Ägypten: Mobilfunknetz abgeschaltet

Als nach den ersten Festnahmewellen im Zuge der Grünen Bewegung in Iran herauskam, dass einen nicht unerheblichen Anteil daran auch das Unternehmen Siemens-Nokia hatte, blieb der Aufschrei … ungehört.
Zumindest in den großen Medien. In Iran hatte das Konsequenzen: unter anderem brach der Markt für Nokia-Handys zusammen. Ich weiß nicht, wie das derzeit damit aussieht; dass sich Siemens-Nokia für immer unbeliebt gemacht hat bei seinen iranischen Kunden, das weiß ich.

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Photo: Dixel (Pixel y Dixel)

Siemens-Nokias Software war es zu verdanken, dass iranische Oppositionelle zielgenau verfolgt und in Folge dessen verhaftet werden konnten. Die “Entschuldigungen” der Unternehmensgruppe klingen noch heute in meinen Ohren. Verlogen und menschenverachtend. Wo Gewinn über Menschlichkeit, wo Profit über Solidarität steht, da darf kein Mitgefühl entstehen.
In meinen Haushalt kommt seitdem kein Nokia und kein Siemens-Gerät mehr. Soviel Kreide können die beiden Unternehmen gar nicht fressen.

Und heute? Heute also Vodafone:

"In einem Interview mit dem Handelsblatt hat Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International, den britischen Telekommunikationsriesen Vodafone heftig angegriffen. Vodafones Bereitschaft, das Mobilfunknetz nach Aufforderung durch die Behörden abzuschalten, entlarve “eine schockierende Geringschätzung der Meinungsfreiheit”, so Shetty. Mit über 25 Millionen Kunden ist Vodafone einer der größten Mobilfunkanbieter in Ägypten." (Heise)

Wenn man sich dazu die Kommentare auf der Facebookseite von Vodafone Deutschland anschaut, kommt einem das kalte Grausen: Einmal abgesehen davon, dass sich die Firma selbst gar nicht meldet, sondern auf eine Stellungnahme der Mutter hinweist: 

"Saturday 29 January 2011. Vodafone restored voice services to our customers in Egypt this morning, as soon as we were able.
We would like to make it clear that the authorities in Egypt have the technical capability to close our network, and if they had done so it would have taken much longer to restore services to our customers.
It has been clear to us that there were no legal or practical options open to Vodafone, or any of the mobile operators in Egypt, but to comply with the demands of the authorities.
Moreover, our other priority is the safety of our employees and any actions we take in Egypt will be judged in light of their continuing wellbeing."

Nur damit ich das richtig verstehe: Vodafone schaltet vorsorglich, “zum Schutze der eigenen Mitarbeiter” das Mobilfunknetz ab – in vorauseilendem Gehorsam – um dann stolz zu verkünden, dass es nun wieder online ist.

Ich sende Euch gleich Blumen für Eure Heldentat, Freunde. Könnt aber sein, dass es Disteln sind.

In den FB-Kommentaren, die sehr deutliche Kritik an Vodafone äußern, wird mit kaum einem Wort auf die oben zitierte Stellungnahme von Amnesty International eingegangen. Es gibt einen Eintrag auf der Pinnwand, da schreibt ein User: ”
“Vodafone ist mit an den Toten in Ägypten mit schuldig und hat Blut an seinen Händen. Vodafone Deutschland als Konzerntochter ist damit abzustrafen, ich hoffe dass das allen demokratisch gesinnten VF Kunden klar ist!” Reaktion? Fehlanzeige.

Nur Speichellecker wie A. Braun und U. Weber geben ihre dauerhaften und immer wiedergekäuten Senf ab: ist doch alles gar nicht so schlimm. Kann ja mal vorkommen. Und überhaupt: Vodafone ist toll. Ich weiß nicht, ob die Damen und Herren vom Unternehmen bezahlt sind, wie mehrfach vermutet; aber dass sie sich widerwärtig zu Mittätern machen, steht außer Frage.

Diese Jubelperser machen sich mitschuldig daran, wenn sich Unternehmen wie Siemens-Nokia oder aktuell Vodafone zu Handlangern von Diktaturen machen. Denn ohne nachzudenken Vorgekautes wiederholen ist ebenso verwerflich wie Wegschauen und/oder mittun.

Dieses Versagen bürgerlichen Engagements ist einfach nur bitter mitanzusehen. Solche Menschen wie die Genannten A. Braun und U. Weber sind mir ferner als irgendein fremder Ägypter, der für seine Freiheit und für Demokratie auf die Straße geht. Von einem weltweit operierenden Konzern wie Vodafone erwarte ich keine Menschlichkeit. Von Menschen allerdings.

Nic


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