7. Dezember 2010, Kopfschuss, 6.07 Uhr

Weizman legt den Kopf zur Seite. Das Ohr berührt den Kragen des Pullovers. Er hat etwas gehört. Schritte. Dann ein Hilferuf. Er bewegt die Augen hin und her. Lauscht angestrengt. Nichts mehr zu hören.
Seine Frau schläft noch. Er schaltet den Fernseher ein. Die Morgennachrichten. Er stellt den Ton ab. Bleibt davor stehen. Sie zeigen Waffen. Viele Waffen. Weizman sieht aufmerksam hin. Über Waffen hat er sein Leben lang geschrieben. Billige kleine Krimis. Er hat überhaupt keine Ahnung von Waffen. Er hat nicht einmal recherchiert. Aus Faulheit. Er hatte kein Interesse daran. Die Leute in seinen Büchern wurden erschossen. Peng! Aus! Tot! Das war es.
Wie wäre es mit einer Geschichte über einen Waffenhändler, denkt Weizman.
Er schüttelt den Kopf.
Nein!
Nichts für ihn.
Er sieht zur Tür. War da nicht ein Geräusch?
Einbrecher, denkt Weizman.
Er geht langsam zur Haustür. Legt den Kopf an das dunkle schwere Holz. Irgendetwas ist dort draußen. Jemand. Er kann ihn atmen hören.
Unsinn, denkt Weizman. Das bist du selbst. Da ist nichts.
Er stellt sich seine eigene Erschießung vor. Ein paar Vermummte dringen ein. Halten ihm eine Glock an die Stirn und drücken einfach ab.
Sterben ist nicht schwer, denkt er.
Natürlich, widerspricht er sich. Sie könnten dich langsam zu Tode quälen.
Weizman steht an der Tür und denkt sich Foltermethoden aus.
Blöder Morgen, denkt Weizman schließlich.
Draußen ist nichts mehr zu hören.
War wahrscheinlich nur die Katze der Nachbarin, denkt er und schlurft in sein Arbeitszimmer zurück. Er ist jetzt in der richtigen Stimmung für eine kleine gemeine Geschichte über ein paar Jungs, die einen alten Schriftsteller überfallen und dann langsam zu Tode foltern.
Warum sollten sie das tun? Sie müssen doch einen Grund haben.
Nein, denkt Weizman, heute brauchen sie keine Gründe mehr. Sie tun es einfach so. Einfach, weil sie es wollen. Weil sie …
Er beginnt zu tippen. Die Hauptfigur nennt er Finn. Den Autor nennt er Weizman. Das hat er schon oft getan. Das ist ein alter Witz von ihm.
Nach den ersten Sätzen hebt er den Kopf. Da sind Schüsse zu hören. Er springt auf.
Der Fernseher! Das ist nur der Fernseher. Seine Frau muss aufgestanden sein.
„Bist du das?“, ruft er ins Wohnzimmer rüber.
Keine Antwort. Er sieht sich hektisch um. Dann stürmt er zur Tür des Arbeitszimmers. Mit einem lauten Knall schlägt er sie zu. Lehnt sich dagegen. Schnauft.
Was für ein Morgen, denkt er und schließt die Augen.



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