groß und Klein statt, die von den Eltern der Kommunionskinder organisiert wurde. Mit einer indischen Fete meine ich die Art von Veranstaltung, bei der man zu hundert ganz steif in Reihen von Plastikstühlen vor einer Bühne sitzt, Essen und Getränke von Kellnern herum gereicht werden und ein DJ dazu westliche Party-Musik ohrenbetäubend laut auflegt. Ja, die indischen Feiern sind schon gewöhnungsbedürftig. Auf der erwähnten Bühne saßen übrigens die Familien der Kommunionskinder und haben vor den Augen aller sich von jenen Kindern Tortenstücke in den Mund legen lassen. Dann wurde geklatscht! Auch wir bekamen etwas zu essen. Erst wurde jedem komischerweise eine Hähnchenkeule mit Serviette zum Platz gebracht und danach eröffnete man das Buffet. Eine leckere Mische aus der südindischen Küche wurde aufgetischt. Den Vegetarismus, für den Indien ja eigentlich sehr bekannt ist, findet man bei den Christen eher weniger. Hindus, die bei der Veranstaltung dabei waren machen auch oft auf solchen für sie nicht religiösen Events eine Ausnahme und gönnen sich das Hähnchen.
Etwas, was mich allerdings etwas stutzig gemacht hat, ist die Tatsache, dass bei solch einem Event auch Alkohol öffentlich ausgeschenkt wurde. Das ist normaler Weise in Indien eine streng von der Gesellschaft ablehnte Sache. Getrunken wird meist nur heimlich und das an ganz skurrilen Orten. In sogenannten „Bar / Restaurant“-Kombinationen werden in abgeschotteten Kabinen bei dunkelstem Licht vorzugsweise Brandy oder Whiskey mit Wasser verdünnt bestellt – Essen tun dort die Wenigsten. Aufgrund der Tatsache, dass Alkohol verpönt ist, soll alles weitestgehend anonym bleiben. Die Gäste solcher Lokale sind meist männlich und über Vierzig. Da fast jeder Inder vor dem dreißigsten Lebensjahr heiratet oder verheiratet wird, sind auch die Männer in den „Kneipen“ oft Familienväter, die das wenige Geld, was sie verdienen nach der Arbeit oder auch schon tagsüber versaufen. Meist sitzen sie nur da, heben ihr Glas oder starren es an. Für die Familie bleibt dann nicht mehr viel über, geschweige denn für die Bildung der Kinder. Da man dieses Phänomen in Indien sehr häufig findet, ist Alkohol, wie bereits erwähnt, verrufen. Bereits an meinem ersten Arbeitstag hat man mir gesagt, dass ich das örtliche „Restaurant“ aus diesem Grund meiden solle. Denn es steckt noch viel mehr dahinter. Selbst wenn man nur eine Kleinigkeit essen möchte, muss man das Wirtshaus ja betreten. Sollte man in diesem Moment oder beim Herausgehen beobachtet werden, können natürlich ganz schnell die falschen Eindrücke entstehen und Gerüchte die Runde machen. Wenn nun zufällig bis zu einem Elternteil durchdringt, dass der freiwillige „Lehrer“ der Kinder, der ja eine Vorbildfunktion einnehmen sollte, sich in den beschriebenen Lokalen aufhält, ist das sogar für den Ruf der gesamten Schule schädlich.
Nach dieser doch etwas längeren „Kultur-Erläuterung“ also noch mal: Die Tatsache, dass Alkohol öffentlich auf der Kommunionsfeier ausgeschenkt wurde und auch der ein oder andere Gast, dieses Angebot mehr als nur wahrgenommen hat, ist doch total widersprüchlich zu dem Rest, was ich bisher von Indien kennen gelernt habe. Auf der einen Seite ist Prozentiges so verschrien, dass es im geheimen getrunken werden muss und auf der anderen Seite darf sich bei einer Kommunion von Viertklässlern jeder volljährige Gast vor den Augen dutzender Kinder betrinken und es wie gesagt, teilweise auch tut, da er diese seltene akzeptierte Möglichkeit auch nutzen möchte. Das er dabei sein Limit natürlich nicht einschätzen kann, steht außer Frage.
Die Kinder der Little Flower School wussten jedenfalls Bescheid, von dem, was da ausgeschenkt wurde und haben sich nicht groß gewundert...
(Fortsetzung folgt...)