Adventskalender

Der Adventskalender - wenn ich mich so in Kleinbloggershausen umlese, komme ich mir vor wie eine ganz, ganz schlechte Mutter. Rabenmutter. Mies. Unterste Schublade. Da wurde allüberall eifrig gestichelt, gestrickt, geklebt und gebastelt, es wurde wochenlang überlegt, es werden kleine Geschenke, liebevoll verpackt, in Beute, Tütchen, Päckchen oder dergleichen eingepackt. Selige Adventszeit. Hach ja.
Ich Rabenmutter hatte keine Lust, mir darüber Gedanken zu machen. Adventskalender gehört dazu, das ist irgendwie klar, aber etwas Aufwendiges wollte ich nicht machen. Ausrede: keine Ahnung, ob die Nähmaschine in Ordnung ist, ich bin noch nicht dazu gekommen, sie zur Wartung zu schicken. Hätte ich, als ordentliche Mutter, selbstverständlich rechtzeitig machen können. Oder basteln können. Oder so. Aber wollte ich nicht.
Um ganz ehrlich zu sein: wenn ich mich so umgucke, wird mir das zu viel. Too much wie der Neudeutsche sagt. Le.go-Kalender, Play.mobil-Kalender, Auto-Kalender, whatever Kalender? Ja. MUSS das denn sein? Die ganze Dezemberzeit Geschenke? Jeden Tag? Weihnachten und Nikolaus dann noch mehr? So sehr ich meinem Kind die Freude auch gönne, dieses entzückte Lächeln ist ja was schönes, aber...das ist doch der Konsum-Overkill.
Was tue ich im Endeffekt meinem Kind mit diesem Konsumterror an? Dann ziehe ich mir so ein Kind ran wie den kleinen H. oder den kleinen M. in des Kindeleins Kindergarten: "Boah, ich freue mich schon so auf den Advent, im Kalender ist immer voll schönes Spielzeug drin...!" Beide kommen auch jeden Tag mit irgendeinem anderen Scheiß, sorry, an. Süß ist das, solange die noch klein sind, doch welche Werte ziehe ich mir da heran? Einen Menschen, der glaubt, nur durch mehrmehrmehrMEHR könne er glücklich werden?
Weihnachten - wir propagieren alle, daß es doch nicht um die Geschenke geht, sondern um andere Werte. Aber welche? Wird das vermittelt? Bestimmt nicht durch die Industrie - wobei ich es schon krank finde, den Wert eines Volkes und sein Wohlergehen am permanenten wirtschaftlichen Wachstum, an der Kaufkraft zu messen. Deutschland, Volk der Dichter und Denker und so...Aber das jetzt nur am Rande. Und dann stellt sich die Frage: was zahlen wir denn am Ende für diesen Wohlstandsmüll? Plastik ist kaum umweltverträglich, nur kräht da scheinbar kein Hahn mehr nach. Man regt sich über Abgase aus dem Auto auf, doch wenn kleine Chinesenkinder im Chemiemüll sitzen, um unsere Wegwerfartikel zu produzieren, das ist o.K.?
So süß ich diese Pla.ymobil-Kalender und L.ego-Kalender und die Selbstbefüllbaren auch sind - ich wollte diesen Konsumterror nicht mitmachen. Ich streike! Mein Kind, es reicht auch ein schnöder Schokokalender, der deine Mutter als Kind in Entzücken versetzt hat. Ich bin deshalb keine schlechtere Mutter, brauche ich mir von keinem einreden lassen, ich brauche kein schlechtes Gewissen.
Und zum Nikolaus gibt es einen Nikolaus. Basta. Und ein wenig Obst. Wie früher, wie bei mir. Mehr braucht kein Mensch, denn ich schenke meinem Kind das, was man nicht kaufen kann und was mehr wärmt als alles Plastik dieser Welt: eine unendliche Menge an Liebe. So, das war das Wort zum Sonntag.
Am Ende ist hier doch nicht die heile Welt des Antikapitalismus, es doch kein Schokokalender geworden, denn beide Großelternfamilien haben meine edlen Bemühungen, das Kind zu Bescheidenheit zu erziehen, total und komplett hintertrieben. Einen Spielzeugkalender gab es von den einen, einen Beutelkalender mit Schokozeug und Spelzeug von den anderen. Und so gehörte auch mein Kind zu der Horde, die in den Kindergarten marschiert sind und gesagt haben: Guck mal, was da heute in der zwei drin war...*hmpf*

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