Inga Lürsens schwerster Fall: "Tatort: Die Wiederkehr" aus Bremen


Neulich erst fuhr ich durch Bremen, vorbei am Westerstadion, vorbei an der Produktionsstätte von Beck's, vorbei am riesigen Gelände von Jacobs Kaffee. Hier lässt sich's gut leben, dachte ich mir so, für genügend Bier ist stets gesorgt und der Kater nach einer verlorenen Werder-Partie lässt sich durch einheimisch produzierten Kaffee ebenfalls bestens eindämmen. Prima, fehlt eigentlich nur noch ein guter Tatort.Zwar besitzt die Stadt schon seit vielen Jahren, genauer gesagt seit 2001, ein fest eingespieltes Team mit Sabine Postel als Inga Lürsen und Oliver Mommsen als Kommissar Nils Stedefreund. Sonderlich spektakulär waren die Fälle aus dem Norden allerdings nie, eher gutes, manchmal auch biederes Mittelmaß – oft brauchte man entweder einen Schluck Beck's zum Schöntrinken oder einen Schuss Jacobs Krönung zum Wiederwachwerden. Die aktuelle Ausgabe „Die Wiederkehr“ überrascht insofern, dass man weder Bier noch Kaffee braucht – viel mehr benötigt es einen klaren Kopf für die neunzig Minuten. Unter der Regie von Florian Baxmeyer entstand kein klassischer Ermittlerkrimi, viel mehr ist der Film ein Familiendrama, das mitreißt und mit vielen Wendungen aufwartet. Und zugleich ist es Inga Lürsens schwerster Fall.

Ihr schwerster Fall! (Schmeide, Postel, Mommsen, v.l.) ©Radio Bremen/Jörg Landsberg

Dabei bedient sich auch „Die Wiederkehr“ anfangs an einem Kniff, der sich scheinbar zum Jahres-Trend des Tatorts entwickelt – nämlich an einer Rückblende. Wir sind im Jahr 2005, wo Inga Lürsen einen alkoholkranken Vater in die Mangel nimmt. Ihm wirft sie vor, seine Tochter Fiona umgebracht zu haben. Von ihr fehlt jede Spur, in seinem Wagen fanden die Ermittler Klamotten des Mädchens, er kämpft mit seiner Sucht – die Sache scheint sonnenklar. Als der Vater eingesperrt wird, bringt er sich in seiner Zelle um. Ein Schuldeingeständnis? Für Fionas Mutter (großartig: Gabriela Maria Schmeide) mutiert Lürsen fortan zur Zielscheibe. Sie sei schuld an allem, erst recht daran, dass man Fionas Leiche nie fand.10 Jahre sind nun ins Land gegangen – ja, das ist tatsächlich ulkig: Der Tatort spielt im Jahre 2015 und es herrscht Sommer, sozusagen ist „Die Wiederkehr“ gewissermaßen Science-Fiction...-, plötzlich ist Fiona wieder da. Lebendig, rothaarig und rotzfrech. Sie raucht, trinkt und kann sich nichtmal mehr an ihr Geburtsdatum geschweige denn ihr Alter erinnern. Grund genug, Zweifel an dieser wundersamen Wiederkehr zu hegen für die beiden Kommissare. Ist dieses Mädchen wirklich Fiona?

Ist es wirklich Fiona, oder doch Manuel Neuer?


Es ist die alles in den Schatten stellende Frage dieses Abends. Und auch für den Zuschauer bleibt lange unklar, ob es sich bei dem von Gro Swantje Kohlhof grandios gespielten Mädel wirklich um das vermisste Mädchen handelt. Das intelligente Drehbuch von den Autoren Matthias Tuchmann und Stefanie Veith baut viele Wendungen und Puzzleteile in die Geschichte ein, der Zuschauer kann kräftig miträtseln. Warum zeigt der DNA-Abstrich an, das Mädchen sei wirklich Fiona? Wer sind ihre angeblichen Peiniger, die sie in ihrem Wohnwagen jahrelang festgehalten haben sollen? Sie habe sich ausgezogen, Sachen in sich hereingesteckt bekommen – mehr muss man wohl nicht ausführen -, zur Belohnung gab's von denen eine Runde Fernsehen, erzählt das Mädchen. Wieso verhält sich die Mutter aber die ganze Zeit so verdammt komisch? Die verbirgt doch etwas, ahnt man früh. Und warum ist der kleine Bruder (Levin Liam) so verstört? Lürsen und Stedefreund stellen sich die selben Fragen, stoßen aber nur auf viele Fragezeichen. Das kommt einem spanisch vor, erst recht, als durch neue DNA-Spuren andere Ergebnisse zutage kommen und ein unfreundlicher, ungewaschener Mann auf der Bildfläche erscheint, der in einem schwarzen Mantel rumläuft, den Wohnwagen von Fionas angeblichen Peinigern abfackelt und das Mädel bedroht. Eine rätselhafte Story, die sich spät zusammenfügt und letztlich als großes Familiendrama entpuppt. Ohne zu viel vorweg zu nehmen: In dieser Familie liegt einiges im Argen, besonders das Familienoberhaupt hat Geheimnisse, die erst spät herauskommen und die erschüttern.

Eine Familie, in der so einiges nicht stimmt.(Kiefer, Kohlhof, Schmeide, Liam v.l.) ©Radio Bremen/Jörg Landsberg

Geschickt kombiniert das Buch die Ermittlungen mit der Familiengeschichte, Lürsen bleibt hartnäckig am Zweifeln, verzweifelt aber nicht. Es ist zweifelsohne ihr schwerster Fall: Hat sie damals den falschen ins Kittchen gebracht? Nun will sie den Fehler ausbügeln. Und der Zuschauer sieht dank Baxmeyers solider Inszenierung gebannt zu, muss sich zwar auf ein paar Logiklöcher und auf eine letztlich doch einen Ticken zu konstruierte Geschichte gefasst machen, aber das mindert das Vergnügen nur minimal.

©Radio Bremen/Jörg Landsberg

Letztlich überwiegen die interessanten Fragen, die glücklicherweise geklärt werden, und die vielen, teils echt überraschenden Wendungen. Das Familiendrama ist am Ende eine reine Tragödie mit ausschließlich Verlierern. Das reißt mit und ist das, was man sich lange aus Bremen gewünscht hat. Bremen kann jetzt also auch Tatort. Endlich.  
BEWERTUNG: 8,5/10Titel: Tatort: Die WiederkehrErstausstrahlung: 15.03.2015Genre: KrimiRegisseur: Florian Baxmeyer
Darsteller: u.a. Sabine Postel, Oliver Mommsen, Gabriela Maria Schmeide, Gro Swantje Kohlhof

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