IM KINO! ©20th Century Fox
Hätten James Bond und Austin Powers ein Adoptivkind großgezogen, dessen Onkel Jean Dujardin in „OSS 117“ ist, „Kingsman: The Secret Service“ wäre das Ergebnis. Regisseur Matthew Vaughn („Kick Ass“) rast seit seinem Erstling „Layer Cake“ mit einer erstaunlichen Zielsicherheit durch die Genres und tritt selten daneben. Ob Fantasy, Superhelden oder eben nun Agenten – sie alle finden sich in seinem Repertoire. Zusammen mit Comicautor Mark Millar entwirft er einen völligen Gegenentwurf zum James Bond in der Post-Brosnan-Ära. Von Ernsthaftigkeit keine Spur, mäandert das Filmchen durch eine Parade der Schwachsinnigkeit, die ihm außerordentlich gut steht.Im Mittelpunkt der Story steht der Taugenichts Eggsy, der von einem Agenten der Kingsmen vor dem Knast bewahrt wird. Zur gleichen Zeit versucht ein irrer Milliardär – wie könnte es anders sein – die Weltordnung gehörig durcheinander zu bringen. Das nimmt Vaughn als Anlass um nach Herzenslust geballtes Kinofeuerwerk abzubrennen, das noch lange in den Köpfen der Zuschauer umherschwirrt.
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Das Publikum sollte jedoch nicht den Fehler begehen, auch nur einen Funken des Films ernst zu nehmen. „Kingsmen: The Secret Service“ ist sich seines Standes stets bewusst, kokettiert damit und gibt selten vor, etwas anderes zu sein, als pure Persiflage. Das geschieht zuweilen so überdeutlich, dass man den Film schon wieder ernst nehmen könnte. Doch genauso, wie Samuel L. Jackson als lispelnder Bösewicht ein Abziehbild eines Bond-Superbösewichts ist, sind die Kingsmen die Karikatur eines James Bond. Sie sind durch und durch britisch, besitzen tiefschwarzen Humor und töten mit Stil. Im Verlauf des Films gehen an die hundert Menschenleben auf ihr Konto, oftmals wird brutal hingerichtet und ihr Aufnahmeverfahren ist nichts weniger als menschenverachtend. Doch sie selbst sehen sich als strahlende Ritter in weißer Rüstung. Entdeckt jemand den Widerspruch? Das ist also die wahre Maske, hinter der sich ein James Bond versteckt, die in seinen Filmen jedoch niemals gezeigt wird. Chauvinistisch, eiskalt und soziopathisch. All das zeigt „Kingsmen: The Secret Service“ auch, doch – wie schon gesagt – er ist sich dessen bewusst. Kein Wunder, dass Einige ihm diese Eigenschaften vortragen, obwohl sie lediglich reflektieren.Davon abgesehen ist „Kingsmen: The Secret Sercive“ ein cineastisches Freudenfest. Action, wie man sie in dieser Art selten zu Gesicht bekommt und Darsteller, die nach Herzenslust aufspielen. Wenn Beides zusammen trifft, ergeben sich hochspannende und unterhaltsame Momente. So ist Colin Firth in seiner Paraderolle als britischer Gentleman der eigentliche Star des Films und besitzt auch gleichzeitig die beste Filmszene. Doch auch Debütant Taron Egerton ist endlich mal kein blasser Neuling, sondern fügt sich hervorragend in das hochkarätige Ensemble ein.
„Kingsmen: The Secret Servive“ wird garantiert die Gemüter spalten. Die zur Schau gestellte Brutalität, die vordergründige Frauenfeindlichkeit – all könnte auf den ersten Blick abstoßend wirken. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt eine formidable (vor allem) Bond-Parodie, die auch auf eigenen Füßen steht. So ist beispielsweise die viel gescholtene Schlussszene mit der skandinavischen Prinzessin nichts weiter als eine Persiflage auf eine ähnliche Sequenz aus einem Connery-Bond. Und eben KEINE Frauenfeindlichkeit. „Kingsmen: The Secret Service“ ist überhaupt nicht subtil, zugegeben. Auch die Einführung der Agententruppe, ihre Werte und Ansichten sind problematisch und fügen sich nicht zu einem funktionierenden Ganzen zusammen. Aber das tut es bei James Bond auch nicht – jedenfalls nicht so offensichtlich. So gesehen ist „Kingsmen: The Secret Service“ bloß konsequent in dem, was er tut.
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BEWERTUNG: 08/10Titel: Kingsman - The Secret ServiceFSK: ab 16 freigegebenLaufzeit: 129 MinutenErscheinungsjahr: 2015Genre: Agenten, Action, ParodieRegisseur: Matthew VaughnDarsteller: Colin Firth, Taron Egerton, Mark Strong, Samuel L. Jackson, Michael Caine, Mark Hamill, Sofia Boutella, Jack Davenport